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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Toteninsel landeten, und das Wunder des ›wandernden Gottes‹ wieder durch Blütenketten, farbige Holzschilder und geschnitzte Masken gefeiert wurde. Auch zwei Tote legten die Papuas ab, dann stand der mitgekommene Medizinmann an der kleinen Bucht und starrte unbeweglich hinüber nach Anne-Eiland.
    Für ihn war dieses Wunder nicht unerklärlich, aber da jede Macht auf dieser Erde ein Wunder braucht, um sich darauf zu stützen, hütete er sich, die Wahrheit zu sagen. Zwanzig Jahre lang hatte Werner Bäcker durch seine Anwesenheit auf der Toteninsel die Götter lächerlich gemacht … jetzt kam sein Sohn und baute für die wundergläubigen Papuas eine neue Mystik auf. Man war ihm dankbar dafür, und man zeigte den Dank, indem man die Rauchsäule und das Leben auf der vom Meer geborenen neuen Insel einfach übersah.
    Brissier aber sah das anders. Sehr nachdenklich beobachtete er die Abfahrt der Katamarane und sagte dann: »Paul, ich weiß, Sie sind ein so typischer Bäcker, daß ich mir die Worte sparen könnte, aber – Sie werden keine lange Freude haben mit Ihrer Insel. Abgesehen von den jederzeit möglichen geologischen Ereignissen, die ich Ihnen schon zu erklären versucht habe, werden die Eingeborenen Sie nicht in Ruhe lassen. Ich weiß, ich weiß … Sie haben keine Angst. Das alte Heldenlied der Bäckers. Das fatale ist nur, daß niemand Sie schützen kann, weil niemand weiß, daß Sie und Rainu existieren.«
    »Das ist gut so, Capitaine«, sagte Paul Bäcker.
    Rainu war zum Meer gelaufen, um Fische zu stechen, Muscheln zu sammeln und eine Schildkröte zu fangen. Sie konnte wunderbar kochen. Es war, als sei der Zauber der Südsee in diesen Speisen eingefangen und man könne mit jedem Bissen einen Teil dieser Schönheit in sich aufnehmen. Brissier benutzte Rainus Abwesenheit, um noch einmal, und dieses Mal ganz unmißverständlich, mit Paul zu sprechen. »Wie gesagt: Dieses Mal bin ich privat hier. Aber ich fürchte, Paul: ich werde in dienstlicher Eigenschaft wiederkommen müssen.«
    »Heute sind Sie mein Freund, Capitaine, warum wollen Sie unbedingt mein Feind werden?« fragte Bäcker.
    »Um Sie schützen zu können, muß ich melden, daß Sie am Leben sind.«
    »Ich brauche keinen Schutz.«
    Brissier steckte sich eine Zigarette an. »Die Bäckers sind eine rätselhafte Familie. Wissen Sie eigentlich, Paul, daß Ihr Vater ein reicher Mann war? Er besitzt auf Hiva Oa ein dickes Bankkonto, und der Notar Dr. Chabois in Papeete verwaltet für Ihren Vater einige Aktienpakete und Beteiligungen an einer Goldmine und einer Holz-Export-Firma in Neuseeland. Ihr Vater hätte sich mit Ihnen und Ihrer Mutter an den schönsten Plätzen der Welt niederlassen können. Und was hat er getan? Er lebte auf einer Toteninsel.«
    »Die Insel war der schönste Platz auf der Welt. Sie war ein Paradies«, sagte Paul rauh. Die Erinnerung an seine Eltern tat weh. »Jetzt wird Anne-Eiland ein Paradies werden. Rainu und ich, wir sind jung, wir haben viel Zeit …«
    »Paul, begreifen Sie nicht? Sie sind der Alleinerbe! Sie sind reich! Alles, was in Hiva Oa und Papeete auf den Banken liegt, gehört Ihnen. Sie haben für Ihr ganzes Leben ausgesorgt, wenn Sie vernünftig sind und so leben, wie es jeder andere normale Mensch tun würde. Das hier« – Brissier machte eine weitausholende Armbewegung – »ist eine Marotte! Kahle Felsen und eine Quelle! Einsamkeit und Meer.«
    »Das genügt uns, Capitaine. Mein Vater hatte grünes Land und kein Wasser, das war schlimmer. Warum reden Sie eigentlich unentwegt vom Fortgehen? Warum sollen wir weg?«
    »Das Leben auf einer aufgetauchten Insel ist doch anormal!«
    »Was ist normal, Brissier?«
    Brissier schwieg auf diese Frage. Sie brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Ja, was ist normal? dachte er. Eigentlich hat er recht. Jeder Mensch sollte so leben, wie es ihm gefällt. Das ist die absolute Freiheit. – Aber gibt es die absolute Freiheit? Ist Vernunft nicht über Freiheit zu stellen? Eine alte, ewige Frage, die niemand beantworten kann.
    »In einer Stunde fliege ich wieder ab«, sagte Brissier in sich gekehrt.
    »Und was werden Sie tun, Capitaine? Meldung machen?«
    »Nein! Verdammt nein! Die Bäckers haben eine Art, über die man nicht hinwegspringen kann. Aber ich habe Sie gewarnt, Paul! Beim nächsten Seebeben – auch wenn es einige Jahre auf sich warten lassen sollte – kann die Insel wieder im Meer versinken.«
    »Kann – aber sie muß nicht!«
    »Richtig. Eine kleine Chance, zu überleben,

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