Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
mit einem persönlichen Schreiben zu Ludwig Förster. Dieser war gerade erst aus Monschau gekommen und wollte sich zunächst eine Liste der größten anstehenden NRW-Projekte zusammenstellen lassen, als der Referent des Ministerpräsidenten das Büro betrat. Förmlich, wie ein Depeschenreiter aus dem Mittelalter, übergab Ophoven das Schreiben seines Ministerpräsidenten, in dem Ludwig Förster zu einem Gespräch in das Penthouse-Büro im Düsseldorfer Stadttor geladen wurde.
Ludwig Förster kam sich schon sehr klein vor, als er am Nachmittag den Fahrstuhl im »Düsseldorfer Stadttor« verließ. Nils Steenken begrüßte ihn, immerhin hatten sich die beiden nur am Wahlsonntag einmal kurz gesehen, eine Spur zu freundlich:
»Mein lieber Förster, da sind Sie ja. Sie können sich gar nicht vorstellen, mit welcher Erleichterung ich festgestellt habe, dass wir Sie nicht dem rechten Spektrum zuordnen müssen.«
»Schleimiger Fischkopf«, dachte Förster nur.
Der Ministerpräsident wies ihm einen Platz am Fenster zu. Allein für diesen Ausblick Richtung Altstadt und Rhein lohnt es sich, in NRW Ministerpräsident zu werden. Steenken kam sofort zur Sache:
»Sie können sich vorstellen, dass ich gerne auch Ihre Haltung in den nächsten Wochen erfahren würde. CDU und FDP haben sich festgelegt und nun – das darf ich in aller Offenheit sagen – fällt Ihnen die Rolle des Königsmachers zu: Machen Sie den Balkenhol zum Chef, verhalten Sie sich neutral, dulden Sie uns und wählen Sie mich?«
Ludwig Förster musste lächeln:
»Sie haben eine weitere Möglichkeit vergessen, Herr Ministerpräsident: Sie beteiligen uns an der Regierung.«
Nils Steenken schluckte einmal heftig und schaute über den Rhein, auf dem gerade ein Frachtschiff Richtung Duisburg tuckerte:
»Dafür weiß ich zu wenig von Ihrer, em, Partei …«
»Vorhin wussten Sie aber noch, welchem Lager Sie uns zuordnen können.«
»Ja schon, so gesehen, mit vielen Forderungen aus zahlreichen politischen, em ja … Aber Sie müssen doch zugeben, diese Freies-Rheinland-Idee ist doch in Zeiten der Globalisierung hochgradiger Schwachsinn. Was meinen Sie denn, was mir der Bundeskanzler erzählt, wenn ich Ihren rheinischen Freiheitsdrang nur ansatzweise in mein Regierungsprogramm aufnehme. Im Gegenteil, ich will in dieser Legislaturperiode sogar die Landschaftsverbände auflösen – die sind doch so wichtig wie ein Kropf …«
Ludwig Förster wurde lockerer und griff sich auf dem Beistell-Tisch die Zinnfigur eines Düsseldorfer Radschlägers:
»Wir haben jetzt bestimmt nicht die Zeit, um alle unsere Vorstellungen zu erläutern. Aber wir haben ja auch immer nur von langfristigen und mittelfristigen Zielen …«
»Selbst das ist totaler Schwachsinn …«
»… mittelfristigen Zielen gesprochen. Aber eins sage ich Ihnen direkt. Mit uns wird an den Landschaftsverbänden nicht gerüttelt. Da würden wir selbst die Westfalen unterstützen.«
»Hör ich da was von westfälischem Frieden?«, warf Nils Steenken ein.
»Ach, jetzt bauen Sie bloß kein Feindbild auf. Wir haben überhaupt nix gegen die Westfalen. Wir würden uns sogar wehren, wenn man uns Teile von Belgien oder Rheinland-Pfalz unterjubeln wollte. Nein, in eine rassistische oder nationalistische Ecke lassen wir uns nicht drängen. Wir wollten nur zurück zu einer historischen, logischen Einheit, die immer – auch unter pazifistischen Gegebenheiten – sehr gut funktioniert hat.«
»Und Breslau muss heim ins Reich!«, stöhnte Nils Steenken auf.
»Ich hätte nicht gedacht, Herr Ministerpräsident, dass Sie so undifferenziert an die Sache rangehen. Vielleicht sollten Sie Ihren reitenden Boten in der nächsten Woche erst wieder zu uns schicken, wenn Sie uns nicht nur als billige Mehrheitsbeschaffer oder Minderheitenregierungs-Dulder betrachten wollen.«
Ludwig Förster warf noch einen Blick auf den Rhein, auf dem sich nun ein Frachter Richtung Köln schleppte, dann stand er auf und verabschiedete sich:
»Schlafen Sie mal über ihre Klischee-Vorstellungen. Sie wissen ja, wo Sie mich finden.«
Nils Steenken sah sich schon auf der Oppositionsbank:
»Nein, nein, mein Lieber. Sie haben mich völlig missverstanden. Dies hier war überhaupt noch kein Koalitionsgespräch, sondern nur – wenn Sie so wollen – ein rein privates Beschnüffeln. Offiziell werde ich mich erst in der nächsten Woche mit Ihnen treffen …«
»Ich werde dann auch kein anderer sein. Doch jetzt entschuldigen Sie mich. Ich habe heute
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