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Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?

Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?

Titel: Wer stirbt schon gern in Düsseldorf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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Luftpolster-Umschlag.
    Nusselein hasste Abkürzungen: D-Dorf für Düsseldorf, PK für Pressekonferenz. Schrecklich. Aus diesem Grunde fährt Nusselein auch niemals Taxi in Aachen:
    »A-Weg für Adalbertsteinweg, da steige ich sofort wieder aus …«
    Lediglich bei GV in Internetanzeigen von gewissen Damen machte er schon einmal eine Ausnahme.
    Wenig später saß er in seinem angerosteten Mazda und verließ Monschau in Richtung Düsseldorf. Im »Da Graziella« in Imgenbroich lutschte er noch schnell drei Kugeln »Egal-nur-nicht Wirsing« (was er für einen Wahnsinns-Witz hielt) – immerhin durfte er Spesen machen. Die Eisverkäuferin sah ihn zwar verwundert an, als er eine Verzehrrechnung verlangte, gab ihm diese aber, nachdem sie mehrere Minuten den Firmenstempel gesucht hatte. Kurz überlegte Nusselein noch, ob er gegenüber bei McDonalds die Spesenspirale weiter hochschrauben sollte, verwarf diesen Gedanken aber:
    »Diese Amis haben bestimmt keinen Rechnungsblock.«
    Dann startete er durch. Kurz hinter Jüchen, wo die A 44 zur A 46 mutiert, meldete sich Redaktionssekretärin Elli:
    »Du, ich hab rumtelefoniert. Die PK ist im Düsseldorfer Polizeipräsidium. Jürgensplatz. Ich hab die Adresse in den Routenplaner eingegeben. Melde dich, wenn du auf der Südbrücke bist, ich leite dich dann.«
    Als Nusselein das Gespräch beendete, überholte ihn ein dunkelblauer Ford, dessen Fahrer zu ihm rübergrinste. Es war Gottfried Zimmermann, Kriminalkommissar aus Monschau, mit dem Nusselein seit der Reportage über den Diebstahl eines Fußball-Tors des Konzener Sportplatzes auf Kriegsfuß stand. Aber das ist eine andere Geschichte, die damals den Tageszeitungen nur eine Kleinmeldung wert war, aber von Nusselein zu einer halbseitigen Story mit scharfen Angriffen gegen die ermittelnde Polizei aufgeblasen worden war:
    »Ein Tor sucht ein Tor!« lautete damals seine Überschrift.
    Zimmermann nannte Nusselein seit dieser Zeit »Eifel-Bild« oder »Unsere Bildzeitung für Arme, Sauarme«, aber das ist – wie gesagt – eine ganz, ganz andere Geschichte.
    Charly Nusselein versuchte erst gar nicht, dem schnelleren Ford der Kripo zu folgen. Ihm war klar, dass man sich sowieso wieder auf dem Parkplatz des Düsseldorfer Polizeipräsidiums am Jürgensplatz treffen würde.
    Er sollte Recht behalten.
    Die Pressekonferenz fand in einem Raum statt, der den Charme einer Finanzamtskantine nach dem Abschmücken des Weihnachtsbaums ausstrahlte. An den Wänden hingen gerahmte Bilder, die Polizisten auf Motorrädern, Pferden mit oder ohne Hund zeigten und offensichtlich aus dem Kalender der »Gewerkschaft der Polizei« stammten – allerdings aus dem Jahre 1958.
    Nusselein wollte sich bei den Kollegen einführen und zeigte auf das Kalenderfoto mit dem Polizeihund:
    »Wenn ich in diesem Zusammenhang einmal Jean Cocteau zitieren darf: Die Überlegenheit der Katze über den Hund zeigt sich darin, dass es keine Polizeikatzen gibt. Ich bin übrigens Charly Nusselein vom Hammer in Monschau.«
    Die urbanen Kollegen lächelten gequält, sehr gequält sogar. Nur einer ging auf Nusselein ein:
    »Der Hammer, so so, klingt wie ein Heavy-Metal-Magazin. Ich bin übrigens Tim Töpfer von der ›Düsseldorfer Abendzeitung‹.«
    Nusselein wollte noch einen Standortvortrag über das Wesen des Journalismus am Beispiel der Eifel im Allgemeinen und des »Hammer« im Besonderen folgen lassen, doch diese interessanten Erkenntnisse blieben unausgesprochen, da die Pressekonferenz eröffnet wurde. Er konnte nur noch mit dem Abendzeitungs-Reporter Visitenkarten austauschen.
    Ein Polizeihauptkommissar, der nicht nur Heinz Bolzenkötter hieß, sondern auch so aussah und dessen Dialekt von Ruhr-Insidern sicher sofort in Bochum-Wattenscheid, Marl-Hüls oder Horst-Emscher hätte eingeordnet werden können, begrüßte die – wie er sagte – »anwesenden Journalisten«. Zu den abwesenden, unter ihnen Stefan Aust, sagte er kein Wort. Der Andrang war trotz des fehlenden Spiegel-Chefredakteurs überwältigend – ermordete Landtagsabgeordnete sind eben immer interessant. Bolzenkötter erklärte, dass er die soeben gegründete »SOKO Altbier« leite. Dann ließ er ein Flugblatt verteilen:
    Pressemitteilung
    Der Landtagsabgeordnete Ludwig Förster (48) wurde in den frühen Morgenstunden des heutigen Tages tot in einem Gärbottich einer Brauerei in Düsseldorf aufgefunden. Nach den bisherigen Ermittlungen der Kriminalpolizei ist er einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Die

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