Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
gewesen und dann erwartete der Kater um diese Zeit immer – so behauptet Nusselein wenigstens – eine Gute-Nacht-Geschichte. Nusselein griff in so einem Falle immer zur eigenen Literatur, Incitatus hätte allerdings lieber den Fleisch gewordenen Inhalt eines Whiskas-Prospekts als Nachtlektüre gehört. Also legte er sich gähnend aufs Sofa und ließ wieder einmal eine der gefürchteten Nusselein-Kurzgeschichten über sich ergehen. Dieser räusperte sich immer, bevor er loslegte, stand dann noch einmal auf und holte sich seinen Lieblingswein »Der gute vom Aldi mit dem spanischen Netz drum« und begann meistens, wenn der Kater schon eingeschlafen war, mit seiner Geschichte. So war es auch an diesem Abend:
»Also, ich erzähle dir jetzt die Geschichte von Vennitou – dem Eifelhäuptling. Hab ich selbst geschrieben. Also, ich fang jetzt an, als Leser sieze ich dich natürlich, Incitatus: Also:
»Was Sie vorab wissen müssen: Wir schreiben das Jahr 1871. Im Hohen Venn leben noch vereinzelte Stämme echter Eifeler, die später in die Reservate von Kalterherberg und Mürringen vertrieben werden. An ihrer Spitze der weise Häuptling Vennitou. Mit peitschendem Rhythmus trieb der junge Häuptlingssohn »Saures Brot«, nach dem später sogar einmal ein Dorf benannt werden wird, sein Pferd »It-Ski« die Hill aufwärts. Als er an deren Quelle das Dorf seiner Väter erreichte, sprang er behände aus dem Sattel und eilte in die Blockhütte des großen Häuptlings Vennitou. »Sie kommen …«, rief der schön geschnittene Häuptlingssohn, ehe er bewusstlos zusammenbrach. »Danke, Saures Brot«, erwiderte der stolze Häuptling, »ab sofort darfst du den Zusatz ›Mara-Tonn‹ in deinem Namen tragen.« Auf leisen Sohlen schob wenige Stunden später der erfahrene Krieger Mottes the Hoppel seinen Oberkörper an den Felsvorsprung heran und spähte ins Tal. Tatsächlich, in der Ferne war das Rumpeln von Planwagen zu vernehmen. Doch was war das? An der Wegbiegung erschien ein einsamer Vennmann und erforschte das Tal. »Mottes the Hoppel« erkannte den schwarz gekleideten Reiter, er war eine Berühmtheit im wilden Venn: Old Hattlich, einer der erfahrensten Vennläufer mit seinen beiden Gewehren: dem schweren Ochsentöter und dem leichten Heinrich-Stutzen. Der erfahrene Krieger Mottes the Hoppel schob seinen mit wilden Eifeler Kriegsbemalungen überzogenen Körper bis auf wenige Meter an das Lagerfeuer heran, an dem der bekannte Old Hattlich saß und sich intensiv mit seinem Pferd Hatschi unterhielt. Und dann erfuhr Mottes the Hoppel die Wahrheit, da der Scout seinem Pferd alles erzählte: »Der große flämische Adelige Herzog von Bösch will hier eine Stadt bauen.« Rhythmisch tönten noch in der gleichen Nacht durch das nächtliche Venn die Kriegstrommeln der Eifelianer. Häuptling Vennitou stand nun schon seit einer halben Stunde bewegungslos vor dem Rat der Alten. Dann hob er langsam seine Hand und stieß den Kriegsruf aus: »Mä jo!« – tönte es über die Moorlandschaft. Dann nickte der Häuptling den Alten zu und sagte nur ein Wort: »Krieg!«. Zustimmend nickte der Rat der Weisen: »Mä jo!«, »Mä jo!«, »Mä jo!« riefen auch diese. »Mä jo!«, »Mä jo!«, »Mä jo!« hallte es durch das Lager der Eifelianer. Im ganzen Dorf hatte es sich schnell rumgesprochen, dass ein Krieg unmittelbar bevorstand. Häuptling Vennitou hatte schon seine Kriegsbemalung auftragen lassen – auf der linken Backe das Bildnis eines röhrenden Hirsches bei Ternell, auf der rechten Backe die Rurpartie bei Monschau mit Roten Haus. Gerade setzte sich der Kriegszug der Eifelianer in Bewegung, als sich ihnen der Eifelianerfreund und Vennläufer Terence von der Hill in den Weg stellte. »Großer Vennitou«, sprach er, »Herzog Bösch will gar keine Stadt hier im Venn bauen, sondern nur auf einem Hügel ein Denkmal errichten und diese Stätte Herzogenhügel nennen!« – »Was machen wir jetzt?«, fragte darauf Häuptling Vennitou seine kriegerischen Eifelianer! »Dann lasst uns doch einfach nur so zum Spaß Eupen angreifen!«, rief darauf Medizinmann Michael, der in einer Baracke lebte und daher Baracken-Michel genannt wurde. Und so passierte es: Die Eifelianer griffen Eupen an, nahmen alle Würdenträger der Stadt gefangen, skalpierten diesen das Rückgrat raus und übernahmen alle Führungspositionen in der Stadt. Wie geht es weiter? Wie lange behalten die Eifelianer in Eupen die Macht? Oder geben die Eifelianer die Macht nie wieder her? Fragen
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