Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
…«
»Ja, ja«, unterbrach ihn Ophoven unwillig, »das wissen wir ja, ohne dass du uns das hier erzählen musst. Wir müssen uns heute aber über ein ganz anderes Thema unterhalten, damit wir in 14 Tagen in diesem Land überhaupt noch etwas mitentscheiden können: Bei der Abstimmung über den Ministerpräsidenten brauchen wir nun einmal die Stimmen der Rheinländer. Aber dazu später: Ich will zunächst einmal eine Sache vom Tisch bekommen. Wenn der Genosse Innenminister einmal aufmerksam zuhören könnte …«
Innenminister Fritz Behrens warf Ophoven einen Blick zu, mit dem man Rentenreformen vom Tisch hätte fegen können.
»Also: Ich finde, dass das Innenministerium mächtig Druck auf das Düsseldorfer Polizeipräsidium machen soll, damit wir so schnell wie möglich die Sache Förster vom Tisch bekommen. Es ist doch ein Unding, dass so eine Nullachtfünfzehn-Geschichte nicht sofort aufgeklärt werden kann. Ehe wir hier die Pferde verrückt machen und möglicherweise düstere politische Mordtheorien präsentiert bekommen, soll die Sache aufgeklärt werden. Meinetwegen: Bekennerschreiben liegt vor, Täter bekannt, nach Afghanistan geflohen, dort unauffindbar. Oder bastelt einen geschickten Selbstmord aus der Sache: Wahl über den Kopf gewachsen und so weiter.«
Der Innenminister stand ganz langsam auf:
»Werter Genosse Dr. Ophoven. Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Innenministers, die Polizeiarbeit zu beeinflussen, zu verfälschen und Druck auszuüben. Vielleicht solltest du dir das einmal in dein Heftchen mit Goldprägung schreiben.«
Ophoven lief rot an:
»Es gehört aber zu meiner Aufgabe, dafür zu sorgen, dass in diesem Land weiterhin eine SPD-Landesregierung mit einem SPD-Innenminister das Sagen hat. Allerdings ist der Name des Innenministers nicht unbedingt mit einem Erbhof verbunden.«
Fitz Behrens machte nur eine wegwerfende Handbewegung.
»Und noch etwas«, warf Ophoven hinterher, »es ist durchaus vorstellbar, dass wir mit der F.R.-Partei eine Mehrheit bekommen, mit der wir zunächst den Ministerpräsidenten wählen und später dann mit der gleichen Mehrheit die Trennung des Rheinlands von NRW beschließen.«
»Jetzt ist er doch völlig durchgeknallt, in der letzten Sitzung hat der doch noch ganz anders geredet«, rief Carina Gödecke, Parlamentarische Geschäftsführerin aus Bochum, in den Sitzungssaal.
»Lang anhaltender Beifall« stand später im Sitzungsprotokoll.
* * *
Es half nichts, Nusselein musste auf der Rückfahrt vom Rurhof an der Abzweigung zu seinem Wohnwagen vorbei und noch einmal nach Monschau in die Redaktion fahren. Wie immer parkte er seinen Wagen verbotswidrig vor dem ehemaligen Kino und stürmte in die Redaktionsräume, wo Chefredakteur Alex Kufka mit Elli einen ersten Nachmittagskaffee trank:
»Ich bin hart an der Lösung dran. Große Weltpolitik!«
»Ich bin auch hart an der Lösung dran.«, erwiderte Kufka, der sehr zum Erstaunen keinen Luftpolsterumschlag in den Händen hatte. »Kleine Gaunerei! Und dafür musste ich nicht in Gummistiefeln durch die Gegend rasen, einen infernalischen Gestank verbreiten, nach Düsseldorf fahren, eine aufs Maul kriegen und in der Redaktion nur noch Gastspiele geben. Nein, ich brauchte nur, ganz klassischer Journalismus der Zukunft, an meinem Schreibtisch sitzen. Inquisitorischer Journalismus nach Kufka-Art eben.«
Charly Nusselein setzte sich auf die Elektroheizung und fluchte über das nach »BadeDas« riechende Rinnsal, das sich von der Dunkelkammer einen Weg in die Redaktion gebahnt hatte. Dies war immer ein Zeichen, dass der Bewohner im dritten Stock duschte hatte:
»Wann meldest du endlich mal dem Hausbesitzer, dass das Wasserrohr in der Dunkelkammer undicht ist«, maulte Nusselein.
»Kommt Zeit, kommt Klempner«, sagte Kufka nur.
»Also?«, fragte Nusselein.
»Also, was?«, antwortete Kufka, der seinen Erfolg offensichtlich genoss.
»Also, was hast du rausgefunden?«
»Kommt Zeit, kommt rausgefunden. Zunächst einmal möchte ich dich daran erinnern, dass wir hier auch noch ein Heft machen müssen.«
»Ja, das weiß ich auch.«
»Das bezweifele ich aber oft.«
»Also, was liegt an?«
»Kann ich dir sagen: Der Eicherscheider Reiterverein eröffnet im nächsten Monat an der neuen Reithalle, die erst vor zwei Jahren eingeweiht wurde, nun auch noch eine Gastronomie – ›Zum Reiterstübchen‹, ein Wahnsinnsname. Da hätte ich glatt eine Sonder-Anzeigenseite machen können. ›Ein Schmuckstück für
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