Wer viel fragt
bedrohen Ihr Leben.« Er überprüfte
seine Waffe. Die Streifenpolizisten taten dasselbe. Dann bezogen sie ihre
Positionen.
Nachdem wir ihnen ein wenig
Zeit gelassen hatten, gingen Miller und ich schweigend über den Rasen
zur Vordertür.
Es war ungefähr halb
neun und dunkel. Zu unserer Rechten Lichter im Erdgeschoß und
Obergeschoß. Anderswo war gedämpftes Licht zu sehen.
Ich spürte die Majestät,
die ein großes Haus haben kann, vor allem, wenn man über den
Rasen geht, als gehöre es einem. Der Crystal-Palast.
Leander Crystal öffnete
die Tür. Einen Augenblick lang stand er einfach nur da und
verarbeitete die Tatsache, daß wir zu zweit waren. Dann
funktionierte er. »Kommen Sie herein.« Er führte uns ins
Wohnzimmer. Auch gut. Es war der einzige Raum im Haus, der mir ein wenig
vertraut war, in dem ich mich wohl fühlte.
Das Wohlgefühl hielt
nicht lange an. Im Wohnzimmer saß nämlich auch Henry Chivian,
MD. Als wir reinkamen, stand er auf. Er grinste. Er konnte noch nicht
lange dort gewesen sein, sonst hätte er nicht mehr gegrinst, weil
Leander ihm sicher erzählt haben würde, was ich wußte.
Oder würde er trotzdem grinsen?
»Wo sind denn die
anderen alle?« fragte ich, als wir uns setzten, wir beide ihnen
beiden gegenüber. Leander sagte: »Fleur und Eloise sind oben.
Was kann ich für Sie tun? Und wer ist dieser Gentleman?«
»Das ist Jerry Miller.
Er ist ein Freund von mir, und er ist außerdem Sergeant bei der
Polizei.«
»Polizei!« Er
stand auf. Ich verzieh ihm das. Jeder wäre nervös gewesen an
einem Tag, an dem seine Betrügereien aus sechzehn Jahren auf ihn zurückfielen.
Was ich aber erst verarbeiten mußte, war, wie nervös er war.
»Setzen Sie sich, Mr.
Crystal.« Ich benutzte meinen väterlichen Tonfall. Er setzte
sich. Dankenswerterweise hatte Chivian aufgehört zu grinsen. Ich wäre
am liebsten auf den Tisch zwischen uns gesprungen und hätte ihm die
Perücke abgerissen.
Leander übernahm auf
ihrer Seite das Reden.
»Ich verstehe nicht,
Samson. Heute nachmittag…« Er unterbrach sich. »Was weiß
er?«
Ich redete für unsere
Seite. Ich sprach mit gelassener Stimme und konzentrierte mich auf sein
Gesicht. »Er weiß alles, was Sie mir heute nachmittag erzählt
haben.«
Er saß einfach nur da
und schüttelte den Kopf. »Ich verstehe es nicht. Ich dachte,
wir hätten eine Übereinkunft getroffen.«
Chivian wußte
offenkundig nichts. Er war entspannt und hatte wieder begonnen zu grinsen.
»Die Dinge haben sich
geändert seit heute nachmittag.«
Immer noch gelassen. »Ich
bin hinter die Sache mit Annie gekommen.«
Er sah mich an. »Was
ist mit Annie?« Chivians Grinsen verschwand schlagartig. Er rückte
an den Rand des Sofas vor.
»Ich habe ihre Leiche
gefunden.«
»Ihre Leiche!«
sagte Crystal. »Wo? Wann? Wann ist sie…«
Ich bin nicht unfehlbar, aber
für mich war das gut genug.
»In New York«,
sagte ich. »Central Park.«
»Aber wann? Ich
verstehe nicht, was das mit der anderen Sache zu tun hat…«
Und dann brach plötzlich, glaube ich, das Begreifen wie eine Woge
über ihm zusammen. Man sah es in seinen Augen. Ich half nach.
»Vor sechzehn Jahren«,
sagte ich. »Sie ist am 23. November gefunden worden.«
»O mein Gott«,
sagte er. Er hatte den Kopf gesenkt. Die Hände vorm Gesicht.
In diesem Augenblick muß
ich auch zum ersten Mal das schrille Lachen gehört haben. Es setzte
ziemlich leise ein, und ich nahm es noch nicht richtig wahr, noch nicht
als ein Lachen.
Erst in der Erinnerung wurde
mir klar, wann es begonnen hatte.
»O mein Gott«,
wiederholte er. »Nein!« Ich konzentrierte mich auf Crystal.
Ich erinnere mich noch daran, daß ich mich fragte, ob er weinte oder
was. Ich spürte, wie sich sein Körper verspannte. Und in diesem
Augenblick wurde mir dann auch bewußt klar, daß das Geräusch
ein Lachen war.
Es war gräßlich
und schrill und wurde immer lauter. Ich bezeichne es als Lachen, weil mein
Wortschatz nicht besonders reichhaltig ist. Aber es war kein Schrei. Es
wurde lauter. Ein paar Augenblicke lang konnte ich nicht ausmachen, aus
welcher Richtung es kam. Ich sah Chivian an, aber auch der sah sich um.
Ich schätze, ich war
davon überzeugt, daß es von Crystal kam.
Aber einen Augenblick nachdem
ich mir dieses Geräuschs und der Anspannung, die Crystal durchlief,
bewußt geworden war, überstürzte sich
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