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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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Fakten auf eine neue Seite. Das gab
     ihnen etwas Offizielles.
    »Und wie alt sind Sie?«
    Sie wurde leicht ungehalten.
     »Ist das immer die zweite Frage, die Sie Ihren Klienten stellen?«
     Entweder war sie empfindlich, was ihr Alter betraf, oder sie war in
     irgendeiner Emanzipationsgruppe aktiv, die sich die Altersfrage auf ihre
     Fahnen geschrieben hatte. »Ich habe Geld«, fuhr sie fort.
     »Ich bin in der Lage, Sie zu bezahlen, falls es das ist, worauf Sie
     hinauswollen.«
    »Ich muß wissen,
     wie alt Sie sind«, sagte ich. »Ich bin sechzehn.«
    Ich hätte schwören
     können, daß sie älter aussah, aber wahrscheinlich habe ich
     einfach keinen Blick für so was. »Wie spät ist es?«
     fragte sie.
    Ich deutete auf meine
     Kuckucksuhr, die hinter ihr neben der Bürotür hing. Eine echte
     Schweizer Uhr, Überbleibsel aus den Tagen, da ich noch jung und unbekümmert
     war. Wir lasen sie gemeinsam ab. Sechzehn Uhr zweiundvierzig.
    »Ich muß gleich
     wieder los. Werden Sie es tun? Übernehmen Sie den Auftrag?«
    »Sehen Sie mal, Miss
     Eloise Crystal vom Jefferson Boulevard, was glauben Sie, wie so etwas
     funktioniert? Glauben Sie, es ist damit getan, daß Sie hier
     hereinspaziert kommen und sagen: ›Machen Sie meinen biologischen
     Papa ausfindig, und dann in einer Woche zurückkommen, um ihn sich
     abzuholen?
    Wie zum Teufel soll ich
     aufgrund dessen, was Sie mir gesagt haben, feststellen können, ob ich
     Ihren sogenannten biologischen Vater ausfindig machen kann oder nicht?«
    »Sie brauchen nicht zu
     fluchen«, sagte sie streng. Sie war gekränkt. Auch gut. Ich bin
     nicht besonders versessen auf dreiste Menschen, und bei dreisten kleinen Mädchen
     ist meine Toleranzschwelle besonders niedrig.
    »Was genau soll ich für
     Sie tun, und können Sie mir einen guten Grund nennen, warum ich es
     tun sollte?« Allmählich gelang es mir, mich verständlich
     zu machen. Sie fing an zu weinen.
    Sie schluchzte drei Minuten
     lang unkontrolliert vor sich hin, schniefte zwei Minuten und benötigte
     dann noch einmal anderthalb, bis sie wieder ruhig atmete. Ich hatte
     derweil Muße, abwechselnd sie und die Uhr zu betrachten. Und in mein
     Notizbuch zu schreiben: »Klientin weinte; vielleicht völlig
     übergeschnappt.« Um mich dann ein bißchen mies deswegen
     zu fühlen. War wohl nicht ganz unschuldig daran. Wenn ich von Anfang
     an berücksichtigt hätte, daß sie noch ein Kind war, wäre
     ich vielleicht etwas flexibler gewesen. Kinder sind nicht besonders gut im
     Umgang mit Menschen. Und wo wir schon mal beim Thema sind - die meisten
     Menschen sind auch nicht besonders gut im Umgang mit Kindern. Warum hörst
     du sie dir also nicht an, Albert? sagte ich zu mir selbst. Sie glaubt, daß
     du ihr bei irgend etwas helfen kannst. Vielleicht kannst du's ja.
    Fast wäre ich ins
     Wohnzimmer gegangen, um ihr ein Stück Haushaltskrepp zu holen, damit
     sie sich die Augen trockentupfen konnte. Aber ich tat es nicht, denn ich
     hatte - eine Instinktreaktion - Angst, daß sie vielleicht nicht
     bleiben würde, wenn ich erst mal aus dem Büro ging.
    Wie sich dann herausstellte,
     hatte sie selbst ein Taschentuch.
    Sie zog es aus einer kleinen
     Handtasche hervor, die ich vorher nicht bemerkt hatte.
    Als sie weitgehend
     trockengelegt war, sagte ich: »Ich würde mir gern anhören,
     was Sie mir darüber erzählen können.« Mehr konnte ich
     ihr nicht anbieten.
    Sie atmete nur tief durch und
     sah mich ungläubig an. Dann setzte sie sorgfältig ihre Brille
     wieder auf. Ich schätze, sie trug sie gerne. Offensichtlich kann man
     nicht weinen, ohne vorher die Brille abzunehmen.
    Ich versuchte, freundlich und
     väterlich zu sein (schließlich bin ich selbst Vater), und
     meinte aufs Geratewohl: »Haben Ihre Eltern Ihnen vor kurzem etwas
     Wichtiges mitgeteilt?«
    Eine unvorsichtige Bemerkung,
     die eine sofortige Aufwallung von Zorn nach sich zog. »Sie haben mir
     nie irgend etwas erzählt! Sie sagen, er sei mein Vater, ich meine,
     sie haben nie etwas anderes gesagt. Aber ich weiß, daß er es
     nicht ist. Ich weiß es! Ich habe einen Beweis.«
    Das Wort Beweis erregt stets
     meine Aufmerksamkeit. Es ist schön, Dinge beweisen zu können,
     das mag ich. Das Problem ist nur, daß so viele Dinge, die die Leute
     beweisen, sich dann als etwas ganz anderes erweisen.
    »Was für einen
     Beweis?«
    »Die Blutgruppen«,
     sagte sie. »Er hat Blutgruppe B, meine Mutter hat 0, und ich habe A.
     Das bedeutet, daß er nicht

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