Wer viel fragt
wenn ich Glück habe und die Sportfotografen irgendwie
verhindert sind, werde ich auch engagiert, um ein paar Aufnahmen vom Spiel
zu machen. Ich habe alles da, um Schwarzweißbilder zu entwickeln,
und abgesehen von dem kleinen Nebenverdienst ist die Fotoausrüstung
auch für die Detektivarbeit von Nutzen. Manchmal paßt eben
alles genau zusammen.
Ich versuchte, die Crystals
aus meinem Kopf zu verbannen.
Aber es gab zu viele konkrete
Überlegungen, um darüber hinweggehen zu können. Nach dem
wenigen, das ich von Maude erfahren hatte, war Fleur wohl ein stilles
Wasser. Und deswegen vielleicht tiefgründig? Gefährlich?
Und Eloise? Eine Kindfrau.
Die Pubertät schafft die biologische Voraussetzung für eine
gespaltene Persönlichkeit.
Vielleicht war das die
eigentliche Frage: Welche Hälfte war diejenige, die mich engagieren
wollte? Und wie standen die Chancen, daß es sich mit den Blutgruppen
wirklich so verhielt, wie sie gesagt hatte? Doch wozu rätseln und
lange lamentieren?
Ich konnte warten, bis ein
neuer Morgen graute.
Ich legte mein Kreuzworträtsel
ein letztes Mal beiseite und schrieb einen Brief an meine Tochter. Ich erzählte
ihr von einigen Hasen und Bären, mit denen ich mich letztens
unterhalten hatte. Sehr nette, gar nicht symbolische Hasen und Bären,
denen es gutging und die sich auf die Knie schlugen, wenn sie einen Witz
erzählten. Meine Tochter ist inzwischen neun. Vielleicht ein bißchen
zu alt, um ihr mit Hasen und Bären zu kommen. Aber als Vater kann man
auch nicht alles wissen.
Mit dem Buch, das mir schon
am Nachmittag Gesellschaft geleistet hatte, begab ich mich schließlich
zur Ruhe.
3
Gegen acht wachte ich auf und
machte mir ein Käseomelett.
Es wurde nur eine armselige
Imitation dessen, was meine Exfrau früher zubereitete, aber man muß
eben Opfer bringen, wenn man seinen Prinzipien treu bleiben will.
Ich dachte darüber nach,
wie ich den Tag verbringen wollte.
Aber eigentlich dachte ich
nicht wirklich nach; ich hatte mich schon entschlossen, ein wenig Zeit auf
Miss Crystal zu verwenden, wenn ich es auch für unwahrscheinlich
hielt, daß ich ihr Angebot, mich zu engagieren, annehmen würde.
Ich hatte einfach nichts Wichtigeres zu tun.
Ich beschloß, die Sache
locker anzugehen und zunächst auf kleiner Flamme zu kochen. Kein Streß,
keine Übertreibung. Ich griff mir mein Notizbuch und mein Schreibgerät
und brach zu einer geruhsamen Rundfahrt auf. Erst nach Westen die Ohio
Street entlang bis zur Pennsylvania Avenue, dann nach Norden die
Pennsylvania hinauf. Der Weg führte mich durch die geistige Mitte von
Indianapolis. Erst kam aus schrägem Winkel das Mahnmal für die
gefallenen Soldaten und Matrosen auf dem Circle ins Blickfeld. Von seiner
Spitze aus kann man an klaren Tagen ganze Blocks weit sehen. Dann ging's
vorbei an der Post und dem Bundesgebäude, dem Haus der Star News und
dem CVJM. Als nächstes am Weltkriegsdenkmal, einem mit Kies belegten
Geviert von der Größe eines Häuserblocks mit einem
Obelisken in der Mitte und Kanonen an den Ecken. Danach passierte ich den
American Legion.
Und kam schließlich zur
St. Clair Street. Wo ich mich zu guter Letzt in die öffentliche
Bibliothek des County Indianapolis-Marion begab.
Als Kind habe ich dort viel
Zeit zugebracht. Es war im Sommer immer schön kühl und ruhig.
Und einige der vielen Bücher, in deren jedem viele hundert Stunden
Arbeit steckten, hatten mir sogar etwas bedeutet.
Aber ich war heute nicht um
neun Uhr hergekommen, um der erste in der Schlange derer zu sein, die nach
dem neuesten Schlechtseller anstanden. Sondern ich begab mich sofort ins
Mikrofilmarchiv in der Kunstabteilung im zweiten Stock.
An der Südwand der
Kunstabteilung stehen sechs Mikrofilmsichtgeräte, aber zu so früher
Morgenstunde war die Nachfrage noch nicht groß, so daß ich
einen von den beiden rechten nehmen konnte, direkt neben den Mikrofilmschränken.
So konnte ich nach
Herzenslust Mikrofilme anschauen, ohne allzu weite Fußwege auf mich
nehmen zu müssen.
Noch einmal überflog ich
meine dürftigen Notizen, die ich Eloise und Maude verdankte. Dann
beschloß ich, zuerst nach der Hochzeit von Fleur und Leander Crystal
zu suchen. Sie lag jetzt ungefähr zwanzig Jahre zurück. Ich
begann mit dem Star vom Januar 1949, legte den Mikrofilm ein und fing an
zu kurbeln.
Ohne jede Hast hielt ich mich
an mein
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