Wer war ich im Vorleben?
passiert?
Kl.: (zögernd) Sie treiben uns in einen Schuppen. Sechs Soldaten mit Gewehren.
U.D.: Und weiter.
Kl.: Die werden uns jetzt erschießen. Die stellen uns alle auf . . . in einer Reihe. Jakob, mein Sohn, neben mir ... und die Nachbarn, und zwei Mädchen . . . sie weinen.
U.D.: Wie fühlst du dich?
Kl.: Ich hab Angst, aber ich hoffe auch, dass es bald vorbei ist...
U.D.: Ja.
Kl.: Jetzt steht Jakob ganz dicht neben mir.
U.D.: Kannst du ihn anfassen?
Kl.: Mm. Ich hab seine Hand. (plötzlich hervorbrechend) Ich hasse diese Leute! Das sind Bestien!
U.D.: Geh weiter.
Kl.: Ich hoffe, es geht jetzt schnell vorbei. Die Befehle hinter mir, so kalt und . . . und zackig.
U.D.: Was passiert?
Kl.: Das Feuer . . . die Schüsse. Ich höre es . . . aber irgendwie geht es mich nichts an.
U.D.: Hm. Wo bist du?
Kl.: Ich sehe das . . . von darüber.
U.D.: Seid ihr schon tot? Siehst du deinen Körper?
Kl.: Ja. Er lebt noch. Ein bisschen.
U.D.: Ah! Du bist früher raus, sehr gut. Das ist sehr gut.
Kl.: (nach einer Pause) Die räumen jetzt die Körper weg. Meiner ist jetzt auch völlig leblos. Ich bin tot.
U.D.: Kannst du Jakob sehen?
K1.: Der ist noch weiter über mir. Wirkt ein wenig durchsichtig.
U.D.: Wie nimmst du dich jetzt wahr?
K1.: Auch durchsichtig, eine längliche Form . . . Eine Art Wirbel zieht mich jetzt nach oben.
U.D.: Hast du noch eine menschliche Form oder gar nicht mehr?
Kl.: Wie ein schmales Band. Hell.
U.D.: Und wie geht es dir jetzt?
Kl.: Leicht, frei irgendwie.
Marianne U. resümierte zunächst, dass sie lernen sollte, Nahestehende loslassen zu können. Auch in großer Gefahr kann sie sie nicht immer schützen, so wie hier ihren Sohn Jakob. Aber es gibt einen viel höheren Schutz: das Weiterleben nach dem Tod.
U.D.: Gibt es etwas, was du nicht so gut gemacht hast? Wie sieht das aus, jetzt, wo du als Seele auf dieses Vorleben zurückblickst?
Kl.: Ich habe dem Gerede nicht geglaubt.
U.D.: Über die Judenverfolgung?
Kl.: Vielleicht hätten wir weggehen sollen.
U.D.: Schau mal zum Seelenführer, hast du die Gefahr ignoriert?
Kl.: Nein, ich habe nichts übersehen, es war so. Keine Vorwürfe nötig.
U.D.: Gibt es etwas anderes, was nicht so gut war?
Kl.: Der Zorn ganz zum Schluss.
U.D.: Vor dem Erschießen?
K1.: Dieser Offizier, sein Blick . . . Ich habe ihn gehasst.
U.D.: Ja.
Kl.: Ich habe den Hass behalten, mitgenommen ins heutige Leben.
U.D.: Was man hasst, kann man nicht loslassen. Das schleppt man mit sich herum, auch wenn die äußeren Umstände bereits andere sind. Sehr wichtig. Was kannst du daraus lernen für heute?
Kl.: Es geht um diesen Zorn. Ich bleibe heute lieber allein, weil . . . falls ich mich auf jemanden einlassen würde und der enttäuscht mich, dann ... kommt der Hass wieder. Das will ich nicht!
U.D.: Schau noch mal zurück: damals, als junger Mann, der gemeinsam mit seinem Sohn erschossen werden soll. Das ist eine äußerst schwere Situation . . . Vielleicht solltest du dir mehr Verständnis entgegenbringen.
Kl.: Das stimmt. (Pause) Aber . . . Ich hätte ihm sagen können: Tu, was
du tun willst, das ist deins. Statt Zorn wäre dann die Liebe für meinen Sohn da gewesen . . . einfach das fühlen . . .
U.D.: Zweifellos wäre das besser gewesen. Aber sehr schwer. (Pause) Als Seele gibt es keinen Hass, nur auf der Erde gibt es das. Wenn du dein Seelenbewusstsein auf die Erde bringst, löst sich dein Hass auf. Damals ging das noch nicht richtig. Es ging ja auch so schnell zu Ende, du warst danach tot und konntest an deinen Gefühlen nichts mehr ändern. Heute scheint das Thema nun wieder anzustehen. Gibt es heute auch Hass in . . .
Kl.: (unterbricht plötzlich aufgeregt) Jakob! Jakob ist heute meine Mutter!
U.D.: Schau mal zu deinem Seelenführer. Stimmt das?
Kl.: Er nickt mit dem Kopf. Ja, es stimmt.
U.D.: Gibt es eine spezielle Aufgabe, die ihr noch miteinander zu lösen habt?
Kl.: Ich wüsste nicht. (Pause)
U.D.: Lass dir helfen von deinem Seelenführer.
Kl.: (erstaunt) Er zeigt mir ein Bild von meinem Vater.
Marianne U. wurde plötzlich ein ganz anderer Aspekt ihres aktuellen Lebens bewusst: Dreh- und Angelpunkt ihres Alltags war nämlich noch immer ihr Vater – ein besonders gefühlloser und egoistischer Mann, der bereits acht Jahre zuvor verstorben war. Die Klientin lebte im Haushalt der Mutter, und beide Frauen wetterten von früh bis spät auf den Ehemann bzw. Vater, dem sie an allem, was nicht so gut lief, die Schuld gaben.
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