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Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe

Titel: Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peta Mathias
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Lancashire.
    Wann immer ich Pärchen beim intensiven Abschieds-Speicheltausch am Flughafen sehe, muss ich mir das Lachen verkneifen. Besonders Heathrow erinnert mich an einen denkwürdigen Abschied von meinem damaligen Freund. Wir saßen auf dem Boden, direkt neben der Stelle, an der es kein Zurück mehr gab; dort, wo Leute notfalls mit Gewalt voneinander getrennt wurden. Der aller aller allerletzte Aufruf hallte durch die Gänge, als er sich mir vor die Füße warf und heulte und bettelte, ich solle nicht gehen; eine reife Leistung, an die seither kein Mann mehr herankam. Wenn Jungs nicht drohen, sich umzubringen, wenn Sie jetzt gehen, hätten Sie ursprünglich vielleicht gar nicht Teil ihres Lebens sein sollen.
    Aber zurück zum Thema: Dank der »in kurzen Zeittakten verkehrenden« Shuttles sind Sie spät für den Flug nach Los Angeles dran. So spät, dass Sie angewiesen werden, Ihr Gepäck doch selbst zur Maschine zu tragen – durch die Passkontrolle und die Security, versteht sich, wo diese Werwölfe selbstverständlich beschließen, Sie von Kopf bis Fuß zu durchleuchten. »Bitte, beeilen Sie sich, ich bin spät dran, aber es ist nicht meine Schuld. Wieso tun Sie mir das an?« Panischer Blick, atemlos-abgehackte Sprechweise. Dämmernde Erkenntnis in dunklen Augen, die keinerlei Eile verraten: Wir dürfen uns von dieser Frau hier keinesfalls sagen lassen, was wir zu tun haben. Und wir dürfen unter keinen Umständen einen Zahn zulegen, keine Sonderbehandlung. »Entschuldigung, aber ich bin wirklich spät dran, könnten Sie bitte meine Sachen vor denen von all den Leuten drannehmen, die alle Zeit der Welt haben?« Ausdruckslose Mienen und Augen, die keinerlei Eile verraten. »Oh, nein, außerplanmäßiges Vorgehen ist ausgeschlossen.« »Und kaufen Sie mir ein neues Ticket, wenn ich gleich meinen Flug verpasse?« Stille. Durchsuchung. Sie schnappen Ihre Taschen und rennen durch den Dschungel aus Wartebereichen. »Spät dran, Herzchen?« »Nein, nein, das ist mein normales Laufprogramm, und anstelle von Hanteln nehme ich lieber mein Gepäck.«
    Es ist mir ein Rätsel, wieso es nicht viel mehr Alkoholiker auf der Welt gibt. Verschreibungspflichtige Medikamente reichen in Situationen wie diesen definitiv nicht aus. Endlich sitzen Sie also im Flugzeug, dieser Folterkammer mit miesem Luftdruck, miesem Essen und mieser Gesellschaft. Ich kann immer wieder nur staunen, wie wenige Psychopathen und Kettensägenmassaker es in Flugzeugen gibt. Sitzt man also endlich auf seinem Platz, nachdem man mit voller Absicht an den Rand des Irrsinns getrieben wurde, bekommt man die Anweisung, während der nächsten zehn Stunden still zu sitzen, während die Venen sich in aller Ruhe verstopfen. Ruhe kehrt ein. Ich persönlich finde ja, der Mann, der für Schlagzeilen gesorgt hat, weil er seinen Darm auf seiner Flugzeugmahlzeit entleert hat, war durchaus auf dem richtigen Weg. Er hat seinem Unmut wenigstens Luft gemacht, während wir anderen, die all das klaglos über sich ergehen lassen, allesamt unter dem »Misshandelte Reisende«-Syndrom leiden. Wir brauchen Hilfe. Jemand muss uns sagen, dass wir sehr wohl die Wahl haben, dass wir liebenswert sind und Nein sagen können. Selbstwertgefühl und der Triumph über die Passivität, das sind die Schlagworte.
    Um 5 Uhr früh Ortszeit setzt die Maschine schließlich zur Landung an. Ein schöner, klarer Tag in einem wunderschönen Land, das man seine Heimat nennt, bricht an. In diesem Land, das Sie von ganzem Herzen lieben. Nach Paris und Los Angeles riecht die Luft süßlich, beinahe alpin. Nicht einmal in Südfrankreich ist die Luft so klar. Sie betreten Ihr hübsches, ordentliches, lichtdurchflutetes Haus und machen die Vorder- und Hintertür auf, damit die frische Morgenluft hereinströmen kann. In Ihrem Zimmer stehen überall frische Blumen und Champagner. Frisch gebügelte Leinenbettwäsche. Auf dem Tisch liegt ein Fax von einem Freund aus Frankreich: »Du fehlst uns jetzt schon. Und das Einzige, woran wir uns festhalten, ist die Aussicht, dass du mit den Schwalben im Frühling zurückkehrst.« Noch Fragen?
Schuhe
    Es heißt, dass Frauen, die Schuhe sammeln, entweder auf der Suche nach Erleuchtung oder frustrierte Reisende sind. Manchmal geht es mehr darum, sie zu besitzen, als darum, sie auch zu tragen. Viele Frauen kaufen massenhaft Schuhe, obwohl sie nur wenige von denen tragen, die ihre Schränke verstopfen. Man kauft nicht, weil man braucht, sondern weil man heimliche Fantasien

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