Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
nicht, wie sie heißt?« Und wie kam es, dass er mit zwei Kindern unterwegs war, die nicht ihm gehörten?
Statt einer Antwort drehte er den Schlüssel im Zündschloss herum.
»Ich würd jetzt noch nich losfahren, wenn ich du wäre, Jorik«, ließ Lucy sich vernehmen. »Butt braucht mindestens’ne halbe Stunde zum Verdauen, oder sie wird bloß wieder alles rauskotzen.«
»Verdammt noch mal, so kommen wir nie von hier weg!«
Nealy fand, er sollte nicht vor einem Teenager fluchen, auch wenn die Ausdrucksweise des besagten Teenagers noch so sehr zu wünschen übrig ließ. Nun ja, das ging sie im Grunde nichts an.
Lucy riss sich die Kopfhörer herunter. »Schalt die Klimaanlage ein. Es ist heiß hier drin.«
»Hast du je schon mal das Wort ›bitte‹ gehört?«
»Hast du je schon mal die Worte ›Ich schwitz wie’ne Sau‹ gehört?«
Lucy hatte es zu weit getrieben. Anstatt den Airconditioner anzuschalten, schaltete er den Motor ab, erhob sich und steckte in aller Seelenruhe den Schlüssel ein. »Ich sehe die Ladys dann in einer halben Stunde.« Sprach’s und verließ das Wohnmobil.
Es war wirklich furchtbar warm, und Nealy blickte das Mädchen mit hochgezogener Braue an. »Das hast du ja prima hingekriegt.«
»Er ist’n Arsch.«
»Ein Arsch, der uns gerade ohne Aircondition sitzen gelassen hat.«
»Wen kümmert’s?«
Als Nealy in Lucys Alter war, musste sie sich hübsch anziehen und höflich mit den höchsten Politikern dieser Welt Konversation betreiben. Unhöflichkeit wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Das mürrische Mädchen faszinierte sie mehr und mehr.
Das Baby fing an, sich die grün verschmierten Fäustchen an seinem blonden Haarflaum abzuwischen. Nealy blickte sich nach Papiertüchern um, konnte jedoch keine entdecken. »Womit soll ich sie sauber machen?«
»Weiß nich. Mit’nem Waschlappen oder so was.«
»Wo sind die?«
»Na, irgendwo. Vielleicht in der Schublade da.«
Nealy fand einen Lappen, befeuchtete ihn unter dem Wasserhahn und begann unter Lucys wachsamen Augen dem Baby den Kopf zu säubern, nur um festzustellen, dass es klüger gewesen wäre, mit den Händchen anzufangen. Und währenddessen übersah sie angestrengt das süße Grienen der Kleinen. Endlich war das ganze Paket einigermaßen sauber.
»Holen Sie sie aus dem Sitz und lassen Sie sie ein bisschen rumkrabbeln.« Lucy klang absolut gelangweilt. »Sie braucht Bewegung.«
Der Teppich sah nicht gerade sauber aus. Gedanken an Typhus, Dysenterie, Hepatitis und einem Dutzend anderer Krankheiten schossen ihr durch den Kopf, und sie blickte sich nach etwas um, das sie auf dem Teppich ausbreiten konnte. Schließlich fand sie in einem der oberen Schrankfächer im Schlafteil des Wohnmobils eine Steppdecke, die sie zwischen der Liege und dem Tisch auf dem Boden ausbreitete. Sie fummelte eine Weile an den Schnallen des Babysitzes herum, bevor sie sie aufbekam.
Wie immer musste sie sich überwinden, das Dingelchen hochzunehmen. Stirb nicht. Bitte stirb nicht.
Das Baby strampelte und krähte vergnügt, als Nealy es aus dem Sitz hob. Es fühlte sich warm und lebendig unter ihren Händen an und war offenbar kerngesund. Nealy setzte es rasch auf den Boden. Das Baby reckte den Hals, um sie anzustarren.
Lucy hatte aufgehört, so zu tun, als würde sie Musik hören. »Das mit der Decke hätten Sie sich sparen können. Sie bleibt ohnehin nich drauf.«
Und wirklich, der Winzling schoss sofort auf Händen und Knien los. Innerhalb weniger Augenblicke war er von der Decke heruntergekrabbelt und zum Vorderteil des Wohnmobils unterwegs.
»Wenn du so viel weißt, wieso kümmerst du dich nicht um sie?« Nealy genoss die neu gewonnene Freiheit, auch einmal grob sein zu dürfen. Wäre es nicht einfach wundervoll, wenn man jeden, der einem blöd kam, anfauchen dürfte?
Das Baby zog sich am Fahrersitz hoch und begann auf zwei wackeligen Beinchen und mit einer erbsenbreiverschmierten kleinen Faust seine unmittelbare Umgebung zu erkunden.
»Was glauben Sie, was ich mache, seit meine Mutter tot ist?«
Nealy fühlte sich elend. »Das von deiner Mutter wusste ich nicht. Es tut mir Leid.«
Lucy zuckte mit den Schultern. »Macht nichts. Lass das in Ruhe, Butt.«
Nealy sah, dass das Baby auf Zehenspitzen stand und sich reckte, um an den Schaltknüppel zu gelangen. Die Kleine drehte sich zu ihrer großen Schwester um, grinste und steckte sich die Faust in den Mund.
»Ich weigere mich, sie Butt zu nennen«, nahm Nealy den Faden wieder auf.
»Woher
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