Wer will schon einen Vampir?: Argeneau Vampir 8
Inez aus dem Pub geholt hatte, würde versuchen, sie so schnell wie möglich außer Sichtweite zu schaffen, und das war genau an dieser Kreuzung möglich.
An der Kreuzung angekommen, sah er abermals nach links und rechts, als er in der Ferne einen leuchtend weißen Schemen bemerkte. Selbst mit seinen überlegenen Augen benötigte er einen Moment, bis er den Schemen als weiße Bluse erkannte. Die Person, die sie trug, steckte zudem in einer dunklen Hose. Er konnte sehen, wie sie vom Gehweg fort wohl zu einer Treppe geführt wurde. Wegen der großen Entfernung war es nicht genau zu erkennen, aber nach dem Größenunterschied zu urteilen, wurde die zierliche Inez von einem Mann weggebracht.
Ein Glück, dass sie mit Vorliebe weiße Blusen trug, überlegte er, während er losrannte. In schwarzer Kleidung hätte er sie keinesfalls noch rechtzeitig bemerkt. Thomas legte die Strecke schnell zurück, ohne sich darum zu kümmern, ob ihn jemand beobachtete, wie er mit übermenschlicher Geschwindigkeit die Straße entlang rannte. Er wurde langsamer, als er die Stelle erreichte, an der Inez vom Gehweg weggelotst worden war, und er entdeckte eine steinerne Treppe unmittelbar vor einer den Fluss überspannenden Brücke. Die Stufen führten hinunter ans Ufer, wo ein Weg am Fluss entlang verlief.
Am Kopf der Treppe angelangt, sah er nach unten und entdeckte sofort Inez und ihren Entführer. Die dunkle Gestalt war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Mann, groß und breitschultrig gebaut wie ein Krieger aus alten Tagen. Ein Unsterblicher, der älter war als er selbst, ging es Thomas durch den Kopf. Aber das war ihm egal. Er würde Inez nicht kampflos aufgeben, selbst wenn er dabei sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Soeben wollte er die Stufen hinab eilen, da sah er, wie der Mann Inez anhalten ließ. Thomas stutzte, als er beobachtete, wie der Fremde sie so herumdrehte, dass sie mit dem Gesicht zum Wasser und mit dem Rücken zu ihm stand. Eine Hand legte er auf ihre Schulter, mit der anderen umfasste er ihr Gesicht.
Thomas erkannte sofort, dass er ihr das Genick brechen und sie dann in den Fluss stoßen wollte. Er brüllte vor Wut und schleuderte Inez’ Handtasche auf den Angreifer. Ohne abzuwarten, ob das Geschoss sein Ziel traf, stürmte er die Stufen mit einer Schnelligkeit hinunter, wie er sie noch nie erreicht hatte. Dennoch sah er, wie die Handtasche mit voller Wucht den Mann am Kopf traf und wie der erschrocken zur Seite taumelte, dabei aber Inez mit sich zog. Er erlangte das Gleichgewicht wieder und schaute in Thomas’ Richtung, als der die letzte Stufe überwand und auf ihn zurannte. Der Unsterbliche zögerte kurz, dann stieß er Inez von der Uferkante in den Fluss und ergriff seinerseits die Flucht.
Thomas’ Herz machte bei diesem Anblick vor Schreck einen Satz, und er holte alles aus sich heraus, um noch schneller zu laufen. Und dann sprang er auch schon ins kalte, trübe Wasser des Ouse, in dem er schlichtweg nicht die Hand vor Augen sehen konnte.
Während er stumm fluchte, ruderte er wie wild mit den Armen, um blindlings nach Inez zu tasten. Er war bereits der Verzweiflung nahe, da strichen seine Finger über einen Widerstand. Er paddelte weiter in die Richtung, und diesmal konnte er etwas in seine Armbeuge ziehen. Mit der anderen Hand tastete er weiter und fühlte, wie er einen Arm zu fassen bekam. Sofort stieß er sieh vom Boden ab und schwamm der Wasseroberfläche entgegen. Er hatte solchen Schwung, dass er förmlich aus dem Wasser schoss und ein Stück weiter wieder eintauchte, wobei ihm auffiel, dass er nicht Inez’ Arm, sondern ihren Unterschenkel zu fassen bekommen hatte.
Indem er mit den Füßen Wasser trat, blieb er an der Oberfläche, sodass er Gelegenheit bekam, ihren Kopf aus dem Fluss zu ziehen und sie so umzudrehen, dass er sie an den Oberarmen halten konnte. Ihr Kopf war nach hinten geneigt, das Mondlicht wurde von ihrem Gesicht reflektiert. Unwillkürlich presste Thomas die Lippen zusammen, als er bemerkte, wie blau ihre Lippen schon waren. Er zog sie an sich, hielt ihr die Nase zu und blies ihr seinen Atem in den Mund. Das Ganze wiederholte er einige Malle, dann schwamm er mit ihr in Richtung Ufer, unterbrach aber auf halber Strecke, um sie erneut zu beatmen. Die Prozedur wiederholte er, als er mit ihr das Ufer erreicht hatte.
Er hob Inez an Land, dann stieg er aus dem Wasser. Im Mondschein betrachtete er forschend ihr Gesicht, als er sie in den Arm genommen hatte. Bei ihrem
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