Wer Wind sät
ich.« Sie lächelte auch, wurde rot und schlug verlegen die Augen nieder.
»Ach, Sarah«, sagte Pia. Das Mädchen, das schon den Türgriff in der Hand hatte, blieb sitzen.
»Rolf Grossmann war Ihr Onkel, nicht wahr?«
»Ja. Wieso? Weil Mark seinen Roller fährt?«
»Nein, darum geht es nicht. Weshalb konnte Ihr Vater Grossmann nicht leiden?«
Sarah Theissen überlegte einen Moment.
»Es hatte was mit Geld zu tun«, erwiderte sie schlieÃlich. »Onkel Rolf hatte irgendwann mal ein Patent erfunden. Die WindPro war ja früher seine Firma, also besser gesagt die Firma von meinem Opa. Damals haben die ganz normale Maschinen hergestellt. Papa hat da während seines Studiums gejobbt. So hat er auch Mama kennengelernt. Als Opa gestorben ist, haben Mama und Onkel Rolf die Firma übernommen, aber sie waren wohl beide nicht so ⦠hm ⦠geschäftstüchtig. Papa kam dann dazu und hat echt was draus gemacht. Onkel Rolf wollte irgendeinen Anteil haben. Kohle halt. Er hat davon geträumt, nach Spanien auszuwandern. Aber Papa hat ihn immer vertröstet, deshalb gabâs dauernd Krach.«
»Okay. Danke.«
»Alles klar. Dann ⦠Tschüs!« Sarah stieg aus und knallte die Tür zu. Pia und Cem blickten ihr nach und warteten, bis sie um die Ecke verschwunden war, dann fuhr Pia los und wendete ein Stück weiter oben in der StraÃe. Im Vorbeifahren warf sie einen nachdenklichen Blick auf die Jugendstilvilla der Theissens.
»Als ich das Haus von innen gesehen habe, da dachte ich, hier muss eine glückliche Familie wohnen«, sagte sie. »Es strahlt irgendwie Geborgenheit aus. Wie man sich doch täuschen kann.«
»Alles nur Kulisse«, bestätigte Cem. »Der Junge kann einem wirklich leidtun.«
*
Pia trat aus der Dusche und griff nach dem Handtuch, das sie über den Rand des Waschbeckens gehängt hatte. Das heiÃe Wasser hatte ihre verkrampfte Muskulatur etwas gelockert. Sie fühlte sich angenehm entspannt und schaffte es, die Gedanken an die beiden aktuellen Fälle zu verdrängen. Am liebsten hätte sie Bodenstein angerufen und abgesagt. Sie war völlig erschöpft und sehnte sich nach einem ruhigen Abend, allein mit Christoph. Nach den drei intensiven Wochen in China hatte die Arbeit sie so sehr in Beschlag genommen, dass sie ihn in den vergangenen zehn Tagen kaum gesehen hatte. Pia kämmte das feuchte Haar straff aus dem Gesicht und steckte es mit einer Haarklemme fest, dann schlang sie das Handtuch um ihren Körper und ging hinüber ins Schlafzimmer.
»Pia?«
Christoph steckte den Kopf zur Tür herein.
»Der Grill ist an«, verkündete er. »Und dein Chef ist eben eingetroffen.«
»Na super. Ich komm gleich.« Pia beugte sich in den Kleiderschrank und wühlte nach einem bestimmten T-Shirt, fand es aber nicht. Wahrscheinlich lag es noch in dem Kleiderhaufen neben der Waschmaschine.
»Er hat eine Frau dabei.«
»Was?« Sie fuhr hoch und stieà sich dabei schmerzhaft den Kopf an. War Bodenstein wirklich so unverfroren, diese Lügenmaus mitzubringen? Das war ja wohl das Allerletzte! Sofort verschlechterte sich Pias Laune um einige Grade, aber an Christoph wollte sie ihre Verstimmung nicht auslassen. Er konnte schlieÃlich überhaupt nichts dafür.
»Lass dir nur Zeit«, sagte er und gab ihr einen Kuss. »Ich mach schon mal den Wein auf.«
»Aber einen billigen«, rief Pia ihm nach. »Die dumme Nuss braucht keinen 95 er Pomerol.«
»Ich wusste gar nicht, dass solche Schätze überhaupt in unseren Weinkellern lagern«, entgegnete Christoph belustigt. Da musste Pia auch grinsen.
»Du weiÃt schon, was ich meine. Nimm den Rotwein von Aldi. Der schmeckt besser, als er aussieht.«
»Geht klar.« Christoph zwinkerte ihr zu und ging hinaus. Pia gab die Suche nach dem T-Shirt auf. Sie schlüpfte in eine helle Jeans, streifte ein Top über und zog darüber einen grauen Kapuzensweater. Im Bad föhnte sie ihr Haar über die Rundbürste und schminkte sich zu guter Letzt sogar noch die Augen. Nach einem letzten kritischen Blick in den Spiegel holte sie tief Luft und ging durchs Wohnzimmer hinaus auf die Terrasse.
Bodenstein und Christoph unterhielten sich mit Rotweingläsern in der Hand; die Frau stand neben ihnen, und ihr war anzusehen, wie unbehaglich sie sich fühlte.
Richtig so, dachte Pia. Du hast hier gar
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