Wer Wind sät
auf ihre Herrin gewartet hatten. Frauke blickte dem sonderbaren Quartett nach und schüttelte den Kopf.
*
»Ach, Herr Dr. Theissen«, sagte Cem Altunay. »Ich habe noch eine Bitte. Es gibt auf allen Stockwerken Ãberwachungskameras. Ist es in Ordnung, wenn wir uns die Bänder ansehen?«
Stefan Theissen zögerte ganz kurz, dann riss er seinen Blick vom Schreibtisch los und nickte.
»Ja, selbstverständlich. Unser Sicherheitschef ist drauÃen. Er soll Ihnen die Bänder so schnell wie möglich zur Verfügung stellen. Vielleicht darf er hereinkommen? Und die Empfangsdame auch, damit sie ans Telefon gehen kann?«
»Ist in Ordnung«, sagte Pia. »Aber alle anderen müssen drauÃen bleiben, bis die Kollegen hier fertig sind.«
Sie wartete, bis Theissen und Cem verschwunden waren.
»Was hast du noch?«, fragte sie Kröger.
»Wie kommst du darauf, dass es noch etwas gibt?«, fragte er zurück. »Reicht dir etwa ein verwester Hamster im Chefbüro nicht?«
Pia grinste und legte den Kopf schief.
»Na gut. Wir haben auf dem Boden unter dem Kopierer im Vorzimmer ein Blatt gefunden. Ich weià nicht, ob es etwas zu bedeuten hat. Vielleicht ist es der Sekretärin runtergefallen, vielleicht aber auch nicht.«
Pia folgte Kröger in den Nachbarraum und ergriff das Blatt, das bereits in einer Plastikhülle steckte. Sie überflog den Text.
»Seite 21 eines Windgutachtens«, stellte sie fest. »Scheint mir jetzt bei einer Firma, die Windkraftanlagen baut, nicht ungewöhnlich zu sein.«
»Seite 21 von 63 Seiten«, entgegnete Christian Kröger. »An deiner Stelle würde ich mir dieses Gutachten mal zeigen lassen. Oder versuch herauszufinden, wann zuletzt kopiert wurde.«
»Geht das denn?«
»Bei einem Kopierer wie diesem hier ja. Nach Ausführung eines Kopierjobs bleiben temporäre Dateien auf der Festplatte gespeichert. Wie bei einem PC .«
»GroÃer Gott. Was du alles weiÃt.«
Christian Kröger gehörte zu der Sorte Mensch, die über Unmengen unglaublichster Dinge Bescheid wusste. Bodenstein hätte ihn gerne für sein Team gehabt, aber Kröger fühlte sich wohl als Chef des Erkennungsdienstes und war mit seinen gerade mal fünfunddreiÃig Jahren vermutlich noch nicht am Ende der Karriereleiter angekommen.
»Darf ich jetzt weiterarbeiten?«, fragte er.
»Klar.« Pia lehnte mit verschränkten Armen in der Tür von Theissens Büro und beobachtete zwei von Krögers Leuten, die in ihren weiÃen Overalls auf dem Boden herumkrochen, den toten Hamster und äuÃerst lebendige Maden eintüteten und Folien auf beinahe jede Fläche klebten, um Fingerabdrücke, Haare und Hautpartikel zu fixieren. Ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren.
Wer hatte den toten Hamster auf Theissens Schreibtisch gelegt? Nach dem Verwesungszustand des Tierchens zu urteilen, musste das ungefähr zu dem Zeitpunkt geschehen sein, als Rolf Grossmann in den Tod gestürzt war. Pia wandte sich um und ging langsam den Flur entlang. Welches letztendlich tödliche Drama hatte sich hier in der Nacht von Freitag auf Samstag abgespielt? Ihr Handy meldete sich mit dem normalen Klingelton, den sie vorhin im Auto wieder eingestellt hatte. Es war Kai Ostermann.
»Hey, Urlauberin«, begrüÃte er sie fröhlich. »Wie warâs in China?«
»Hey, Kai«, antwortete Pia und schickte sich an, die Treppe hinunterzugehen. »Super. Zu kurz. Hat Cem dich erreicht?«
»Ja. Ich hab mit der Staatsanwältin gesprochen. Obduktion geht klar.«
»Gut. Dann sehen wir uns später.« Pia nahm die letzten Stufen und blickte sich nach ihrem neuen Kollegen um. Die Männer des Beerdigungsinstituts hoben Grossmanns Körper in einen Leichensack, die Klimaanlage lief wieder, und der unangenehme Geruch hatte sich durch das geöffnete Glaskuppeldach weitgehend verflüchtigt. Hinter dem Empfangstresen hatte eine mollige, dunkelhaarige Frau Mitte vierzig Platz genommen, deren eingefrorener Miene deutlich anzusehen war, wie unwohl sie sich an ihrem Arbeitsplatz fühlte. Durchaus verständlich, schlieÃlich hatte Rolf Grossmann nur ein paar Meter entfernt sein Leben ausgehaucht, und in der Teeküche hinter ihr waren weià vermummte Kripobeamte mit dem Sichern von Spuren beschäftigt. Es war sicher nicht der angenehmste Montag in ihrem Leben.
»Wissen Sie, wo mein Kollege
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