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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Begrüßung.«
    Frauke musterte ihren jüngeren Bruder misstrauisch. Matthias meldete sich grundsätzlich nur bei ihr, wenn er irgendein Problem hatte. Das kannte sie schon.
    Â»Ich esse gerade. Komm halt rein.«
    Sie drehte sich um und ging zurück ins Büro. Matthias Hirtreiter folgte ihr, schloss die Tür hinter sich ab und blieb im Türrahmen stehen, die Hände in den Hosentaschen.
    Â»Du hast abgenommen«, stellte er lächelnd fest. »Siehst gut aus.«
    Frauke schnaubte verächtlich und biss in die Pizza.
    Â»Du brauchst mir keinen Honig ums Maul zu schmieren«, erwiderte sie mit vollem Mund. »Ich weiß, wie ich aussehe.«
    Das Fett tropfte ihr übers Kinn, sie wischte es achtlos mit dem Handrücken ab und warf ihrem Bruder einen Blick zu. Die Sonnenbräune, der helle Leinenanzug, das am Hals geöffnete Hemd und die beigefarbenen Schuhe verliehen ihm etwas Dandyhaftes. Fehlte nur noch der Strohhut, und er sähe aus wie ein Zeitreisender aus den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
    Â»Sag schon, was du willst. Du bist doch nicht zufällig hier.«
    Â»Stimmt.« Er zog den Schreibtischstuhl heran und setzte sich ihr gegenüber an den kleinen Tisch. »Ich habe heute einen Anruf bekommen.«
    Â»Aha.« Frauke aß das nächste Stück Pizza. Nach ihren letzten Informationen lief seine Firma für Sicherheitssysteme und Alarmanlagen recht gut. Seine Kinder gingen auf Privatschulen, er war im Lions Club, im Golfclub und in zig anderen Vereinen, die dem Ansehen förderlich und beim Networking hilfreich waren, wohnte mit seiner Familie in einer Luxusvilla und stellte seinen Wohlstand gerne und hemmungslos zur Schau.
    Â»Da gibt’s doch diese Firma, die den Windpark in Ehlhalten bauen will. Hast du vielleicht schon gehört.«
    Frauke nickte. Der Windpark war ständiges Thema bei Jannis und Ricky; beide waren in der Bürgerinitiative aktiv, die sich gegen die Windräder organisiert hatte.
    Â»Und was ist damit?«, fragte sie.
    Matthias fuhr sich mit der Hand durch sein lichter werdendes Haar, und aus der Nähe bemerkte Frauke zum ersten Mal Sorgenfalten im jungenhaften Gesicht ihres Bruders.
    Â»Vater hat von denen ein Wahnsinns-Kaufangebot für die Wiese in der Nähe des Hofes bekommen. Zwei Millionen Euro!«
    Â»Wie bitte?« Fraukes Hand mit der Gabel blieb in der Luft stehen, ihr Mund klappte auf. »Das ist nicht dein Ernst!«
    Â»O doch.« Matthias nickte. »Er hat uns natürlich nichts davon gesagt, der alte Scheißkerl. Und offenbar hat er nicht vor zu verkaufen.«
    Â»Das gibt’s doch nicht!« Frauke hatte es den Appetit verschlagen. Zwei Millionen Euro! Für eine Wiese! »Woher weißt du das?«
    Â»Die Typen von dieser Firma haben mich gebeten, auf Vater einzuwirken.« Matthias stieß ein freudloses Lachen aus. »Gregor und ich waren deswegen bei ihm, aber er hat uns hochkant rausgeschmissen.«
    Â»Seit wann wisst ihr von dem Angebot?«, fragte Frauke argwöhnisch.
    Â»Seit ein paar Wochen«, gab ihr Bruder zu.
    Â»Und warum erfahre ich erst jetzt davon?«
    Â»Na ja … Du verstehst dich ja nicht so gut mit Vater«, druckste er verlegen herum. »Und da dachten wir …«
    Â»Quatsch! Ihr habt gedacht, ich kriege es gar nicht mit, und ihr könnt euch den Kuchen teilen.« Wütend knallte sie das Stück Pizza auf den Teller. »Ihr seid schon zwei hinterhältige Mistkerle!«
    Â»Das stimmt nicht!«, widersprach Matthias Hirtreiter. »Wirklich! Aber jetzt hör mir erst mal zu. Die Sache ist nämlich die, dass die WindPro ihr Angebot erhöhen wird, aber nur dann, wenn Vater dem Verkauf innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden zustimmt. Danach werden sie ein Enteignungsverfahren anstrengen.«
    Frauke begriff, was das bedeutete.
    Â»Sie wollen drei Millionen zahlen!« Matthias senkte die Stimme und beugte sich vor. »Das ist wahnsinnig viel Geld, und ich könnte es gerade echt gut gebrauchen.«
    Â»Schau an. Ich denke, du schwimmst im Geld.« Frauke grinste spöttisch, und ihr Bruder sprang auf.
    Â»Meine Firma ist pleite«, gestand er schließlich, ohne sie anzusehen. »Wahrscheinlich bin ich sowieso schon dran wegen Insolvenzverschleppung. Wir verlieren die Firma, das Haus, einfach alles, wenn es mir nicht innerhalb von einer Woche gelingt, fünfhunderttausend Euro

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