Wer Wind sät
ist eine ganz eindeutige Spur«, sagte Kathrin voller Ãberzeugung. »Das kann kein Zufall sein!«
»Es ist beinahe zu eindeutig«, fand Pia. »Ich habe die halbe Nacht darüber nachgedacht. Wenn ich dem Chef der Firma, die den Windpark bauen will, einen toten Hamster auf den Tisch gelegt und nebenbei noch einen Toten hinterlassen hätte, hätte ich wohl kaum die Hamster auch noch im Fernsehen erwähnt.«
»Ja, das ist auch wieder wahr«, pflichtete Cem ihr bei.
»Theissen ist für mich auch verdächtig«, ergänzte Pia. »Er hat uns ein paar Mal angelogen, und sein Alibi wurde nur von seiner Ehefrau bestätigt, mit der er sich abgesprochen haben kann.«
»Was ist eigentlich mit den Umweltschutzverbänden in der Region?«, warf Bodenstein ein. »Die regen sich doch sonst auch über ermordete Hamster und zerstörte Wälder auf.«
»Das hatte ich mir auch schon überlegt und mal auf den Webseiten der Ortsgruppen vom Na BU , vom BUND und von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald nachgeschaut«, sagte Kai Ostermann. »Und soll ich euch was sagen? Auf keiner einzigen Webseite wird der geplante Windpark auch nur erwähnt!«
»Umweltverbände können ja wohl kaum etwas gegen erneuerbare Energien einzuwenden haben«, antwortete Cem Altunay. »Atomkraft nein danke, Windkraft ja bitte.«
»Sollte man meinen«, nickte Kai und blickte auf seinen Notizblock. »Aber jetzt wirdâs spannend: Die WindPro hat letztes Jahr zahlreiche Projekte gesponsert, unter anderem die Renaturierung eines Bachlaufes bei Brehmtal, die ökologische Aufforstung eines Windbruchgebietes im Wald bei Vockenhausen und die Einrichtung einer Aufzuchtstation für verwaiste Wildtiere in Niederjosbach. Es gibt Fotostrecken, auf denen der Chef der WindPro den dankbaren Umweltschützern seine Spende überreicht und die Projekte vor Ort besichtigt. Beim BUND ist er sogar Ehrenmitglied. So. Das ist kein Zufall. Pro Umweltschutzverband ein Projekt. Und jeweils in einem Ortsteil von Eppstein.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Bodenstein stirnrunzelnd.
»Das sieht für mich so aus, als ob die WindPro die Umweltverbände auf ihre Seite gezogen hat, damit sie nicht auf die Idee kommen, gegen den geplanten Windpark zu protestieren.«
»Eine Art Bestechung also. Keine schlechte Ãberlegung.« Bodenstein nickte anerkennend.
»Wer weiÃ, was da noch für Gelder geflossen sind«, fügte Kai hinzu. »Die WindPro hat die Umweltschutzverbände auf jeden Fall mit ihren groÃzügigen Spenden mundtot gemacht.«
»Unser erster Verdächtiger ist trotzdem dieser Theodorakis«, mischte sich Pia ein. »Er hat noch einen Zentralschlüssel für das Firmengebäude und macht der WindPro mit seinem Wissen Probleme. Wir sollten ihn uns vornehmen.«
»Wir wissen nicht, wo er wohnt«, wiederholte Cem bedauernd.
»Das finden wir heraus.« Bodenstein schob Pia den Flyer hinüber, der für die Bürgerversammlung warb. »Spätestens morgen Abend wird er auf dieser Versammlung auftauchen. Mein Vater auch. Und vielleicht sogar unsere Einbrecher.«
November 1998
Es war ein düsterer, unfreundlicher Freitagabend. Die Kollegen waren längst ins Wochenende entschwunden, sie war allein im Labor, wie so oft. Konzentriert fütterte sie den Computer mit den Auswertungen ihrer Forschungsreihen. Wenn alles so funktionierte, wie sie es sich vorstellte, dann würden die Zahlen eine wunderschöne Grafik ergeben, quasi die Ãberschrift für ihre Dissertation. Sie konnte es kaum abwarten, musste aber trotz aller Ungeduld sorgfältig arbeiten, denn nur ein einziges falsch gesetztes Komma wäre fatal.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch, Schritte näherten sich auf dem Flur. Die Tür ging auf, und ihr Herz machte einen Satz.
»Ich hab mir gedacht, dass ich Sie hier noch finde.« Er grinste über das ganze von der Kälte gerötete Gesicht und zog eine Flasche Champagner aus der Manteltasche.
»Gibt es etwas zu feiern?«, erkundigte sie sich. Obwohl sie ihn fast jeden Tag sah, genügte sein Anblick, um ihren Adrenalinspiegel in schwindelerregende Höhen zu treiben.
»Allerdings. Etwas wirklich Grandioses!« Plötzlich lag ein Ausdruck in seinen Augen, der sie erschauern lieÃ. Es musste tatsächlich eine groÃartige Neuigkeit sein, denn so aufgekratzt hatte sie
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