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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Stefan Theissen öffnete die Fenster und wartete, bis seine Sekretärin die leeren Kaffeetassen, Gläser und Flaschen abgeräumt und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Noch immer glaubte er den widerlichen Verwesungsgeruch zu riechen, obwohl die Leute von der Reinigungsfirma gestern mit einer ganzen Batterie von Putzmitteln angerückt waren. Theissen kehrte an den Tisch zurück, an dem nur noch Dr. Enno Rademacher, der kaufmännische Direktor der WindPro, und Ralph Glöckner saßen. Letzteren hatte Theissen gestern Morgen gebeten, auf schnellstem Wege in die Firma zu kommen. Er hatte schon ein paar Mal mit Glöckner zusammengearbeitet und hoffte, dass er ihnen helfen konnte, dieses an und für sich lächerliche Projekt im Taunus auf den Weg zu bringen. Der Österreicher bot seine Dienste als Troubleshooter jedem an, der bereit war, seine horrenden Honorare zu bezahlen, und war in gewissen Kreisen für seine unorthodoxen, aber äußerst wirkungsvollen Methoden bekannt. Oft reichte es, ihn einzuschalten, um verhärtete Fronten zu klären und Einigungen zu erzielen. Als Ingenieur hatte er schon in ganz Europa, in Pakistan, Afrika und China Staudämme, Kraftwerke, Brücken, Tunnel und Kanäle gebaut, und zweifellos war er der beste Mann für diese schwierige Situation.
    Â»Wir haben so weit alles besprochen«, sagte Rademacher nun. »Kümmern Sie sich um die Sicherheitsfirma, damit wir spätestens am Donnerstag unbehelligt mit der Rodung des Areals anfangen können. Eine weitere Verzögerung können wir uns nicht leisten.«
    Â»Wie wollt ihr das mit der Zuwegung lösen?«, fragte Glöckner, der die Angewohnheit hatte, jeden zu duzen.
    Â»Ich stehe in den Verhandlungen mit der Eigentümerfamilie kurz vor einem Abschluss«, winkte Rademacher ab. »Mit Ihrer Unterstützung werden wir bis spätestens übermorgen hoffentlich alles geklärt haben.«
    Glöckner hob eine Augenbraue und grinste komplizenhaft.
    Â»Ich fahre gleich mal raus und sehe mir die Sache aus der Nähe an«, sagte er. »Probleme sind dazu da, gelöst zu werden.«
    Â»Genau.« Rademacher lächelte zufrieden wie eine Katze, die eine Maus gefangen hatte.
    Theissen folgte dem Gespräch mit wachsender Verstimmung. Hatte er irgendetwas verpasst? Er blickte zwischen den beiden Männern, die unterschiedlicher nicht sein konnten, hin und her. Neben dem kräftigen Zweimetermann Glöckner mit seinem zerfurchten, sonnenverbrannten Gesicht, dem ergrauten Pferdeschwanz und der ledernen Rockerweste wirkte Rademacher wie ein harmloser Buchhalter, doch dieser Eindruck täuschte.
    Â»Also, servus, die Herren.« Glöckner erhob sich von seinem Stuhl, klopfte Rademacher mit einer selbstverständlichen Vertraulichkeit, die Theissen störte, auf die Schulter und verließ das Büro mit gemächlichen, wiegenden Schritten.
    Â»Ich wusste gar nicht, dass Hirtreiter die Wiese auf einmal doch verkaufen will«, wandte sich Stefan Theissen an Rademacher. Es gefiel ihm nicht, dass er etwas so immens Wichtiges nur nebenbei erfuhr.
    Â»Will er ja auch nicht«, erwiderte der kaufmännische Direktor und schlug die Beine übereinander. »Aber seine Söhne. Die kriegen das schon hin, da bin ich optimistisch. Ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass wir sonst den Weg über eine einstweilige Verfügung gehen und es unter Umständen zu einer Zwangsenteignung kommt. Das hat sie motiviert.«
    Er grinste selbstgefällig, wurde aber dann ernst.
    Â»Was hat es mit diesem ominösen Einbruch auf sich?«, erkundigte er sich bei Theissen. »Was können Einbrecher hier gewollt haben? Und was sollte die tote Maus?«
    Â»Hamster. Es war ein toter Goldhamster.« Theissen zuckte die Schultern. Er starrte einen Moment vor sich hin, dann schlug er mit der flachen Hand auf die Tischoberfläche.
    Â»Hätte diese dämliche Kuh nicht erst mich anrufen können, bevor sie die Polizei alarmiert?«
    Â»Was hätte das geändert?«
    Â»Ich hätte den verdammten Hamster ins Klo schmeißen, ein paar Laptops wegschaffen und eine Scheibe einschlagen können, damit es wie ein normaler Einbruch aussieht!« Theissen sprang auf und ging in seinem Büro auf und ab. »Vor allen Dingen hätte die Polizei niemals die Bänder aus den Kameras in die Finger bekommen dürfen.«
    Â»Warum nicht?«, fragte

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