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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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abgesagt. Ricky hatte, als Nika vorhin das Haus verlassen hatte, noch immer schlafend auf der Couch gelegen, und das war ihr ganz recht gewesen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen wegen letzter Nacht. Nicht, dass sie es bereute, mit Jannis geschlafen zu haben, das hatte sie aus purer Berechnung getan, nachdem sie in seinem Computer, den sie in seiner Abwesenheit gelegentlich heimlich benutzte, auf Beängstigendes gestoßen war.
    Für einen IT -Fachmann war Jannis erstaunlich nachlässig, er löschte so gut wie nie das Verlaufsprotokoll seines Internetbrowsers. Deshalb hatte Nika die von ihm besuchten Seiten aufrufen und anschauen können. Schockiert hatte sie gesehen, welch akribische Recherche er über sie angestellt hatte.
    Spätestens seit vorgestern wusste er, wer sie war, und kannte ihren richtigen Namen. Wieso hatte er ihr das nicht längst ins Gesicht gesagt? Welches Spiel spielte er? Ihre instinktive Abneigung gegen ihn hatte sich in Angst verwandelt, und ihr war nur eine Möglichkeit eingefallen, wie sie auch eine Repressalie gegen ihn in die Hand bekommen konnte. Jannis, scharf wie er war, hatte sofort angebissen, war in den Keller gekommen und hatte sie gefickt, während seine Freundin ein Stockwerk höher schlief.
    Nika blickte sich um. Die Bestellungen hatte sie bereits am frühen Morgen kommissioniert, und da sonst nichts weiter zu tun war, begann sie die gläserne Eingangstür zu putzen. Leider hatten die meisten Kunden die unangenehme Angewohnheit, die Tür mit den Händen aufzudrücken, statt den Türgriff zu benutzen.
    Sie hatte gestern nicht mehr erfahren, weshalb die Kripo hinter Jannis her war. Überhaupt hatten sie kaum gesprochen, eigentlich gar nicht. Er war ziemlich bald eingeschlafen, sie hatte hellwach neben ihm gelegen und an einen anderen Mann gedacht.
    Gerade als Nika mit der Glastür fertig war, bog Rickys Auto von der Kirchstraße in den Hof ein. Wenig später betrat sie den Laden durch die Hintertür, die Hunde schlüpften an ihr vorbei und begrüßten Nika freudig. Ricky sah schlecht aus, verquollen und trübsinnig. Der Tod von Hirtreiter schien sie ziemlich mitgenommen zu haben – erstaunlich, nach all dem, was er zu ihr gesagt hatte. Aber Ricky besaß eben ein weiches Herz.
    Â»Magst du einen Kaffee?«, fragte Nika, doch Ricky schüttelte düster den Kopf, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich auf einen der Stühle im Büro. Nika nahm sich einen Kaffee und tat etwas Milch dazu.
    Â»Ich glaube, Jannis hat eine andere«, brach Ricky unvermittelt das Schweigen. Nika zuckte erschrocken zusammen.
    Â»Wie kommst du darauf?« Sie führte die Tasse an die Lippen und pustete hinein, ohne Ricky aus den Augen zu lassen.
    Â»Die Polizei hat ihn gestern gefragt, wo er Freitag- und Dienstagnacht gewesen ist«, sagte Ricky. »Und da hat er irgendeine wilde Geschichte von seinem Vater erzählt, der in die Klapsmühle eingeliefert wurde. Stimmt hinten und vorne nicht. Aber er war auch nicht zu Hause. Weder Freitag noch Dienstag.«
    Ricky drückte die Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus.
    Â»Ich habe überhaupt nicht gewusst, dass sein Vater krank ist. Am Freitag will er seiner Mutter in ihrer Kneipe geholfen haben. Warum erzählt er mir das nicht? Wieso hat er Geheimnisse vor mir?« Sie kämpfte mit den Tränen. »Ich glaube ihm diese Geschichten nicht. Er war ganz sicher bei einer anderen Frau. Ach, Nika, ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass er … dass er mich wegen einer anderen verlassen könnte. Damals mit Jochen hat es auch so angefangen. Noch mal ertrag ich das nicht!«
    Nika hütete sich, dazu einen Kommentar abzugeben, und verdrängte energisch ihre Gewissensbisse. Es war nur unverbindlicher Sex gewesen, mehr nicht. Jannis würde Ricky nicht wegen ihr verlassen.
    Â»Ach, Nika«, flüsterte Ricky mit Tränen in den Augen und in der Stimme. »Wenn ich dich nicht hätte! Es ist so gut, dass du da bist und ich dir vertrauen kann.«
    Â»Schon gut«, brummte Nika und fühlte sich erbärmlich.
    Â»Ich bin froh, dass dieser Mist mit dem Windpark bald vorbei ist.« Ricky legte die Zeigefinger unter ihre Augen, um die verschmierte Wimperntusche abzuwischen. »Dann haben Jannis und ich wieder mehr Zeit füreinander.«
    Kein Wort über die dramatischen Ereignisse bei der Bürgerversammlung, nicht eine Bemerkung dazu,

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