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Wer wir sind

Wer wir sind

Titel: Wer wir sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Friedrich
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the Mohawk‹ von Walter D. Edmonds. Sie arbeitet freiberuflich für den Verlag Rütten und Loening. Nun fährt sie nach London, um Rebecca West zu gewinnen: Mildred möchte ›The Return of the Soldier‹ übersetzen, Rebecca Wests ersten Roman. Er erzählt die Geschichte eines Heimkehrers aus dem Weltkrieg, der hofft, nun mit seiner wahren Liebe zusammenleben zu können, einer einfachen Arbeiterin, statt zu seiner großbürgerlichen Gattin zurückkehren zu müssen. Auch an ›The Thinking Reed‹ hat Mildred gedacht, Wests Roman über den korrumpierenden Einfluss von Reichtum auf im Grunde anständige Leute. Mildred freut sich auf die Begegnung.
    Sie bewundert Rebecca. Sie beneidet sie: Rebecca schreibt scharfzüngig und scharfsichtig. Sie schreibt für die größten amerikanischen und englischen Zeitschriften und Zeitungen. Ihr gelingen Romane. Und Rebecca ist frei. Sie ist Feministin, Sozialistin, sie steht auf der richtigen Seite. Sie lebt in England, einem freien Land, immerhin wird Mildred sie nun kennenlernen. Sie werden womöglich Freunde werden. Mildred steht in Rebeccas Wohnung im Orchard Court.
    »Und Sie wollen also meine Bücher übersetzen? Von mir aus gern. Aber solche Dinge werden doch gewöhnlich unter den Verlagen geklärt. Warum macht Ihr Verlag nicht einfach meinem ein Angebot, wegen der deutschen Rechte?«
    »Nun ja, es gibt da ein kleines Problem. Dieses Problem hat mit Ihrem Namen zu tun. Ich weiß natürlich, dass Ihr Name ein Pseudonym ist. Aber die deutsche Öffentlichkeit weiß es nicht.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Wissen Sie, Frau West, mein Mann und ich bemühen uns sehr, die Kultur hochzuhalten, das Gute und Verfeinernde. Wir vertrauen auf den zivilisierenden Einfluss großer Werke auf den nationalsozialistischen Staat. Wir sind sehr glücklich, wenn Bücher wie die Ihren bei uns erscheinen dürfen, also fühlen wir uns verpflichtet, dafür zu sorgen, dass dies auch tatsächlich geschieht. Es ist nicht immer einfach, aber wir tun, was wir können.«
    »Hören Sie, Frau Harnack. Sagen Sie mir doch bitte einfach, was Sie von mir wollen.«
    »Ich möchte Ihre Bücher übersetzen. Es würden sehr schöne Bücher werden, das kann ich Ihnen versichern. Und sie würden so viele gute Menschen in Deutschland beglücken und erbauen. Aber das Problem ist Ihr Vorname. Sie müssten eine Erklärung unterschreiben, dass Sie nicht jüdisch sind, sonst dürfen Ihre Bücher in Deutschland nicht erscheinen.«
    »Ich soll was? Sind Sie noch bei Trost?«
    »Nein, warten Sie bitte. Sie verstehen nicht. Eine solche Erklärung bedeutet ja gar nichts. Es ist eine reine Formsache, weiter nichts. Es bedeutet nur, dass wir Ihre Bücher dem deutschen Publikum zugänglich machen können.«
    »Sie müssen verrückt sein. Ich soll erklären, nicht jüdisch zu sein. Das ist blanker Antisemitismus. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich so etwas unterschreibe. Eher würde ich sterben, als das zu unterschreiben und mich bei Ihrem Führer anzuwanzen.«
    »Aber das würden Sie doch überhaupt nicht. Sie würdennur dafür sorgen, dass Ihre Bücher in Deutschland erscheinen können.«
    »Ich muss Sie bitten, nun sofort zu gehen. Ihr Ansinnen ist eine Unverschämtheit.«
    »Aber wenn Sie nicht unterschreiben, wird man Ihre Haltung gar nicht zu würdigen wissen. Keiner wird denken, was Sie für eine aufrechte Frau sind. Jeder wird einfach annehmen, Sie seien eben doch eine Jüdin.«
    »Raus jetzt. Raus mit Ihnen. Gehen Sie, sonst lasse ich Sie hinauswerfen. Ich kann nur sagen, ich wünsche Ihnen, dass Hitler Sie mieser behandelt als je einen Juden.«
    Und nun sind auch die Russen weg. Die alten Freunde sind fortbeordert worden: Alexander Hirschfeld, der Geliebte Martha Dodds Boris Winogradow, Sergej Bessonow.
    Bessonow ist bei seiner Ankunft in Moskau sofort verhaftet worden. Über Monate hat er eisern geschwiegen, um dann im Frühjahr 1938 im berüchtigten dritten der Moskauer Schauprozesse mit düsterer Entschiedenheit auszuführen, wie die Botschaft Unter den Linden als Verbindungspunkt der trotzkistischen Verschwörung genutzt worden sei. Er ist zu fünfzehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Mildred ist entsetzt.
    »Es ist doch absurd. Wenn er ein Verräter seiner Heimat wäre, dann wäre er doch nicht zurückgekehrt. Dann wäre er hiergeblieben. Aber er ist auf den ersten Ruf hin in Moskau erschienen.«
    »Wir wissen nicht, was wirklich dahintersteckt«, sagt Arvid. »Die deutsche Propaganda bewirft die sowjetische Justiz

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