Wer zuerst kommt, küsst zuerst
Sessel zurück. Seine dunkelblauen Augen verrieten nichts. „Jemand, den ich kenne?“
„Cruz Rodriguez. Der Inhaber von Cruz Control .“
„Vermögend?“
„Ja.“
„Mexikaner?“
„Er ist in unserem Land geboren worden.“
Jed schnaubte spöttisch. „Du weißt, was ich meine, und die Tatsache, dass du der Frage ausweichst, bedeutet Ja. Wenn er derjenige ist, den du willst, werde ich ihn überprüfen, um sicherzugehen, dass er sich dich leisten kann.“
Das war so typisch für Jed. „Ich bin wohl kaum eine finanzielle Last. Mein Geschäft läuft sehr erfolgreich.“ Zumindest jetzt, da sie das Darlehen zurückgezahlt hatte.
„Ich will nicht, dass du irgendeinen Idioten heiratest, der es nur auf dein Geld abgesehen hat.“
Sie dachte an Andrew und verstand die Sorge ihres Vaters. „Das will ich auch nicht.“
„Solange du glücklich bist, bin ich es auch.“
Im Ernst? Mehr wollte er nicht dazu sagen?
„Ich bin glücklich.“ Oder wenigstens zufrieden. Die Abmachung galt für sechs Monate. Über einen solchen Zeitraum konnte sie alles ertragen. Wobei – als sie daran dachte, wie Cruz sie geküsst hatte, musste sie sich eingestehen, dass ertragen nicht ganz das richtige Wort war.
„Ich hätte eher damit gerechnet, dass du wütend wirst“, meinte sie, immer noch überrascht, dass alles so glatt gelaufen war. „Immerhin hast du Skyes Ehe höchstpersönlich arrangiert.“ Jed gefiel es, wenn alles so lief, wie er es wollte. So unbedeutende Kleinigkeiten wie die Gefühle seiner Tochter für einen Mann spielten da für ihn keine Rolle.
„Du warst schon immer unabhängiger als deine Schwester. Würdest du jemanden heiraten, den ich dir aussuche?“
„Nein.“
„Und warum sollte ich dann unser beider Zeit damit verschwenden?“
Sie war überrascht, dass er sie so gut kannte.
„Das Geschäft läuft gut?“, fragte er.
„Ja.“
„Und du findest immer noch, dass es die richtige Entscheidung war, meiner Firma den Rücken zu kehren?“
„Während meiner Zeit hier war ich immer nur Jed Titans Tochter. Das war mir nicht genug. Ich dachte, du verstehst das.“
„Das tue ich, Kleines. Sei doch nicht so empfindlich.“
„Ich bin nicht empfindlich.“
Er lächelte. „Hast du es deiner Mutter schon erzählt?“
„Ich werde ihr eine E-Mail schicken.“
„Wie wird es ihr aristokratisches Yankee-Ego wohl vertragen, dass ihre Tochter einen Mann wie Cruz Rodriguez heiratet?“
„Keine Ahnung.“ Lexi fand, ihre Mutter habe das Recht verspielt, ihre Meinung oder Vorschläge zu äußern, als sie ihr einziges Kind im Stich gelassen hatte, ohne sich auch nur noch einmal nach ihr umzudrehen. Lexi war damals drei Jahre alt gewesen.
„Ich wünschte, ich könnte da sein, um sie explodieren zu sehen.“
„Sie wird nicht explodieren. Es wird gar nichts passieren.“ Denn sonst müsste ihre Mutter ja Gefühle zeigen, und das war etwas, das sie auf alle Fälle vermied. Zum ersten Mal fragte Lexi sich, warum Cruz eigentlich so interessiert daran war, Zugang zu dieser Gesellschaft zu bekommen.
„Du hast recht“, stimmte Jed ihr zu. „Meinen Glückwunsch. Sag meiner Sekretärin, was du dir zur Verlobung wünschst. Sie wird es dann bestellen.“
Ein vertrautes Echo aus Kindertagen. Jed hatte damals seine Töchter angewiesen, dem Kindermädchen ihre Weihnachtswünsche zu sagen, damit seine Sekretärin alles bestellenkonnte. Der Weihnachtsmann hatte auf Glory’s Gate nicht auf dem Programm gestanden.
Lexi fragte sich, warum sie ihren Vater bloß lieben musste. Jed war nicht gerade ein liebenswerter Mensch. Ihr Leben wäre um einiges leichter, wenn sie ihren Vater einfach als den sehen könnte, der er war, und fertig. Das Unmögliche zu wollen – dass er sie liebte –, machte alles nur unnötig kompliziert.
„Ich kläre das mit Cruz“, sagte sie, als sie aufstand. Sie ging um den Schreibtisch herum und küsste ihren Vater auf die Wange. „Auf Wiedersehen, Daddy.“
„Wiedersehen. Ich lasse dich wissen, wenn ich herausgefunden habe, ob du dir einen Guten ausgesucht hast.“
„Oh, welch Freude.“
Er lachte, und sie ging hinaus.
Als sie im Flur auf dem dicken Teppich stand, merkte sie, wie die Anspannung von ihr abfiel. Ihr Vater hatte die Neuigkeit positiver aufgenommen als erwartet. Jetzt musste sie ihre Schein-Verlobung noch ihren Schwestern verkaufen, und das würde nicht so einfach werden.
3. KAPITEL
L exi sah die Verträge durch, die John vorbereitet hatte und die sie aus dem
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