Wer zuerst kommt, küsst zuerst
hatte Jed sie wieder in die Obhut des aktuellen Kindermädchens gegeben und war in seinem Büro verschwunden. Aber solange sie sich in dem großen, beeindruckenden Gebäude aufhielten, war sie mehr als das Kind, das von seinem Vater vergessen wurde.
Nach dem College war Lexi zum Arbeiten hergekommen – sie hatte auf ihrem Parkplatz geparkt und war mit dem Fahrstuhl direkt in die Etage der Junior Manager gefahren. Doch hin und wieder hatte sie durch die Empfangshalle gehen müssen, und dann hatte sie sich daran erinnert, wie es gewesen war, als kleines Mädchen hier hereinzukommen.
Jetzt ging sie auf die Sicherheitsschleuse zu, bereit, ihren Führerschein vorzuzeigen. Einer der Wachmänner winkte sie durch.
„Danke“, sagte sie, während ihr durch den Kopf ging, wie wenig erfreut ihr Vater darüber wäre, dass Familienmitglieder eine Sonderbehandlung erfuhren. In seinem Reich musste sich jeder seine Privilegien verdienen. Sie waren kein Geburtsrecht.
Sie fuhr mit dem Aufzug in die oberste Etage, wo sie von der Empfangsdame durchgewinkt wurde. Der große Schreibtischvor der doppelflügeligen Tür, die zum Büro ihres Vaters führte, war unbesetzt, also klopfte sie einmal an und trat dann ein.
Jed Titan drehte sich um, als die Tür aufging. „Du wirst es nicht glauben“, knurrte er. „Ich glaube es ja selbst nicht. Verfluchter Hurensohn.“
Für seine dreiundsechzig Jahre sah Jed immer noch sehr gut aus. Er war ein stattlicher Mann, der mit seiner imposanten Ausstrahlung jeden Raum beherrschte, sogar wenn er so groß war wie ein Basketballfeld.
„Was ist denn passiert?“, fragte sie.
Er nahm eine Akte vom Tisch und ließ sie wieder fallen. „Doping. Doping! Das ist mehr als beleidigend. Das ist eine gottverdammte Unmöglichkeit. Glauben die denn, dass ich blöd bin?“
Lexi verstand nicht. „Sprichst du von deinen Rennpferden?“
Jed schritt an den Fenstern entlang, die vom Boden bis zur Decke reichten, und drehte sich dann wieder um. „Verdammt richtig. Wer betrügt denn, um zu gewinnen? Ich will auf ehrliche Art gewinnen.“
Das ist unmöglich, dachte Lexi. Jed passte gut auf seine Pferde auf. Sie lebten wie Könige in ihren luxuriösen Ställen. Es fehlte ihnen an nichts. Er würde niemals betrügen oder anderen erlauben zu betrügen. Er würde nicht gewinnen wollen, wenn auch nur der Verdacht auf Betrug bestand. Er würde jeden feuern, der anderer Ansicht war. Und vorher würde er ihn vermutlich windelweich schlagen.
„Was ist passiert?“, fragte sie.
„Gestern kam das Ergebnis einer Stichprobe zurück.“ Er wies mit dem Kopf auf den Ordner auf seinem Tisch. „Wenn ich herausfinde, wer das getan hat, werde ich ihn mit bloßen Händen in der Luft zerreißen. Ich werde dafür sorgen, dass es ihm leidtut, geboren worden zu sein.“ Er sah sie an. „Undweißt du, was das Schlimmste ist? Ich hatte Besuch von chinesischen Geschäftsleuten. Ich habe sie zu den Stallungen mitgenommen, um ihnen zu zeigen, wie es hier in Texas so zugeht. Ich wollte sie mit meinen schicken Pferden beeindrucken und mit unserem Zuchtprogramm. Und dann ist mitten in unsere Führung diese Nachricht geplatzt.“
Er fluchte wieder. „Alles ruiniert. Ich konnte kein Wort von dem verstehen, was sie gesagt haben, aber ich weiß, was sie meinten. Sie sind nicht daran interessiert, mit einem Betrüger Geschäfte zu machen. Mir ginge es genauso. Das Geschäft ist an Ort und Stelle geplatzt.“
Lexi gefiel das alles gar nicht. Das Timing war zu perfekt. Es kam ihr so vor, als hätte jemand das Geschäftstreffen ihres Vaters absichtlich vermasseln wollen. Oder witterte sie eine Verschwörung, wo es gar keine gab?
„Das tut mir leid“, sagte sie.
Er zuckte die Schultern. „So etwas passiert. Es macht mir nichts aus, wenn ich bei einer Sache zu Recht schlecht wegkomme, aber das hier … Wenn ich dem Ganzen auf den Grund komme, wird sich wer immer das getan hat wünschen, seine Mutter hätte ihn gleich nach der Geburt ertränkt.“
Er kam zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich. „Aber das ist wohl kaum der Grund für deinen Besuch, Lexi. Was kann ich für dich tun?“
Sie nahm den Ledersessel ihm gegenüber und hatte keine Ahnung, wie er auf ihre Neuigkeit reagieren würde. Er war nicht die Art von Vater, der seine Tochter in den Arm nahm und ihr alles Gute wünschte, also erwartete sie so etwas auch nicht. Eher rechnete sie damit, dass er einen Anfall bekäme. „Ich bin verlobt.“
Jed lehnte sich in seinem
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