Wer zuerst kommt, küsst zuerst
Nähe wappnen könnte.
Vielleicht sollte ich mit ihm reden, überlegte sie, als sie die Stufen zum Schlafzimmer hochging. Oder müsste sie einen anderen Weg finden?
Cruz brachte sein Geschäftsessen in Rekordzeit hinter sich, kaum fähig, sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren. Er musste die ganze Zeit an Lexi denken, in seinem Haus … in seinem Bett … wartend.
Er wollte sie. Obwohl er das schon lange wusste, hämmerte das Verlangen nun synchron zu seinem Herzschlag in seinem Schädel.
Er parkte in der Garage und eilte ins Haus, wo er zwei Stufen auf einmal nahm. Er ging den langen Flur hinunter und drückte die halb geöffnete Tür auf.
Lexi lag schon im Bett. Sein Blut begann zu brodeln und erschwerte ihm das Denken, als er ihre langen blonden Haare betrachtete und die Art, wie sie sich über ihre Abendlektüre beugte. Sie trug ein langärmliges T-Shirt, nicht gerade sexy. Aber sie brauchte auch keine Seide oder Spitze, um schön und erotisch zu sein. Sie war es ganz von allein.
Er konnte den Titel des Buches nicht sehen, aber es mussteein faszinierendes Werk sein, so wenig, wie sie ihn beachtete.
„Wie war dein Abend?“, fragte sie, ohne den Blick zu heben.
„Schön. Gut.“
Er wartete, dass sie ihm endlich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Er dachte darüber nach, durchs Zimmer zu gehen, sich über sie zu beugen und sie zu küssen, bis sie ihn nicht länger ignorieren konnte, aber irgendetwas hielt ihn zurück. Etwas Unbekanntes.
Unsicherheit.
Nun, da er sie hatte, wusste er nicht, was er mit ihr machen sollte. Darauf bestehen, dass sie ihn beachtete? Von ihr verlangen, dass sie mit ihm schlief? Das war noch nie sein Stil gewesen. Frauen waren einfach – genau wie die Worte oder Taten, mit denen er sie normalerweise bekam. Außer an diesem Abend.
Plötzlich war er wieder der arme Junge, der sich mit Schwindeleien seinen Weg durch eine Welt gebahnt hatte, die er nicht verstand, und dabei lieber den Aufschneider spielte, als irgendwem zu vertrauen.
Endlich sah sie ihn an und klappte das Buch zu. „Wolltest du, dass wir heute Abend Sex haben?“
Diese Frage hätte eigentlich den krönenden Abschluss seines Abends darstellen sollen, aber stattdessen verärgerte sie ihn. Es war Lexis Ton. Sie hätte ihn genauso gut fragen können, ob er noch eine Tasse Kaffee wollte. Der Service war im Preis enthalten. Von ihrer Seite aus bestand nicht das geringste Interesse.
„Ist okay“, fuhr sie fort. „Wir haben einen Deal. Ich glaube, deine genauen Worte waren ‚in meinem Bett‘.“ Sie wies auf den Platz neben sich. „Hier bin ich.“
Es war okay? Okay? Der Sex mit ihm war entschieden mehr als okay. Er bildete sich etwas darauf ein zu wissen, wieman eine Frau verführte, bis sie keine andere Wahl hatte als zu kapitulieren. Er war von seinen Fähigkeiten überzeugt. Mehr als überzeugt.
Geh und nimm sie dir, sagte er sich. Nimm dir, was dir gehört.
Aber er konnte nicht. In ihrem Blick lag etwas Kühles, Abwägendes. Etwas, das ihn dazu brachte, sich umzudrehen und zu gehen. Die erste Runde geht an sie, dacht er grimmig. Aber der Endsieg würde ihm gehören.
Lexi sah Cruz nach. Als sie wieder alleine war, atmete sie erleichtert auf. Anscheinend hatte er nicht bemerkt, wie stark sie gezittert hatte. Sie war wirklich erbärmlich, wenn es ums Bluffen ging.
An diesem Abend war sie noch mal davongekommen, aber wie lange würde ihre Glückssträhne anhalten? Cruz war ein Mann, der sich nicht einfach zurückweisen ließ, und sie war eine Frau, die sich danach sehnte, mit ihm zusammen zu sein. Das einzige Problem war die Stimme in ihrem Kopf, die sie unablässig warnte, dass der Sex mit ihm die Dinge für immer verändern könnte.
5. KAPITEL
D er Frühlingsnachmittag war kühl und klar. Es wehte kein Lüftchen, und der Klang der Pferdehufe rollte wie Donner durch die Landschaft. Lexi ritt neben ihrer Schwester, Skyes Tochter vor ihnen. In einem Alter, in dem die meisten Kinder noch auf Ponys saßen, ritt die siebenjährige Erin ihr Pferd mit einer Leichtigkeit, die von langen Stunden im Sattel zeugte. Sie kannte keine Angst. In ihrer momentanen Situation hätte Lexi ein bisschen von Erins Courage gebrauchen können.
Sie nahmen eine leichte Steigung und hielten dann an. Lexi ließ ihren Blick über das Land schweifen, das sich vor ihnen ausbreitete. Abgesehen von dem Cassidy-Anwesen, das sich im Westen erstreckte, war alles, was sie sah, Titan-Land.
Genau deshalb tun wir es, dachte sie,
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