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Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)

Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)

Titel: Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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wäre. Sie wünschte, er würde nicht so reden. Sie bekam davon Beklemmungen. Nicht nur, weil sie noch nicht bereit war, die Verantwortung für die Ranch zu übernehmen, sondern auch, weil sie sich nicht vorstellen wollte, wie es wäre, wenn ihr Daddy nicht mehr da wäre. Auf der Ranch. Seine Paint Horses züchtete. Und eine unleidliche Nervensäge wäre.
    Ihr Anker.
    Sie föhnte sich die Haare trocken und zog ein blaues Sommerkleid über ihren weißen BH mit dem passenden Slip. Vielleicht würde sie irgendwo anhalten und ihm Blumen kaufen, um sein Zimmer freundlicher zu gestalten. Auch wenn das nie eine Wirkung auf ihn zu haben schien.
    Als sie dabei war, sich großzügig die Wimpern zu tuschen, bis sie lang und üppig waren, klingelte das Telefon. Sie war keine Schönheitskönigin wie ihre Mama, legte aber besonderen Wert auf Haare und Wimpern.
    »Sadie Jo«, rief Clara Anne vom Fuße der Treppe nach ihr, »ein Anruf für dich. Die Reha-Klinik in Amarillo.«
    Sie legte ihre Mascara beiseite und lief über den Flur in ihr Schlafzimmer. Es war nicht so ungewöhnlich, dass sich einer der Ärzte ihres Vaters nach der Morgenvisite bei ihr meldete. »Hallo.« Sie setzte sich auf den Rand ihres ungemachten Bettes. »Sadie hier.«
    »Hier ist Dr. Morgan«, sagte der Facharzt für Geriatrie.
    »Hallo, Dr. Morgan. Wie geht es Daddy heute?«
    »Als die Schwester die Frühschicht antrat und nach ihm sehen wollte, war er leider nicht mehr ansprechbar.«
    Nicht mehr ansprechbar?
    »Es tut mir leid. Er weilt nicht mehr unter uns.«
    »Er ist weg? Wo ist er denn hin?«
    »Er ist verschieden.«
    Verschieden? »Was?«
    »Er ist zwischen drei Uhr morgens, als die Nachtschwester nach ihm sah, und sechs Uhr heute Morgen im Schlaf gestorben.«
    »Was?« Sie blinzelte und schluckte mühevoll. »Aber gestern hat er sich doch besser gefühlt.«
    »Es tut mir leid. Sind Sie allein? Haben Sie jemanden, der Sie heute zu uns in die Klinik fahren kann?«
    »Mein Daddy ist gestorben? Allein?«
    »Es tut mir leid. Die Todesursache erfahren wir erst nach der Autopsie, aber es war ein friedlicher Tod.«
    »Friedlich.« Ihr Gesicht kribbelte. Sie hatte kein Gefühl in den Händen, und ihr Brustkorb fühlte sich eng an. »Ich … Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll.« Was sollte sie bloß ohne ihren Vater machen?
    »Haben Sie Vorkehrungen getroffen?«
    »Wofür?«
    »Kommen Sie zu uns, und sprechen Sie mit jemandem von der Klinikleitung.«
    »Okay.« Sie stand auf. »Wiederhören.« Sie legte den Hörer auf das Telefon auf dem Nachttisch und starrte darauf. Poch-poch-poch hämmerte ihr Herz in ihrer Brust, in ihrem Kopf und in ihren Ohren. Sie schnappte sich ihre Flipflops und ihre Handtasche und lief über den Flur. Vorbei an der Wand mit den Hollowells. Der Arzt musste sich irren. Ihr Dad war gestern wieder ganz er selbst gewesen. Unleidlich und streitsüchtig. Wohlauf.
    Sie trat aus der Haustür und lief zum Wagen. Sie überlegte kurz, ob sie es Clara Anne sagen sollte. Clara Anne würde weinen. Carolynn auch. Alle würden weinen, und die Nachricht wäre schneller in Amarillo als sie selbst. Sie wollte es für sich behalten. Wenigstens noch ein Weilchen. Bis sie mit den Ärzten gesprochen hatte. Bis sie wusste … sie hatte keine Ahnung, was.
    Aus den Autolautsprechern plärrte Miranda Lambert, als sie den Motor anließ. Sie drehte die Musik leiser und fuhr nach Amarillo. Ihr Daddy konnte nicht tot sein. Hätte sie das nicht gewusst? Es nicht irgendwie gespürt? Wäre die Welt dann nicht verändert? Sähe sie nicht anders aus?
    Ihr Mund war ganz trocken, und sie trank einen Schluck aus dem Plastikbecher mit der abgestandenen Cola light in ihrem Getränkehalter. In ihren Ohren war ein seltsames hohes Summen. Als zirpten Zikaden in ihrem Kopf. Ihre Finger kribbelten, und sie fragte sich, wie es sein konnte, dass die Wildblumen am Straßenrand nicht welkten und eingingen wie sie innerlich.
    Sie fuhr durch Lovett und am Gas and Go vorbei. Vinces Truck parkte neben dem Bauschuttcontainer hinter dem Haus. Hatte sie ihn erst vor einer guten Stunde gesehen? In ihrer Küche? Beim Frühstück? Es schien länger her zu sein. Vielleicht eine Woche. Vielleicht ein ganzes Leben. Als ihr Leben noch in Ordnung gewesen war.
    Vorher.
    Bevor ihre Welt auseinanderbrach.
    Vince stöpselte die Kaffeemaschine in die Steckdose im Büro und drückte auf den Anschaltknopf. Der Großteil der Abrissarbeiten war erledigt, sodass er bald mit der Modernisierung beginnen

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