Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
du jemals verlobt?«
Sie schüttelte den Kopf und stellte die Flasche in den Getränkehalter. »Ich hab zwar Beziehungen gehabt, aber einen Ring angesteckt hat mir keiner.« Ihre Finger waren vor Unruhe ganz kribbelig, und sie trommelte auf der Konsole. »Ich gehe mit unnahbaren Männern aus wie mein Dad und versuche, sie dazu zu bewegen, mich zu lieben.«
»Hat dir das ein Seelenklempner weisgemacht?«
»Mike und Dr. Drew von Loveline .«
Er hatte zwar noch nie was von Loveline gehört, aber auch ihm hatte ein Seelenklempner erklärt, warum er vor Beziehungen davonlief. »Ich hab mich angeblich von tiefen Gefühlen abgekoppelt.« Er sah zu ihr und dann wieder auf die Straße. »Wurde mir zumindest gesagt.«
»Von einer Frau?«
»Genau. Einer Navy-Psychiaterin.« Er spürte ihren Blick auf sich. »Verdammt kluge Frau.«
»Und warum hast du dich von deinen Gefühlen abgekoppelt?«
Er war durchaus willens, sie abzulenken … aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Und dieser Punkt umfasste nicht, seine Gedanken oder seine Vergangenheit zu erforschen. »Es ist einfacher so.«
»Als was?«
Als mit Schuldgefühlen zu leben. »Haben Mark und Dr. Drew dir Tipps gegeben, wie du unnahbare Männer meiden kannst?«
»Sie haben mir Warnsignale genannt.«
»Hast du ihren Rat beherzigt?«
Sadie musterte Vince von der Seite. Sein markantes Kinn und seine Wangen waren mit dunklen Bartstoppeln übersät. Er hatte sich nicht rasiert, seit sie ihn heute Morgen gesehen hatte, schien aber immerhin geduscht und sich umgezogen zu haben. »Allein schon, dass ich mich in irgendeiner Weise mit dir abgebe, macht mir mehr als deutlich, dass ich nicht auf sie gehört habe.« Dicht unter der Oberfläche brodelten ihr Schmerz und ihre Trauer. Sehr dicht. Kurz davor hervorzubrechen, wenn sie es zuließe.
»Allerdings.«
Sie sah aus dem Fenster auf die staubigen texanischen Ebenen. Ihr Daddy war tot. Tot. Das konnte nicht sein. Er war zu streitsüchtig, um zu sterben.
In der nächsten halben Stunde kam Vince weiterhin ihrer Bitte nach zu reden. Er redete nicht ununterbrochen, nur hier und da eine Bemerkung über Texas oder Lovett. Jedes Mal, wenn das Schweigen sie nah an den Abgrund drängte, zog seine Stimme sie wieder zurück. Sie wusste nicht so recht, warum sie beim Gas and Go gehalten hatte. Sie hätte geradewegs nach Amarillo fahren können, aber seine starke, verlässliche Ausstrahlung tat ihr gut.
Am Krankenhaus angekommen spürte sie seine warme Hand im Kreuz, als er sie sanft durch die automatischen Türen schob. Er wartete mit der Schwester vor dem Zimmer ihres Vaters, während sie hineinging. Die Rudbeckien, die sie ihm neulich dagelassen hatte, standen auf dem Nachttisch neben seinen rutschsicheren Socken, die sie ihm bereitgelegt hatte. Jemand hatte ihm das Laken bis über die Brust seines Pyjamaoberteils gezogen. Seine alten Hände lagen an seinen Seiten, und seine Augen waren geschlossen.
»Daddy«, flüsterte sie. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Daddy«, sagte sie lauter, als könnte sie ihn aufwecken. Doch noch während sie das sagte, wusste sie, dass er nicht schlief. Sie trat einen Schritt näher zu ihm ans Bett. Er sah nicht aus, als ob er schliefe. Er sah eingefallen aus … tot. Sie schob die Finger in seine kalte Hand.
Ausgerechnet in dem Moment, als sie begann, ihn zu verstehen, war er gestorben.
Eine Träne und noch eine zweite liefen ihr über die Wangen. Sie schloss die Augen und schluckte den Schmerz herunter, bis ihr die Brust wehtat. »Tut mir leid, Daddy. Zwei sind mir entwischt«, stieß sie hervor. Er war ihr Anker gewesen, als sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie einen brauchte.
Sie zog die Hand aus der ihres Vaters und trocknete sich die Wangen mit einem Papiertaschentuch vom Nachtspind. Selbst in ihrem tiefen Schmerz konnte sie sich nicht selbst belügen. Er war kein perfekter Vater gewesen, genauso wenig wie sie die perfekte Tochter. Ihr Verhältnis war oft schwierig gewesen, aber sie liebte ihn. Liebte ihn mit einem tiefen, niederschmetternden Schmerz. Sie atmete tief durch. »Du hast dein Bestes gegeben.« Das verstand sie jetzt. Verstand es in Anbetracht seiner eigenen schwierigen Vergangenheit. »Es tut mir leid, dass ich nicht hier war, als du gestorben bist. Es tut mir leid, dass du alleine warst. Mir tun sehr viele Dinge leid.«
Sie küsste ihn auf die kalte Wange. Es gab keinen Grund, noch an seinem Bett zu bleiben. Er war nicht mehr da. »Ich hab dich lieb, Daddy.« Sie hatte
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