Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
bist du nicht tot. Alle haben die Beerdigung für einen sehr schlechten Scherz gehalten, den deine Stiefmutter aufgezogen hat.«
»Die Schlampe.«
Er warf mir im Rückspiegel einen Blick zu. »Äh, Betsy … in Wirklichkeit war sie nicht für deine Beerdigung verantwortlich, weißt du das denn nicht mehr? Das war deine Vertuschungsstory. Kannst du … ähm, vielleicht einmal Wahrheit und Lüge auseinanderhalten? Ist wahrscheinlich ein bisschen verzwickt, wenn man zwei verschiedene Zeitströme im Kopf hat.«
»Meinst du? Aber eigentlich traue ich dieser Ananas-Betonfrisur alles zu.«
»Es war die Story, die wir lanciert haben, anstatt publik zu machen, dass du dich wie ein Erdhörnchen hast überfahren lassen und als Königin der Untoten zurückgekehrt bist.«
»Na super, danke für die Reise auf der Erinnerungsstraße! Übrigens musst du wirklich unter Schlafmangel leiden, denn gerade hast du die Ausfahrt zum Revier verpasst.«
»Ja? Da hab ich wirklich nicht aufgepasst. Oder vielleicht hab ich mich auch ein wenig beruhigt und eingesehen, dass es möglicherweise ein Fehler war, dich zu verhaften.«
»Ein großer Fehler.«
»Oder vielleicht wollte ich dich nur von der Villa und den vielen Leuten fortbringen, die dort neuerdings herumhängen, dich irgendwohin bringen, wo weder Vampire noch Werwölfe uns belauschen können, um zu hören, ob du schon einen Plan hast. Denn das könnte auch mir helfen, dann weiß ich, was ich tun muss.« Wieder schaute er mich im Rückspiegel an. »Betsy, du weißt doch: Ich muss bei allem, was ich tue, zuerst an Jessica denken. Immer. Es tut mir leid. So ist es nun einmal. Sieh mal, ich weiß ja nicht, wie es dort mit Jess und mir war. Aber hier sind wir ein Herz und eine Seele.«
»Du Mistkerl. Bring mich bloß nicht dazu, dich zu mögen, weil du diese dämliche, unbequeme, unlogische und ärgerliche Aktion veranstaltet hast.«
Er lachte. »Hat es jemals jemand geschafft, dich zu etwas zu bringen, das du nicht wolltest?«
»Ich hab schlechte Nachrichten für dich, Kumpel. Ich hab keine Ahnung, was ich tun soll, okay? Ich weiß nur, dass jetzt Schluss ist mit dilettantischen Aktionen. Ich muss es nun auf die Königstour machen. Ich muss so viel Macht wie möglich ansammeln …«
»Ähm, Betsy …«
»… damit ich, wenn die Zeit gekommen ist, mächtig genug bin, um Sinclair zu retten. Und mich selbst! Und vielleicht noch Mom! Aber nicht Baby Jon, der übersteht das Ganze sowieso ziemlich gut.«
»Du … äh, erkennst möglicherweise den eingebauten Fehler nicht, der in deinem … äh …«
»Fantastischen Plan?«
Er blinzelte ein paarmal heftig, entweder, weil er etwas im Auge hatte oder weil er nicht in Tränen ausbrechen wollte. Oder weil er mich nicht anstarren wollte. (Ach, nein, er musste sich bloß mal wieder richtig ausschlafen.) »Dein Plan, keine skrupellose Diktatorin mit absoluter Macht zu werden, besteht also darin, so viel Macht wie möglich anzusammeln, koste es, was es wolle?«
»Nun ja.« Das erforderte noch einiges Nachdenken. »Okay, wenn du es so ausdrückst, hört es sich furchtbar an. Ich bin also im Arsch.«
»Könnte sein.«
»Na, so ein Pech auch! Ich kann aber das königliche Zepter nicht weiterreichen. Ich muss meine Aufgabe doch annehmen, oder nicht?« Zerstreut spielte ich mit der dünnen Kette, die meine Handschellen zusammenschloss. »Ich werde also skrupellos und mächtig, um Sinclair zu retten, aber aus demselben Grund vernichte ich ihn, wenn ich erst mal die Bienenkönigin und Herrscherin über die Eiswelt bin.« Ich zerrte an der Kette, und meine Gedanken rasten wie ein Hamster im Laufrad. »Herrgott, ist denn alles von vornherein umsonst? Soll das die Lektion sein, die ich hier lerne? Weil … ach, Scheiße!«
»Was ist?«
»Ich schulde dir ein neues Paar Handschellen.« Ich hielt meine Hände einen halben Meter auseinander und zeigte ihm die zerrissene Kette.
Dickie stöhnte verzweifelt und schlug mit dem Kopf so heftig aufs Lenkrad, dass die Hupe ertönte. »Weißt du überhaupt, wie viele Formulare ich ausfüllen muss, um neue zu bekommen?«
»’tschuldigung, Herr Detective, der unbedingt seine Vermieterin verhaften musste.«
»Pass auf, ich entlasse dich jetzt aus der Verwahrung. Du wärst sowieso fähig, in einer halben Sekunde aus der U-Haft auszubrechen!«
»Hab ich gar nicht nötig«, gab ich ihm arrogant zu verstehen. »Brauche bloß den Schließer zu becircen. Das wäre dann Plan B.«
»Und wie Plan A lautet, will ich
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