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Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Titel: Wer zweimal stirbt, ist laenger tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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nicht mal besonders gut.« Diesen Teil konnte sie nie erwähnen, ohne erstaunt zu wirken. »Was also sollen wir mit dieser zweiten Chance anfangen? Ist dir eigentlich klar, wie viele Menschen sterben und die Chance erhalten, wieder in die Welt zurückzukehren?«
    »Äh …« In dieser Woche? In diesem Monat? Im letzten Jahr? In zwanzig Jahren? In vierzig? Hundert?
    Antonia nickte. »Genau. Dumme Frage.«
    »Die meisten nicht«, warf Garrett ein. Er hatte gerade einen Karton mit Wollknäueln zugeklebt. Es war erst der sechste. Dieser Typ würde noch die ganze Welt mit Mützen-und-Schal-Kombinationen bestricken. Doch jeder Mensch braucht wohl Ziele. Garretts Ziel war es, eines Tages ein Garn-Universum zu beherrschen, was auch immer das sein sollte. »Aber wir sind ja nicht die meisten, deshalb …« Er zuckte mit den Schultern und machte sich daran, den nächsten Karton mit Klebeband zu umwinden. Wir nutzten die Küche als Packstation, denn der verfügbare Raum (mindestens so groß wie eine Restaurantküche) und die langen, hohen Arbeitsflächen waren ideal. Mir machte der längere Aufenthalt in der Küche ungeheuren Durst auf einen Blaubeer-Smoothie.
    Doch ich versuchte, diese Gelüste beiseitezulassen. Ich konnte Garretts Desinteresse an ihrem Reiseziel durchaus verstehen: Er hatte keine Ahnung, wo es hingehen sollte, und es war ihm auch vollkommen egal. Denn er war mit seiner Antonia zusammen. Das allein zählte, hatte immer gezählt. Alles darüber hinaus war lediglich Schlagsahne auf dem Eisbecher seines Lebens. Oder, keine Ahnung, die Fluse im Pullover seines Lebens.
    Ach, Jessas, es war zu spät. Sie hatten mich bereits mit ihren gruseligen Strick-Ritualen und ihrer Strick-Sprache angesteckt.
    »Ähm, was ich noch sagen wollte …« Zu meinem Erstaunen wirkte Antonia beinahe … verlegen? Antonia und verlegen? Das wüsste ich aber! Im letzten Frühjahr hatte sie sich aus Jux und Tollerei in unserem Vorgarten ausgezogen und mit dem Schlauch abgespritzt, während sie fröhlich allen vorbeifahrenden Schulbussen zugewinkt hatte.
    (Werwölfe sind echt schräg.)
    Also nicht verlegen. Aber was war dann mit ihr los?
    »Ich mag dich sehr, Betsy.«
    Was für eine Erleichterung! Ehrlich, manchmal wusste man nicht, woran man bei ihr war.
    »Und nach allem, was du für mich und die Meinen getan hast, schulde ich dir was. Nur gerade jetzt im Moment möchte ich gern eine Zeit lang woanders sein. Das verstehst du doch?«
    »Seltsamerweise ja«, erwiderte ich trocken. »Nächstes Mal hol einfach die Handpuppen raus! Dann schnall ich’s bestimmt schneller.«
    Sie verzog keine Miene, nicht einmal die Lippen, sondern behielt ihr Antonia-Pokerface bei. Ich wusste nicht, warum ich etwas anderes erwartet hatte. »Wenn ich bei euch bleiben würde, dann wäre ich verpflichtet, das Rudel über dein Tun und Treiben auf dem Laufenden zu halten. Ich wohne bei dir, ich helfe dir, und du hilfst mir, weil wir uns umeinander kümmern, aber trotzdem kann ich ich bleiben, und du bleibst du. Genau das ist es, was mir hier so gut gefällt. An unserem … äh … Zuhause.«
    Ich nickte, wobei ich hoffte, dass ich eine halbwegs intelligente Miene zur Schau trug. Zum Glück hatte Antonia Mitleid mit meiner Begriffsstutzigkeit (bestimmt brütete sie irgendeine Krankheit aus) und holte weiter aus: »Ich bin immer noch ein Mitglied des Rudels, du jedoch bist das nicht. Ich bin lebenslang auf ein Verhalten konditioniert worden und werde jetzt ganz bestimmt nicht damit anfangen, dieses Verhalten zu durchbrechen.«
    »Aber Michael, dieser Anführer-Typ …«
    »›Rudelführer‹ heißt das, du dumme Blondine, muss ich es dir erst in den Unterarm ritzen?«
    »Dieser Michael weiß, dass du lebst. Dass du wieder am Leben bist.«
    Sie nickte. Garrett hatte begonnen, die Kartons zu dem Umzugswagen zu schleppen, der vor dem Haus geparkt war. »Ja. Doch im Augenblick ist er der Einzige. Er würde es nicht mal seiner Frau erzählen. Er hat mir sein Wort darauf gegeben, und auf Michaels Wort kann man sich verlassen. Die anderen werden es mit der Zeit noch herausfinden. Vielleicht.«
    »Er gibt dir also die Erlaubnis, uns zu verlassen?« Ich war ein wenig überrascht, dass Michael Antonia nicht nach Cape Cod zurückbeordert hatte. Oder darauf bestand, dass sie bei uns blieb. Aber dass sie nicht zu ihrem Rudel wollte, überraschte mich keineswegs. Wir fanden Antonia ja nur nervig, ihr Rudel jedoch fürchtete sie geradezu. »Einfach so?«
    »Klar. Er weiß, dass ich

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