Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werben

Werben

Titel: Werben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Zimmermann
Vom Netzwerk:
breitbeinig gehen wie einen nordamerikanischen Viehtreiber, der mindestens zwei Wochen lang nonstop im Pferdesattel verbracht hat.
    Lehre Numero zwei B: Apotheken haben ärgerlicherweise erst ab Neun Uhr geöffnet und außerdem meist Angestellte, die in schallendes Gelächter ausbrechen bei dem Satz: »Ich hätte gerne eine Tube Brandsalbe!«
    Was soll ich machen? Ich sage der unverschämten Brillenschlange hinter der Theke schließlich, dass ich immer so gehen würde, weil ich die Cowboy-Nummer bei den Chippendales aufführe.
    Lehre Numero drei: Ist eigentlich gar keine, aber durch die heutige Großwetterlage kommt mir folgende poetische Zeile in den Sinn: Ein Regentropfen wäscht die gesamte Erde .
    Dieses Textfragment werde ich bald nutzen, um meinem Schienen-Schätzchen ein Gedicht zu widmen. Auch wenn ich mit Bedauern feststellen muss, dass Eva heute nicht im Waggon mit mir sitzt. So verbringe ich zwischen Nothberg und Eilendorf die ersten klaren Gedanken mit Sorge um sie. Nur leider nicht, weil ich so verrückt bin, einer völlig wildfremden Person gefällige Vornamen aus der Bibel zu verpassen, sondern weil ihr etwas Schreckliches passiert sein könnte: ein Autounfall, ein Reitunfall, eine plötzliche Heirat in Las Vegas oder vielleicht ein Unfall beim Umfallen?
    Meine Ankunft in Aachen nutze ich deshalb für stille Andacht, um im Geiste einige Kerzen anzuzünden und schiebe meinen heutigen Wahnsinn auf die schlechte Witterung.
    Die erste Person, die mir auf der Arbeit begegnet, ist einmal mehr Colonel Louis Scatman. Als er mir zum Gruß den rechten Arm entgegenstreckt und ich ihm das Pfötchen schüttele, empfinde ich anders wie gewöhnlich: Der arme Kerl hat die drei – sonst intakten – Finger seiner rechten Hand bandagiert.
    »Chab mich gästern mit Stichsäge verletzt«, lässt er mich wissen.
    Zumindest weiß ich nun, dass ich nie hauptberuflich ein Hausmeister – Verzeihung Haustechniker – werden will und dass Louis scheinbar wirklich kein guter Handwerker ist.
    In der Stille von Kabine Nummer sieben – meinem vertrauten Refugium – trage ich zunächst eine gehörige Portion Brandsalbe auf. Ich kann kaum glauben, dass das da unten mal mir gehört haben soll, bin aber zuversichtlich, Hot-Dog-Willi bald wieder genesen zu sehen.
    Zwischenzeitlich fällt es mir wieder wie Schuppen von den Augen: Heute ist Mittwoch – Tag des schlechten Scherzes . Dieser Tag, der unverdienterweise nicht zu den gesetzlichen Feiertagen gehört, war vor ungefähr elf Monaten von Jan und mir ins Leben gerufen worden.
    Dieser hatte es damals für absolut notwendig befunden, in meinem Desinfektionsmittel-Pump-Zerstäuber Sprühkleber abzufüllen. Erst seitdem benutze ich die handlichen Desinfektionstücher eines gewissen Hygiene-Weltkonzerns. Zudem trage ich nun bei jedem kleinen wie großen Geschäft mein mobiles Festnetztelefon mit mir. Denn nichts ist peinlicher, als dass der eigene Chef einem vom Thron helfen muss, weil man auf dem WC laut um Hilfe schreit und festhängt.
    In der Folge haben wir uns und den Kollegen allerhand lustige Sachen zugemutet. Als da wären …

Unsere Fotografen wunderten sich, dass der Rasierschaum, mit welchem bei Food-Aufnahmen Schlagsahne simuliert wird, durch Montageschaum ersetzt wurde.
Thomas aus der Buchhaltung war erstaunt, dass alle sonst schwarzen Zahlen in seinen Bilanzen rot ausgedruckt wurden. Praktisch, dass man den Toner einfach so wechseln kann! Schade nur, dass er wegen der getürkten Ausdrucke fast aus dem Fenster springen wollte, da er einen Börsencrash wie am Schwarzen Freitag kommen sah.
Lea, die bei Leerlauf öfters ihre Fußnägel lackiert und sich deswegen ihrer Schuhe entledigen muss, hatte es da schon besser. So hatte Moss Man ihr im Winter bei Minustemperaturen die Stiefel entwendet. Die Ärmste hätte fast ein Schicksal mit Reinhold Messner geteilt: natürlich abgefrorene Zehen und nicht die Bekanntschaft mit dem Dalai Lama.

    Da wir uns nicht weiterhin dem Groll der Kollegen aussetzen wollten, beschränkten Jan und ich uns künftig darauf, den Feiertag alleine zu begehen. Die anderen waren schlichtweg nicht traditionell genug veranlagt. Banausen …
    Nach dem Verlassen des Herrenklos führen mich meine Schritte somit in die Bildbearbeitungsabteilung zu Jans Arbeitsplatz. Leider habe ich meine Gasmaske vergessen. Beim Öffnen der Tür schlägt mir ein alter Nikotinmief entgegen, der mit dem Geruch der brennenden kuwaitischen Ölquellen nach dem ersten

Weitere Kostenlose Bücher