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ihrem nicht minder komplizierten Nachnamen sei sie nett, witzig und man könne gut mit ihr quatschen, tippt er mir über die Chatsoftware. Morgen, lässt er mich wissen, wolle er sie fragen, ob sie mit uns am Wochenende etwas trinken will. Ich erwidere, dass ich sie gerne kennenlernen würde und füge hinzu, dass der legendäre Slip-Perry auch mit von der Partie sein wird. Über diese Nachricht ist Chris sehr angetan, hat er doch zusammen mit Moss Man und mir den Plan geschmiedet, Perry mal mitzunehmen.
»Ciao, Alter. Bis zum Wochenende. Viel Glück mit Jasmin!«, tippe ich.
»Es muss funzen! Habe im Klamottengeschäft ihres Vaters für über 200 Euro Zeugs gekauft. Das Geld darf nicht falsch angelegt sein!«, antwortet er mir mit einem ironischen Emoticon am Ende seiner Zeilen.
»Oh Mann! Vielleicht klappt es ja auch bald mit Lea und mir. Dann sind wir nicht mehr gemeinsam einsam . Genug. Ab ins Bett. Bin müde!«, schreibe ich zurück und mache nach einem letzten Tschö das Touchscreenhandy aus.
Von meiner Göttin aus dem Pendlerzug weiß außer mir niemand. Irgendwie verhaltensgestört, aber noch kranker ist es, dass ich diese Frau noch nie angequatscht habe. Um – ähnlich wie Ben Kingsley – den Schein zu wahren, ist Lea meine halboffizielle Ersatzflamme .
Ich will gerade durch den großzügig angelegten zwei Meter langen Flur ins Schlafzimmer gehen, da klingelt das Telefon. Das Display zeigt sie an: Die Nummer meiner großen Schwester Birgit, die im belgischen Lüttich lebt.
Ich hebe ab: » Naaaa . Da freue ich mich aber. Wie geht’s?«
»Gut geht’s. Ich wollte kurz fragen, ob du Lust hast im Dezember mit Enki, der Kleinen und mir in die Schweiz zu fahren? Wir wollten uns dort Ersatz für den kleinen Felix holen.«
Nein, hier geht es nicht um eine verwerfliche illegale Adoption. Zur Info: Felix ist Birgits kürzlich entlaufener Bernhardiner … Berndhund … Benediktiner Hund … vergeblich, die Rasse kann sich keiner merken! Jedenfalls war er – ähem – geil und hat mit einer netten läufigen Pudeldame fernab der Heimat eine Familie gegründet.
»Aha. Und wollt ihr euch wieder so einen Ardennenhund holen?«
»Zum x-ten Mal. Felix ist ein Berner Sennenhund!«, tönt es aus dem Hörer.
»Ja, weiß ich doch. Also wollt ihr nun wieder so einen Berner Sehnenhund anschaffen?«
Ich höre ein resigniertes Seufzen am anderen Ende der Leitung. Sie gibt auf, lässt mich aber wissen, dass es in der Tat ein Vertreter dieser Vierbeinerrasse werden wird. Leider muss ich ihr mitteilen, dass ich im Dezember keine Zeit für einen gemeinsamen Urlaub haben werde, weil die Jungs und ich kurz darauf nach London fliegen wollten. Ein wenig enttäuscht wechselt sie das Thema.
»Und, was macht die Liebe, Bruderherz?«
»Super, Birgit. Echt! Gerade eben habe ich wieder eine Olle vor meiner Haustür verscheuchen müssen, die sich ihre Finger an der Tür wundgekratzt hat. Die Reste ihre künstlichen Nägel wollte ich morgen an ein Kosmetikstudio veräußern.«
Sie kichert und sagt trotzdem mit Mitleid in der Stimme: »Mensch. Eines Tages kommt bestimmt die Richtige. Ich kann dir ein Buch empfehlen. Someday Mrs. Right will come along – das hat einen voll positiven Vibe. Das schick’ ich dir. Da werden die besten Anmachtipps usw. beschrieben – der Schmöker könnte dein Leben verändern! Sag mal … ein anderes heikles Thema: Was ist eigentlich mit deiner Bewerbung für die Fachhochschule Köln – hast du die Unterlagen endlich eingereicht?«
Ich schweige und beginne, mit den Zähnen zu knirschen. Da erwischt sie neben dem Thema Frauen und meinem verbrühten Penis doch glatt die dritte wunde Stelle der letzten Jahre.
»Die Bewerbung? Die liegt ausgefüllt in meiner Schublade. Ich finde, dass sie dort sehr sicher ist … vor dem nächsten Atomgau.«
» Mon Dieu , was bist du aber auch für ein Faultier. Wenn du deinen Arsch nicht bald hochbekommst, werde ich vorbeikommen und dir genau in dieses Körperteil reintreten«, antwortet sie in einem enttäuscht und gleichzeitig verärgert klingendem Tonfall.
Ich bedanke mich für das Angebot und sage ihr, dass ich mich über ihren Besuch stets freuen würde, solange sie meinen Hintern in Ruhe lässt. Daraufhin beende ich unser Gespräch mit vielen Grüßen an Enki und meine kleine Nichte Filio. Weiteren unangenehmen Fragen gehe ich so geschickt aus dem Weg.
Birgit und ihr Mann Enki – ein in Belgrad geborener, aber in Paris aufgewachsener
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