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Titel: Werben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Zimmermann
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doppelten Erdumfang entfernt.
    Eigentlich sollte ich freiwillig eine Speichelprobe für einen DNA-Test bei der Polizei abgeben. Denn meine Nachbarn werden mich sicherlich der Gehörvergewaltigung bezichtigen, sollten sie zuhören.
    Ich könnte mir jedoch über Wikipedia ein wenig unnützes Wissen aneignen. Der Artikel des Tages , der auf der Startseite zu finden ist, hat schon so manches Mal meinen Horizont erweitert. Wer weiß schon, dass Io (auch Jupiter I genannt) der Innerste der vier großen Monde des Planeten Jupiters ist? Hätte ich das früher geahnt, wäre mein Leben bestimmt ganz anders verlaufen! Die Bedienungsanleitung eines russischen Atom-U-Boots wiegt übrigens vier Tonnen. Nur so als weitere Info am Rande.
    Wie gut, dass seit gestern endlich mein Internetanschluss funktioniert. Der schielende Telekomiker war sogar einigermaßen fähig. Bei meiner Wohnung in Düren musste nämlich damals ich dem Techniker zeigen, wie man mit einem 6er Bohrer ein Loch in die Wand macht.
    Der damalige Versuch, meine DSL-Apparaturen aufzuhängen, endete fatal: Ich hatte in ein Wasserrohr gebohrt.
    Da nicht der Subunternehmer der T-Com seine Pfoten am Schlagbohrer hatte, sondern ich, musste ich für den Schaden selbst aufkommen. Ärgerlich. Wie dem auch sei …
    Schnell an das Laptop gesetzt. Vor allem anderen werde ich zunächst meine E-Mails abfragen. Hoppla. Nach zwanzig Sekunden meldet mein Antivirenprogramm einen digitalen Grippeerreger in einer der Nachrichten.
    Absender ist ein gewisser Haddaway . War das nicht früher so ein One-Hit-Wonder? Schnell alles löschen. Hmmm. Schade nur, dass ich meine restlichen E-Mails erst gar nicht abfragen kann! Beim Runterladen bleibt die Mailsoftware ewig hängen? Die Sache muss anders angepackt werden.
    Das Webinterface von GMX bringt des Rätsels Lösung. Ein gewisser Dr. Alban bietet mir zwei Kilo Viagra-Pillen an und hat mir freundlicherweise eine eintausend Megabyte große Bilddatei an seine Nachricht gehängt. Das muss beim Download ewig dauern. Komisch nur, dass der Absender zwar den Namen des bekannten schwedischen Popmusikers trägt, die E-Mail aber mit Chris unterschrieben ist.
    Also dürften dies Chris und Moss Man gewesen sein? Die Herren wollen mir wohl Arges. Ich glaube, ich sollte mit ihnen über eine Allianz sprechen, um mit vereinten Kräften für die Sache des Humors zu kämpfen. Von meiner tollen Video-DVD ist bisher nicht die Rede gewesen – die beiden strafen mich offensichtlich mit Missachtung. Das versauert einem das Surfen im Internet.
    Es muss endlich eine andere Beschäftigung her. Die kühlen Temperaturen lassen freilich kein gemütliches Brutzeln in der Sonne zu. Aber eine warme Wolldecke in Kooperation mit meiner Hängematte sollten den Balkon zu einem erträglichen kleinen Garten Eden werden lassen.
    Und dann – Lesen. Auch eine gute Idee! Aber was?
    Wahllos greife ich in mein Bücherregal und hoffe etwas Passendes zu finden, das meiner schlechten Stimmung entgegenwirkt. Selbstredend nehme ich mir vor, alles zu lesen, was mir Kommissar Zufall in die Hände spielt.
    Aber der erste Band, den ich zwischen die Finger kriege, ist ausgerechnet Goethes Faust . Schwere unverdauliche Kost für einen freien Tag. Das Lotterieprinzip verwerfend entschließe ich mich dazu, nach langer Zeit an einem alten Projekt von mir weiterzuarbeiten. Einem Comic, der in circa zweitausend Jahren Teil meiner Bewerbungsmappe für den Fachbereich Design der Fachhochschule Köln werden soll.
    Just lege ich mich mit meinem Zeichenbrett und allen anderen nötigen Utensilien hin, da klingelt es an der Tür. Also wieder raus aus dem schaukelnden Bett einer Hafenhure.
    Der Türspion zeigt mir das freundliche Gesicht der jungen großgewachsenen Ehefrau von der Etage unter mir. Blonde Haare und ein leicht verhärmt aussehendes Äußeres zeigen sich mir bei näherer Betrachtung.
    Wie schön, sie hat dunkle Strähnen. Oder auch nicht? Könnte sein, dass die Dekade noch nicht um ist? Ein Bad würde Wunder wirken. Am besten in Salzsäure. Das Fett ihrer Haare könnte man prima zum Braten brauchen. Und dann diese Kleidung. Ist das Leinen oder Hanffaser? Irgendwie ein leichter Öko-Touch – typisch für meine neue Wohngegend. Unter dem Quietschen alter Scharniere schließe ich auf.
    Der Geruch von altem Schweiß schlägt mir entgegen.
    Die geöffnete Tür bringt noch ein zweites Persönchen zum Vorschein. Ungefähr achtzig Zentimeter tiefer erblicke ich den lieben Herrn Sohnemann. Name

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