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Titel: Werben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Zimmermann
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nicht finden. Meine Brille ist futsch.«
    Den PC verlassend trete ich an die Theke heran und mache nun das Klügste, was mir spontan einfällt. Elegant und ganz ohne Absicht trete ich gegen die unterste Apfelsinenkiste und erreiche so, dass das kartenhausähnliche Gebilde in sich zusammenfällt. Dabei gucke ich so unschuldig, wie nur der Fürst der Dunkelheit gucken kann.
    Wiktor und Vitali sehen plötzlich unerklärlicherweise böse aus. Mit Bestürzung stelle ich fest, dass Vitali ein sehr gutes Deutsch und Englisch spricht: »What have you done to our expensive furniture. You are gonna pay for this … Wiktor, wie viel muss der Trottel für das Internet bezahlen und wie viel für die Theke?«
    »Für das Internet popelige 1,50 Euro. Komm, wir ziehen den Dorftrottel ab. Das sichert uns die Ladenmiete. Von den Bierflaschen alleine gibt das sonst nix mehr. Sag ihm, die Theke sei teuer. Die gehörte schon Großmutter Maria«, zwinkert Wiktor seinem Vetter zu.
    »Listen. The table was a piece of our late grandmother Maria. 150 Euros to cover the damage!« Mit entschieden strengem Blick hält mir Vitali seine rechte Hand vor das Gesicht und reibt seinen Daumen an Zeige- und Mittelfinger.
    Nun ist wieder Improvisationstalent gefragt, wie früher in der wöchentlichen SAT.1-Show Schillerstraße . Also gebe ich eine passende Antwort.
    »Einhundertfünfzig Tacken für dieses Stück Scheiße? Ihr habt sie ja nimmer alle! Fünfzig Euro gebe ich euch. Mehr nicht!«, zeitgleich lasse ich gönnerisch einen Fünfzigeuroschein aus meiner Brieftasche auf den Boden flattern.
    Vitali und Wiktor starren sich an. Schneller als ich jemals für möglich gehalten hätte, fliehe ich aus dem Kiosk. Die beiden sind zwar schnell, aber Angst macht Beine. Ich flüchte in den Frankenberger Park.
    An die dreihundert Meter verfolgen mich die beiden wohl. Erst in der Nähe der Frankenburg komme ich zur Ruhe und verstecke mich hinter einem Gebüsch. Mit meinem Fernglas beobachte ich letztendlich, wie die zwei – nach langer Suche – verärgert von dannen gehen.
    Meinen Basisstützpunkt, ergo meine Wohnung, erreiche ich unter heftigen Anstrengungen, aber ohne Beschuss. Die Erzeugung einer Video-DVD mit dem sichergestellten Archivmaterial beschäftigt mich bis in die Nacht. Einer morgigen Versendung per Post an die Zielpersonen Chris Holler und Jan Nowak steht nichts im Wege.

Neunzehntes Kapitel

    Hirnsperma

    Einsamkeit ist kein Herdentier.
    Nur ganz allein ist sie froh.
    Doch: Sie braucht einen Begleiter.
    Dies bin ich … das unbärtige Arschgesicht.
    Dies bin ich … der unflätige Idiot.
    Eva ist wie Schnee im Frühjahr: geschmolzen.
    Und ein Regentropfen wäscht die gesamte Erde.

    Man sollte niemals die ersten Tage alleine in einer neuen sowie fast leeren Wohnung verbringen. Das Chaos, der Schmutz, die Irrungen (zum Beispiel beim nächtlichen Toilettengang das WC in der Küche zu suchen); eben all jene Dinge, auf die man liebend gerne verzichtet, treiben einen in den Wahnsinn. Gerade hat man sämtliche Dekorationsarbeiten zu Ende gebracht, erwischt man sich schon dabei, irgendwelchen Unsinn zu machen.
    Meine Gehversuche im Bereich der Lyrik sind ebenso fruchtlos, wie meine Langeweile durch noch mehr Langeweile zu bekämpfen. Partout will es mir nicht gelingen, die hervorragende Zeile mit dem Wort Regentropfen in ein Geflecht wundervollster Poesie einzubetten.
    Diese künstlerischen Ambitionen haben einen ernsten Hintergrund. Malte hat es über Jahre geschafft, Lea mit seinem geistigen Ejakulat zu beeindrucken. So viel ist mir nun bekannt: Mit seinem richtigen Samenerguss war es nicht weit her respektive dem Geschmack seines Körpersekrets. Lea sollte einem aber auch nicht alles erzählen! Solche Sachen will man nicht wissen. So nimmt es mir den Zauber des Unbekannten .
    Ein eigener Stil muss her. Die Kopie einer Witzfigur sollte nicht mein erklärtes Ziel sein.
    Aber Kunst an sich ist wenigstens ein guter Ansatz. Unter Umständen ist meiner Gitarre der ein oder andere wohlklingende Akkord zu entlocken. Vertonte Lyrik, also ein Song, könnte eher zu einem Hit werden.
    Nach rund zwei Jahren Musikpause ist aber auch dieser Traum recht schnell ausgeträumt. Virtuos ist nicht gerade eine passende Bezeichnung für meine eingerosteten Fingerfertigkeiten. Die Spieltechnik eines Dieter Bohlen ist gar besser als das, was ich nach zehn Minuten mit meiner Fender Stratocaster zustande bringe. Von den Fähigkeiten eines Jimi Hendrix bin ich gar einen

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