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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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war nicht hungrig. Sie war traurig.
    Aus dem Nebenraum ertönte der Klageschrei: »Tatte weg! Tatte weg!«
    Wondrak nahm Charlotte auf den Arm und ging mit ihr in die Richtung des Geschreis. Im Spielzimmer saß der Vierjährige auf dem Boden und plärrte, während seine Mutter den ganz Kleinen tröstete.
    Wondrak setzte Charlotte vor ihn hin. Charlotte stellte sich auf alle vier Beine und lief aus dem Raum, als würde sie etwas suchen. Vor der geschlossenen Haustür blieb sie stehen. Und maunzte.
    »Ich glaube, ich bringe jetzt besser die Kinder ins Bett. Und Sie Charlotte nach Hause. Aber danach kommen Sie gleich wieder, versprochen? Die Häppchen müssen weg!«
    »Okay, ich kann sowieso nichts stehen lassen. Sonst wird das Wetter schlecht und der Mord nicht aufgeklärt.«
    »Welcher Mord?«, fragte Marianne Thamm.
    »Ach, nur so eine Redensart von mir. Also, bis gleich.« Er packte Charlotte in den Katzenkorb, während ihm die Kinder, die sich wieder beruhigt hatten, zusahen. »So, jetzt gehen alle schlafen. Ihr geht in eure Betten. Und Charlotte geht in ihr Körbchen. Und wenn ihr wollt, kommt Charlotte wieder.«
    »Hier haben Sie den Schlüssel. Dann kommen Sie gleich leichter rein. Sagen wir, in einer halben Stunde? Dann müssten die Kinder schlafen.« Wondrak musste sie ziemlich entgeistert angesehen haben, denn sie setzte schmunzelnd nach: »Damit Sie nicht klingeln und die Kinder wecken.«
    »Hoffentlich begegne ich nicht Ihrem Mann, der muss ja denken, ich wäre der Hausfreund. Und ich bin nicht einmal bewaffnet!«
    »Keine Sorge«, lächelte sie, und für einen Moment schlug sie die Augen nieder, »der kommt später.«

     
    Wondrak und Charlotte radelten nach Hause. Es waren wirklich nur ein paar Minuten. Keine Entfernung, für die man ein Auto brauchte. Und kaum ein Rad. Zu Fuß in zehn Minuten zu schaffen. Für einen Menschen. Für Charlotte in drei Minuten. Warum war sie dann drei Wochen lang verschwunden gewesen? Er hatte gedacht, sie wäre mit einem Kater ans andere Ende der Stadt gelaufen. Oder in die Amper gefallen. In unerreichbarer Entfernung wieder an Land gekrochen. Trotz feinster Katzenspürsinne nicht mehr in der Lage, den Weg nach Hause zu finden. Aber dass sie in Rufweite gelebt hatte, das konnte Wondrak kaum glauben. Und warum wollte sie nun gar nicht mehr dort bleiben, wo sie eigentlich schon fest eingezogen war? Allein deshalb musste er wieder in die Kreativdirektorenvilla fahren. Und außerdem interessierte ihn, ob im Kühlschrank wirklich noch ein Teller mit Schnittchen auf den Ehemann wartete. Wondrak hatte da seine Zweifel.

     
    Charlotte war sichtlich froh, wieder zu Hause zu sein – welche Katze sitzt gern in einem Korb, mit dem sie nur den Arztbesuch verbindet. Nun war sie wieder in ihrem Reich, hüpfte auf die Kamelhaardecke, streckte sich einmal aus und rollte sich wieder ein.
    Noch 20 Minuten. Wondrak ging ins Bad und nahm sein Eau de Toilette in die Hand. Sollte niemand sagen, er würde sich keine Mühe geben.
    Aber war das gut? Sich von einer Ehefrau und Mutter von zwei Kindern verführen zu lassen? Und seine stillschweigende Zustimmung mit einem männlich-herben Duft zu geben? Aber wer redet denn da von › sich verführen lassen ‹ ?
    Das ist doch nur ein Zeichen der Wertschätzung, wenn man gut riecht.
    Vorher hast du auch nicht gut gerochen. Wertschätzung kommt aus dem, wie man sich gibt, nicht wie man riecht.
    Dieser kurze Gut-Böse-Diskurs von heute Nachmittag hatte bei Wondrak tiefere Spuren hinterlassen, als er gedacht hatte. Er drückte zweimal nur ganz kurz auf den Sprühknopf, und ein Hauch von feinstem Nebel legte sich auf seinen Hals. Sie würde bestimmt nichts merken und er fühlte sich so besser.
    Er sah in den Spiegel. Sollte er sich rasieren? Wenn er jetzt eine Verabredung hätte, würde er sicher seine Stoppel abmähen. Er hatte ja auch eine Verabredung. Oder nicht? Ach, war das alles kompliziert. Ein neues Hemd? Am besten alles so lassen. Er wollte ja nichts. Wenn jemand etwas wollte, dann sie, oder?
    Er schwang sich aufs Fahrrad und radelte wieder zurück zur Villa.
    Als er das Gartentor öffnen wollte und in seine Jackentasche fasste, fiel ihm der Schlüsselanhänger auf. Ein dickes, rotes Herz. Ganz leicht und ganz weich. Wie Marshmallows, nur wasserfest. Auf dem Weg vom Tor zur Eingangstüre drückte er es prüfend. Es leistete nur ganz wenig Widerstand und auch innen war kein harter elektronischer Kern, der auf Befehl ›I love you!‹ oder etwas

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