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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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übereignet, die Kirche geschlossen und verfallen, die Stallungen von Ratten bewohnt. Feuchte Gemäuer überall, deren bedrückender Muff an warmen Tagen bis zu Wondraks Fenster hinüberwehte.
    Und nun, gerade mal acht Sommer später, war der Ort wie verwandelt, er hatte seine alte Anziehungskraft wiedererlangt. Scharen von jungen Leuten an den Samstagabenden, ein bis auf den letzten Platz gefüllter Innenhof bei den Kino-Abenden und Musiker-Gastspiele, deren Namen von Jahr zu Jahr klangvoller wurden.

     
    Sie ließen sich auf der Holzterrasse nieder, die wie eine Insel in den Granitsee des weitläufigen Platzes hineingebaut war.
    Einer der beiden Wirte kam an den Tisch, um die Gäste zu begrüßen: »Herr Wondrak, welch seltenes Vergnügen!«
    »Ja, ich war zufällig hier in der Gegend, und da hab’ ich mich erinnert, hier war doch irgendwo dieser Fürstenfelder«, flachste Wondrak zurück. Er war mindestens jeden zweiten Tag hier. Einen Tag im Klosterstüberl, den anderen beim Fürstenfelder. »Auslastung ist alles!« Das wusste er von seiner Wiener Kaffeehaussippe, also tat er alles, um die gastronomischen Durchhänger zwischen den Großevents in den Klostersälen wenigstens ein bisschen abzufangen.
    »Darf ich Ihnen den Andreas Hofer vorstellen: Wenn einer eure verdammte Espressomaschine heilen kann, dann er!«
    »Das ist gut«, sagte der Wirt zu Andreas. »Seit vier Jahren versuche ich, Herrn Wondrak wenigstens eine Tasse Kaffee anzudrehen, bis heute hat er verweigert. Er sagt immer, unser Kaffee schmeckt nicht, aber in Wirklichkeit ist er nur zu geizig.«
    »Ihr wollt euch nur an mir bereichern«, stänkerte Wondrak zurück. »Du weißt ja, Andreas, dass ein Wirt nirgends so viel Geld verdient wie an einer Tasse Kaffee. Da nehm ich lieber eins von euren Bioschnitzeln, da zahlt ihr wenigstens drauf!«
      »Das stimmt, aber wenn Sie dazu noch einen G’spritzten Weißen nehmen, dann gleicht es sich wieder aus.« Wondrak brachte es nie über die Lippen, eine Weinschorle zu bestellen. Hartnäckig verlangte er überall, wo er hinkam, einen G’spritzten und siehe da, Menschen waren lernfähig. »Gut, dann lass ich das Bioschnitzel weg und nehme einen G’spritzten, aber den guten, gell! Wenn ihr mich schon ausrauben wollt, dann richtig.«
    »Für mich auch einen!«, entschied sich Andreas.
    »Bringe ich gleich. Und das mit dem Espresso klären wir danach.«
    Der G’spritzte kam, ein Körbchen mit frischem Bauernbrot wurde von der Bedienung dazugestellt, und Andreas ließ seinen Blick über die Klosteranlage schweifen, die barocke Kirche, die eleganten Wirtschaftsgebäude, die sich gegenüberstanden, als würden sie sich gegenseitig bestaunen.
    »Es macht mich immer ein bisschen verlegen, wenn etwas so offensichtlich gut ist. Man sieht es und hat danach keine Fragen mehr.«
    »Das stimmt. Das Gute tritt ja sonst nie so reinsortig auf, meistens ist es g’spritzt. Ein bisserl gut, ein bisserl schlecht«, sinnierte Wondrak, während er sein Weinglas betrachtete. »Das ganze Leben ist doch wie ein G’spritzter. 50 Prozent sind okay, der Rest ist Verdünnung. Oder?«
    »Bei mir sind es 50 Prozent Verdünnung, und der Rest ist Espresso.«
    Thomas und Andreas tranken und lachten.
    Noch ein bärtiger Mann spazierte vorbei. Der Stadtpfarrer Alois Weißenbacher kam aus der Klosterkirche und trat an den gut gelaunten Tisch. Mit einem »Alles klar, Herr Kommissar?« schüttelte er Wondrak die Hand.
    »Servus, Herr Pfarrer, was machst denn du in der Gegend?«
    »Ach, ich kann mich wieder nicht entscheiden, welche meine Hauptkirche und welche meine Nebenkirche ist.« Eigentlich war Weißenbachers Kirche die ungleich kleinere und schmucklosere Pfarrkirche von Sankt Magdalena. In der riesigen Klosterkirche feierte er nur zu besonderen Anlässen wie Taufen oder Hochzeiten einen Gottesdienst. Auch Wondrak hatte damals hier geheiratet, aber das war noch vor der Amtszeit von Weißenbacher gewesen. »Ich würde ja viel lieber meine ganze Gemeinde hierher verfrachten, aber meine Schäflein ziehen nicht mit. Die Brucker wollen in Bruck in die Kirche gehen. Und nicht in Fürstenfeld. Wenn man hier nicht geboren ist, kann man das nicht verstehen.«
    »Alois, darf ich dir den Andreas Hofer vorstellen? Andreas, das ist Pfarrer Alois Weißenbacher. Andreas ist mein persönlicher Berater in Espressofragen.«
    »Und ich dachte, nur wir Gottesdiener würden einen barocken Lebensstil pflegen. Staatsdiener machen das neuerdings auch?

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