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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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vorstellen, was Langer jetzt für einen Stand in der Agentur hat.« Tom lachte. »Dead man walking.« Es war nicht zu überhören, dass Tom darüber ganz und gar nicht unglücklich war.
    »Und die Nacht, in der Timos Pappen gekillt wurden, war das die Nacht, in der auch Selena gestorben ist?«, fragte Wondrak nach.
    Tom überlegte. »Ja, das kommt hin, am nächsten Tag ist Timo zu Hause geblieben. Er kam erst zum Sommerfest wieder in die Agentur. Und seitdem ist er unser Star.«
    Wondrak nahm von diesem Abend folgende Dinge mit nach Hause. Erstens: Marianne hatte das Essen für ihn wesentlich liebevoller zubereitet als für ihren Mann. Zweitens: Im Verzeichnis der Tötungsarten der Bayerischen Polizei fehlte ein Kapitel: Ferntötung.

     
    Zu Hause nahm er noch einmal die Zeitschrift in die Hand, um die Anzeige zu suchen. Er musste das Magazin nur einmal aufschlagen und hatte sie. Magisch. Auf wundersame Art lag sie offen da und erzählte ihre Geschichte in einem schwarzweißen Bild: ein Blick aus dem Wandschrank ins Schlafzimmer. Im Vordergrund steht ein sehr gut aussehender Mann Anfang 40 mit längerem, dunklem Haar und französischem Aussehen. Man sieht ihn nur bis zur Brust, er ist muskulös und trägt kein Hemd. Ein Agent? Ein Liebhaber? Es wirkt nicht so, als würde er sich verstecken, sondern zum Angriff ansetzen. Konzentriert blickt er hinaus, bereit zum Sprung. Durch die Lamellen erkennt man das Schlafzimmer. Alles ist modern eingerichtet. Doch der Mann, offensichtlich der Ehemann, der ins Schlafzimmer poltert, sieht aus wie ein Nazi. Kurz geschoren, blass, aufgedunsen, mit Hass im Blick steht er seiner schönen, blonden Frau gegenüber, die ihn kühl abweist. Über allem thront die Schlagzeile: ›Vive la Résistance!‹
    Und rechts unten die Abbildung des Parfum-Flacons.
    Auf seltsame Art fühlte sich Wondrak von dieser Anzeige angesprochen. So müsste Werbung immer sein, dachte er. Ganz klein, am Rand gekippt, sah er das Logo SCP, die Absenderzeile der Agentur.
    Da rutschte sein Blick über den Zeitschriftenstapel auf eine schreiend rote Prospektbeilage eines Polstermöbelgiganten, die die immergleichen hässlichen Sofas mit den immergleichen dummen Sprüchen garnieren: ›Das Supersparjahr: -30 Prozent auf alles!‹, brüllte ihm die Riesenschlagzeile entgegen. Und auch hier fand er klein daneben, am Rand gekippt, das Kürzel SCP.
    Da sieht man mal wieder, dachte Wondrak, wie nah Gut und Böse beisammen liegen. Wobei er in dem Moment wohl verdrängte, dass die Sitzecke, auf der er diese nicht besonders neue Erkenntnis formulierte, von genau diesem Möbelhaus stammte.

23. Hubert
    Seit Clara ihr Paket an Hubert geliefert hatte und ihm klar geworden war, dass seine Telefonfee ein ganz reales Leben führte, hatte er nicht mehr mit ihr telefoniert. Es war nicht so, dass ihr realer Anblick seine Fantasie gebremst hätte. Im Gegenteil. Aber er nutzte die Zeit nun nicht, um mit ihr erotische Reisen zu unternehmen, sondern um Pläne zu schmieden. Und um seine Spur zu verwischen. Im Internetbuchhandel bestellte er drei Wochen lang täglich ein Buch, und führte so lange darüber seine Aufzeichnungen, bis er die Dienstpläne von Clara kannte. Dann fuhr seine Nachbarin in die Ferien und bat ihn, ein Auge auf ihr Haus zu werfen. Das war das letzte Stückchen Raffinesse, das seinem Plan noch gefehlt hatte. In ihrem Namen bestellte er ein Paket an ihre Adresse.
    Am vereinbarten Tag, zur vereinbarten Zeit, stand Clara vor der Tür: »Sie werden es nicht glauben, Herr Wallberg, aber heute hab’ ich kein Paket für Sie. Sondern für Ihre Nachbarin. Aber die ist nicht da. Können Sie das für sie entgegennehmen?« Sie hatte in den letzten drei Wochen zehnmal an dieser Tür geklingelt, sie wusste, dass Hubert Wallberg Privatier war, und sich vormittags oft zu Hause aufhielt. Und seinen Namen hatte sie sich längst gemerkt. Ein freundlicher Kunde, immer zu einem Scherzchen bereit.
    »Ach, sind Sie sicher?«, fragte er nach. »Eigentlich erwarte ich eine Sendung. Schauen Sie doch bitte mal auf Ihrem Gerät nach, vielleicht liegt das Päckchen ja noch im Auto!«
    Für gute Kunden nimmt man sich die Zeit. Obwohl sie genau wusste, dass da nichts sein konnte, zeigte sie ihm das Kästchen: »Schauen Sie, so komme ich in die Übersicht meiner Lieferungen, das sind die Sendungen, die ich bereits ausgeliefert habe, und das sind die, die ich vor mir habe. Sind nur noch vier für heute. Im Auto liegen die Pakete nach Straßen

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