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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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Respekt, Wondrak.«

21. Ein Bart, ein Wort
    »Aber ich habe euch beim Lachen unterbrochen, wo wart ihr gerade?«
    Andreas machte eine weite Handbewegung durch die Klosteranlage. »Wir waren hier. Und haben festgestellt, dass das wirklich Schöne und das wirklich Gute nur ganz selten so in Reinkultur zu Tage tritt wie hier.«
    Weißenbacher nickte. »Siehst du, Wondrak, warum sagst du eigentlich nie solche g’scheiten Sachen? Weißt du, warum? Weil du keinen Bart hast. Nur ein Mann des Bartes ist ein Mann des Wortes.«
    »Willst du hier wirklich im Stehen predigen, Mann des Bartes? Setz dich doch zu uns.«
    Und schon stand der nächste G’spritzte auf dem Tisch.
    »Und, wie läuft’s in der Kaffeebranche?«, fragte Weißenbacher.
    »Also, mein Laden läuft gerade so, dass ich die Miete hereinbekomme. Aber ich mach’ das ja nicht wegen des Geldes. Ich bin Steuerberater, und was ich an den drei Tagen pro Woche verdiene, reicht mir völlig. Ich wollte endlich wieder etwas tun, zu dem ich mit Überzeugung ja sagen kann. Nicht immer nur diese Steuertricksereien, mit denen man einem Menschen hilft, und 80 Millionen schädigt. Sondern etwas, das ganz und gar gut ist. Und wenn es nur ein wirklich guter Espresso ist.«
    »Bravo«, sagte Weißenbacher. Man hätte es auch als Ironie deuten können, aber die Anerkennung in seiner Stimme war unüberhörbar. »Du bist auf dem richtigen Weg … Wollen wir beim Du bleiben, Andreas?«
    »Gern, Alois«, meinte Andreas. Und so stießen sie auf ihre neue Duz-Bruderschaft an.
    »Ich hab’ ja so einen Heidenrespekt vor unserem Mann Gottes, dass ich ihn zwar duze, aber ihn nicht beim Vornamen nennen kann. Also sag ich: du Herr Pfarrer.«
    »Einmal Ministrant, immer Ministrant, gell! Kannst aber auch ruhig Alois zu mir sagen«, ätzte Weißenbacher.
    »Wieso, du sagst doch auch Wondrak zu mir. Also kann ich auch › du Pfarrer ‹ sagen!«
    »Ich könnte beim Kampf für das Gute eure Verstärkung wirklich gut gebrauchen. Wondrak, du sagst ja gar nichts. Ach so, kein Bart, kein Wort, ich verstehe.«
    Wondrak räusperte sich: »Also – wenn hier einer auf der Seite der Guten steht, dann bin das wohl ich. Wer bringt denn die Bösen hinter Gitter, hm? Wer findet denn heraus, wer wann wen unter die Erde gebracht hat? Mein Bedarf, Gutes zu tun, wird durch meinen Beruf hinreichend gedeckt.«
    »Wondrak, Gutes zu tun ist ein Dienst an den Lebenden, nicht an den Toten.«
    Erst jetzt merkte Thomas Wondrak, dass es dem Pfarrer wirklich ernst war.

22. Ein weiches, leichtes Herz
    In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten die Münchener Künstler das süße Landleben entdeckt und sich an den Flüssen westlich von München angesiedelt. Entlang von Würm und Amper fanden sich eine Reihe preiswerter Grundstücke, die von den Bauern wegen der sauren Wiesen für wertlos gehalten wurden. Von der Sommerlaube aus Holz bis zum repräsentativen Landhaus reichte das architektonische Spektrum der Künstleranwesen. Ein Haus der eindeutig zweiten Kategorie verbarg sich hinter dem Klingelschild, auf dessen Knopf Wondrak nun drückte: ›Thamm‹.
    Eine Frau und zwei kleine Jungs öffneten die Tür der schönen Villa. »Hier ist die Ausreißerin«, schwenkte Wondrak den Katzenkorb. »Hoffentlich gefällt es ihr nicht allzu gut bei euch, ich möchte sie nachher nämlich wieder mitnehmen«, stellte er gleich zu Beginn klar, wie er sich den Verlauf der Begegnung vorstellte.
    Er trabte die sechs Stufen zum Eingang hoch. Die meisten alten Häuser hier hatten höher gelegene Wohnräume, weil die Amper in früheren Hochwasserzeiten doch ein ziemlich ausuferndes Temperament besaß.
    Vor dem Eingang, der von den drei Thamms immer noch blockiert wurde, stellte er den Katzenkorb ab und öffnete die Tür. Charlotte stieg maliziös heraus, die Kinder breiteten begeistert die Arme aus und brüllten: »Charly!«, oder: »Dali!«, oder etwas Ähnliches. Das, was Eineinhalbjährige und Vierjährige eben so brüllen. Charlotte nahm Anlauf und sprang zwischen ihren erwartungsvoll geöffneten Armen durch und lief über das Eichenparkett nach hinten ins Spielzimmer. Die Kinder tollten hinterher.
    »Schön, dass Sie gekommen sind«, begrüßte ihn Marianne Thamm. »Die Kinder konnten es gar nicht erwarten. Und ich, ehrlich gesagt, auch nicht!«
    Für einen Moment stutzte Wondrak über dieses Geständnis. Sollte die Vorfreude der Frau nicht der Katze gelten, sondern ihm? Wie kam er nur darauf? Weil er noch vor der Tür stand,

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