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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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leid, Wondrak.«
    »Was genau tut dir leid?«
    »Das mit dem Kaffeehausbullen.«
    »Wieso, das stimmt doch. Das muss dir nicht leid tun. Trotzdem danke, dass du anrufst. Das mit dem Erbsenzähler nehme ich aber nicht zurück. Korinthenkacker würde ich zurücknehmen, aber das habe ich ja nicht gesagt. Was? Du zeichnest die Rechnung ab? Gut, dann nehm’ ich den Erbsenzähler zurück. Ja, auch tschüss.« Wondrak legte auf. »Seht ihr, käuflich bin ich auch noch. Ich bin kein Kaffeehausbulle, ich bin der Kaffeesatz.«
    »Geh’, Thomas, für eine Midlife-Crisis bist du längst zu alt. Das glaubt dir keiner.«
    »Ach, keine Ahnung, was mir fehlt. Eine Frau? Ein besserer Job? Eine bessere Aufgabe? Ein besseres Leben?«
    Die drei Männer nickten betroffen, und nach einer kleinen Schweigeminute räusperte sich Pfarrer Weißenbacher. » › Mein Herz ist unruhig, bis es ruht in dir, o Herr, der du mich erschaffen hast ‹ , sagt Augustinus.«
    »Ja, die himmlische Ruh – du hast es gut. Du sitzt ja an der Quelle, Herr Pfarrer«, brummte Wondrak. »Am Quell aller Herrlichkeit.«
    Weißenbacher entgegnete darauf: »Ja, die Quelle sprudelt immer noch. Aber leider versickert sie einfach so zwischen den leeren Stuhlreihen in der Kirche. Da sitzen keine hungrigen Seelen mehr. Bruck ist eine Schlafstadt geworden. Eine Dornröschenstadt. Auch der Glaube schläft hier.«
    Andreas Hofer schaute die beiden an. »Also, darf ich das kurz zusammenfassen: Wir haben einen Kommissar in der verspäteten Midlife-Crisis, einen desillusionierten Seelsorger und einen Steuerberater, der an seiner Frühpensionierung arbeitet. Willkommen im Club.«
    »Was soll das für ein Club sein?«, fragte Wondrak.
    Wondrak und Weißenbacher blickten ihn herausfordernd an. »Der Club der Unrasierten. CDU«, sagte Hofer ungerührt.
    Mit einem Mal war die trübe Stimmung, die eben noch bleiern über den dreien gelegen hatte, wie weggeblasen.
    »Ja, das klingt gut, da bin ich dabei«, grinste Alois Weißenbacher.
    »Eigentlich«, sagte Wondrak und strich sich über sein Stoppelkinn, »wollte ich ja nie einem Club angehören, der mich als Mitglied aufnimmt. Aber für den CDU will ich eine Ausnahme machen.«
    Wondrak holte Zettel und Stift aus seiner Tasche und schrieb:

     
    ›CDU-Satzung.
    1. Wir sind für das Gute, vor allem für guten Kaffee.‹

     
    »2. Wir sind die Prinzen, die Fürstenfeldbruck aus dem Dornröschenschlaf holen«, ergänzte Weißenbacher.

     
    »3. Wir nehmen jeden Spaß ernst«, komplettierte Andreas Hofer den Wertekanon des Clubs.

     
    »Das ist besser als jedes Parteiprogramm. Ich trommle unsere drei Journalisten zusammen, morgen machen wir eine Pressekonferenz.« Thomas hatte Andreas noch nie so begeistert erlebt. Das Kind in ihm schlug gerade Purzelbäume vor Vergnügen. Wondrak klopfte ihm auf die Schulter. »Und weißt du, wem wir das alles zu verdanken haben, du Kindskopf? Deiner Wasserpumpe!«
    »Sag ich doch!«, lächelte Andreas zurück. »Das Wichtigste ist konstanter Druck. Und den haben wir jetzt!«

26. Anreisetag
    Die Villen des Würmtals ziehen im Morgengrauen vorbei. In der ersten Reihe, die näher an der S-Bahn-Trasse lag, standen die Häuser, die unter einer Million Euro zu haben waren. Timo kannte jedes einzelne von ihnen. Zumindest von außen. Traumhäuser, in einer traumhaften Hügellandschaft, die die Würmeiszeit hier geschaffen hatte. Als kleines Andenken hatte sie den Starnberger See und ihren Abfluss, die Würm, hinterlassen, die dem weiten, flachen Tal seinen Namen gab. Im Winter, wenn das Laub in den Bäumen fehlte, hatte man auch den Blick in die Reihen zwei und drei. Anders als im Theater waren die teureren Plätze weiter hinten. Die Grundstücke mit eigenem Pool und Tennisplatz. Die Architektenhäuser, die in Zeitschriften wie ›Atrium‹ zu bewundern waren. Die Anwesen mit Haupthaus, Nebengebäuden und Pferdestall.
    Doch irgendetwas störte die Idylle, die sich vor Timo im Morgennebel zwischen den Waldstreifen ausbreitete. Ein hässlicher Kratzer zog sich über das Bild. Auf der Scheibe der S-Bahn. Timo wich vom Fenster zurück und las eine Inschrift, die irgendein verwöhntes Wesen wahrscheinlich mit einem Diamantring in die Scheibe geritzt hatte: ›Das soll alles sein?‹.
    Und dann ging die Sonne auf und löste die Schrift in einem Gleißen auf.

     
    »Guten Morgen, Miriam. Ich bin mit Timo verabredet – Timo Stifter.«
    »Ah, Sie sind von – welcher Zeitung?«, fragte Miriam. Sie saß hinter

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