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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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Telefonsexpartner, aber ansonsten ist das keinem Menschen aufgefallen. Es schaut alles danach aus, dass die Frau in den letzten acht Jahren komplett vereinsamte.«
    Weißenbacher blickte zu Wondrak. »Sie wird gesucht, aber nicht vermisst. Ohne Diener und ohne Reich kann eine Königin nicht leben.«
    Wondrak kannte Weißenbacher nun bereits mehr als zehn Jahre. Aber so hatte es ihn noch nie erwischt. Das ungeklärte Schicksal von Clara ging ihm nahe. Er war direkt daran beteiligt. Und fühlte Schuld. Er hätte sich damals nicht so abrupt von ihr abwenden dürfen. In der Zeit der Trennung hätte auch sie Anspruch auf Trost gehabt. Aber er hatte nur darauf geachtet, dass Vater und Tochter dem Netz der Spinne entkamen. Und er selbst natürlich.
    Die beiden bremsten, und zum ersten Mal nannte Wondrak den Pfarrer bei seinem Vornamen. »Alois, lass uns umdrehen. Wir werden Clara Braunstätter finden. Sie wird leben. Und dann hast du noch genug Zeit, ihr einen Weg zurück in die Gemeinschaft zu zeigen.«
    Auf der Fahrt durch die hohen Wiesen zurück zum Kloster Fürstenfeld stand der Kirchturm da, als würde er ihnen den Weg leuchten. Schweigend traten sie in die Pedale, das Summen der Reifen mischte sich unter die Wiesengeräusche.
    An der Weggabelung nach Bruck machten sie halt. »Was anderes: Kennst du zufällig die Familie Artic? Kroaten, glaube ich«, fragte Wondrak.
    »Nein, der Name sagt mir nichts. Kommen die aus unserer kroatischen Partnerstadt, wie heißt die? Zadar?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nichts über die Familie, außer dass sie eine 20-jährige Tochter verloren haben. Vielleicht melden sie sich ja wegen der Beerdigung, lass es mich wissen.«
    »Das mach’ ich.« Und dann fügte Weißenbacher hinzu: »Danke, dass du mir zugehört hast. Dem Herrgott hab’ ich das natürlich längst erzählt, aber so von Mensch zu Mensch hat die Kommunikation doch gewisse Vorzüge.«
    Sie verabschiedeten sich mit einem gegenseitigen Schulterklopfen und fuhren in unterschiedlichen Richtungen davon.
    Wondrak schaltete in den höchsten Gang und ließ das Ritzel surren. Der Fahrtwind kühlte angenehm, er fragte sich, warum er das nicht öfter machte, da war er auch schon wieder vor dem Eingang zur Kriminalpolizei.
    Und nun wurde ihm auch klar, warum er das nicht öfter machte. Noch während er sein Fahrrad abschloss, begann er zu schwitzen. Der Fahrtwind fiel weg und sein Körper signalisierte Überhitzung. Sofort hinein, ins Kühle! Das war der Vorteil der 750 Jahre alten dicken Backsteinmauern. Was im Winter manchmal nervte, rettete Wondrak nun vor dem Hitzetod. Mit großen, dunklen Schweißflecken auf dem Hemd betrat er das Büro vom Kriminaldauerdienst.
    »Na, Verfolgungsjagd gemacht?«, spottete Sophie Stengler.
    »Viel schlimmer«, schnaufte Wondrak. »Sport!«
    »Wir haben uns in der Zwischenzeit auch abgestrampelt. Und wissen jetzt, dass Hubert Wallberg ein Stammkunde von Clara Braunstätter war. Bis vier Wochen vor der Entführung hat er mindestens dreimal die Woche mit ihr telefoniert. Der 0900er-Dienst hat uns vier Stunden Bandmaterial überspielt.«
    Wondrak schwitzte wie ein Hochofenarbeiter. »Oh Gott, und das muss ich mir jetzt anhören?«
    »So sieht’s aus – oder du übergibst das an Dollinger und Dillinger«, sagte Sophie mit ihrem ironischen Blick.
    »Na danke«, schüttelte Wondrak den Kopf, »die machen daraus ein hundertseitiges Tonbandprotokoll, dann höre ich mir das lieber selbst an.«
    »Ich komme mit«, sagte Sophie.
    Wondrak sah sie an: »Musst du aber nicht. Das letzte Mal war grenzwertig. Und dieses Mal wird es eher noch härter.«
    »Ich weiß«, sagte Sophie nur.
    Wondrak versuchte, in der Toilette seinen schweißnassen Oberkörper trockenzulegen, was ihm nur teilweise gelang. Außerdem hatte er nun den staubigen Geruch von billigen Papierhandtüchern am Körper. In seiner Schreibtischschublade lag noch eine Parfumprobe, er tupfte sich ein bisschen davon an den Hals, dann hatte er das Gefühl, wieder halbwegs zivilisationstauglich zu sein. Sophie kam in sein Zimmer, er sah, wie sie ihre Nasenflügel blähte und schnupperte, sie gab aber keinen Kommentar zu Wondraks olfaktorischen Versuchen ab. Sie legte eine CD in den mitgebrachten Gettoblaster, und dann ging es los. Sie hörten die rauchige Stimme von Clara Braunstätter, die sie mittlerweile so gut kannten.
    ›Wir sind beim Reiten. Zwei Stunden lang die Amper entlang Richtung Ammersee und zurück. Es ist heiß. Uns beiden ist heiß. Ich

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