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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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auf, »Küchenhandtücher, Klopapier, Dosenöffner, Kerzen, Sekundenkleber, Fahrradflickzeug …«
    »Meine Güte, wir fahren doch nicht durch die Sahara! Wenn wir wirklich etwas vergessen haben, können wir es doch unterwegs besorgen.«
    »Kauf mal abends um neun irgendwo am Waldrand einen Büchsenöffner!«
    Ich gab mich geschlagen und wollte dieses Instrument sofort und eigenfüßig ins Wohnmobil bringen. Ging aber nicht. Wir besitzen nur einen elektrischen, und der hängt an der Wand.
    »Ich leihe mir den von Sascha aus«, fiel Steffi ein, »die brauchen ihn sowieso nicht. Brokkoli mit Sahnesoße gibt es tiefgefroren.«
    Saschas Büchsenöffner war ein englisches Modell, nicht elektrisch, aber auch fest verankert. Wir fuhren schließlich ohne ab und kauften in Genf einen, der sechs Schweizer Franken kostete und vermutlich noch heute unter dem Mimosenstrauch südlich von Grenoble vor sich hinrostet.
    Um sechs hatten wir starten wollen, um sieben suchten wir noch immer den Autoschlüssel. Wie er in den Küchenschrank gekommen ist, wo ihn Sven so gegen halb neun endlich gefunden hatte, blieb auch eines der ungelösten Rätsel. Ich weiß aber ganz genau, daß Stefanie noch die Mondamin-Packung geholt hatte, weil »man das Zeug immer braucht«.
    Begleitet von den Segenswünschen der in Bademänteln aufgereihten Familie – bei den Nachbarn bewegten sich lediglich die Gardinen –, lancierte Steffi das unhandliche Gefährt im Rückwärtsgang ganz langsam aus der Einfahrt.
    »Geschafft!« sagte sie aufatmend (der Weg ist wirklich sehr schmal), und dann rumste es auch schon.
    »Scheiße! Die Laterne!«
    Hier ist vielleicht eine kurze Erklärung notwendig. Wie in jeder anständigen Straße stehen auch in unserer Laternen, sogar ganz moderne, die sich bei beginnender Dunkelheit von selbst einschalten. Wir können das immer bei heftigen Sommergewittern beobachten. Bei der Planung dieser Beleuchtungskörper hatte wohl ein gewissenhafter Architekt die Anzahl der vorgesehenen Laternen durch die Gesamtlänge der Straße geteilt und dann den jeweiligen Standpunkt ermittelt, wegen der Symmetrie und weil es natürlich besser aussieht, wenn alle Lampen gleich weit voneinander entfernt sind. Diesem Umstand ist es zu verdanken, daß der unsere Häuserreihe bescheinende Lichtmast genau dort steht, wo ein zurücksetzendes Auto dagegen fahren
muß,
sofern es nicht rechtzeitig einen Bogen schlägt. Anwohner sind trainiert genug, dieses Hindernis zu umrunden, Besucher werden vorher gewarnt, Paketzusteller und Bierlieferanten wissen aus Erfahrung Bescheid, sonstige Lkw-Fahrer landen regelmäßig an dem Pfahl. Wir sehen das immer sofort, weil der Mast dann noch ein bißchen schiefer steht als vorher. Früher hatte die Stadtverwaltung jedesmal gleich einen Reparaturtrupp geschickt, jetzt kommt höchstens ein Abgesandter und guckt nach, ob die Lampe noch brennt und auch nichts runterfallen kann. Beurteilt er die Sache positiv, müssen wir mit der schiefen Laterne leben, bis der nächste dagegenfährt und sie endgültig demoliert.
    Steffi stieg aus, umrundete den Wagen und kletterte wieder hinter das Steuer. »Nix passiert. An der Stoßstange ist nichts zu sehen, und die Glasschale fliegt frühestens beim nächstenmal runter. Machen wir also, daß wir endlich fortkommen.«
    Bis zur Grenze brauchten wir drei Stunden, dann mußten die Hunde einen Baum haben und das Wohnmobil eine Vignette für die Schweizer Autobahnen. Diese Ausgabe hatten wir nicht einkalkuliert, weil vergessen, also strichen wir das geplante Mittagessen mit Bündner Rauchfleisch und kauten statt dessen Butterbrot mit Salami. Die mußte sowieso alle werden, weil sie nicht mehr in den Mini-Kühlschrank paßte und während der Fahrt dreimal vom Geschirrschrank gerollt war, bis ich sie schließlich in die Spüle gestopft hatte.
    Nächster Haltepunkt war Lausanne von oben, näher heran kamen wir nicht, es sei denn, wir hätten die Autobahn verlassen. »Nach dem Wunsch deiner Urgroßmutter hätte ich irgendwo da unten meine letzten zwei Schuljahre verbringen müssen«, erzählte ich Steffi, »und wahrscheinlich hätte sie ihre Drohung sogar wahrgemacht, wäre nicht der Krieg dazwischengekommen. Hinterher konnte sie mit ihren Aktien aber bloß noch die Wände tapezieren. Statt in die Leuna-Werke hätte sie lieber bei Krupp investieren sollen.«
    »So’n Nobelinternat wäre doch gar nicht schlecht gewesen. Vielleicht hättest du da einen Grafensproß kennengelernt, geheiratet, und

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