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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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kosten würde, verwünschte Steffi, die uns diese ganze blöde Fahrt eingebrockt hatte – und kam erst wieder zu mir, als Beifall aufbrandete. Unser hilfsbereiter Mitmensch hatte es tatsächlich geschafft, das Wohnmobil ohne die kleinste Schramme um die Ecke zu setzen. Ein paar Schweißtropfen standen zwar auf seiner Stirn, doch er winkte nur ab, als ich ihm stotternd zu danken versuchte. »Mais où voulez-vous donc partir?«
    »Dans la Camargue«, antwortete ich zögernd.
    Er grinste nur. »Bon voyage. Mais là-bas au moins les rues sont plus larges.«
    Den letzten Satz hatte ich mal wieder nur akustisch verstanden. Seinen Sinn suchte ich mir im Wörterbuch zusammen, während wir noch den Gehsteig blockierten und darauf warteten, daß sich die hinter uns aufgestauten Wagen am Wohnmobil vorbeiquetschten. »Sehr überzeugt scheint unser Retter von deinen Fahrkünsten nicht zu sein.« Ich deponierte das Buch vor der Frontscheibe. Wir würden es wohl noch öfter brauchen. »Er hat uns gute Reise gewünscht und versichert, daß die Straßen in der Camargue viel breiter seien als hier.«
    »Hoffentlich«, sagte Steffi, »aber deinen Bildungsfimmel kannst du dir jetzt abschminken. Mich kriegst du jedenfalls mit dieser Karre in keine Stadt mehr rein!«
    Zunächst mal mußten wir aus eben dieser raus. Nur wie?
    »Ich kaufe jetzt einen Stadtplan«, entschied Steffi, als sie einen Parkplatz entdeckte, der ausnahmsweise mal nicht für Wohnmobile verboten war. Sie trabte ab, war jedoch gleich wieder da. »Gib mal das Wörterbuch! Oder weißt du, was Papiergeschäft heißt?«
    »Warte, ich komme mit. Die Hunde brauchen sowieso einen Auslauf.«
    »Und ich was zu essen.«
    Die Möglichkeiten, nachmittags um fünf eine warme Mahlzeit zu bekommen, sind für Ortsfremde begrenzt, und mit zwei Hunden an der Leine nahezu aussichtslos.
    Lediglich ein Pizzabäcker gewährte uns Zutritt zu seinem Kunststoffmobilar. Weil er sogar Spaghetti bolognese anzubieten hatte, wurde Steffi zusehends friedlicher. Nach zwei Portionen erwachte sogar ihr Unternehmungsgeist.
    »Jetzt bummeln wir noch ein bißchen durch die Stadt.«
    »Also doch van-Gogh-Museum?«
    »Wenn’s denn sein muß …«
    Ihre Toleranz wurde belohnt. Das Museum hatte geschlossen. Aber die Kathedrale St. Trophime konnten wir besichtigen, Krönungsort irgendeines mittelalterlichen deutschen Kaisers, doch welcher das gewesen war, konnte ich Steffi auch nicht sagen. Wir hatten einfach zu viele davon gehabt.
    Wenige Meter weiter der phantastische Kreuzgang des Klosters. Sogar Stefanie war beeindruckt. »Was ist das für ein Baustil?«
    »Romanisch«, sagte ich prompt. Vielleicht hat es ja gestimmt, doch ich bin nun mal kein Experte für römische Kapitelle und romanische Säulen, und bevor mich meine Tochter noch mehr in Verlegenheit bringen würde, schlug ich einen Standortwechsel vor. »Das Amphitheater müssen wir uns noch angucken.« Da konnte nicht viel passieren. Erbaut hatten es die Römer, und auf die genaue Jahreszahl würde sie bestimmt keinen Wert legen.
    Zunächst umrundeten wir das Bauwerk von außen, dann wollten wir hinein. »Meint du, daß sich die acht Mark Eintritt pro Person lohnen?« Mäßig interessiert lugte sie durch das Gitter (es stammte mit Sicherheit nicht aus der Römerzeit!). »Oben sehe ich Stufen und unten gar nichts.
    Glaubst du nicht, daß wir das Geld da drüben viel besser anlegen könnten?«
    »Da drüben« bedeutete die vielen bunten Tische und Stühle vor den beiden Straßencafes mit Sonnenschirmtupfern dazwischen und bevölkert von sommerlich gekleideten Passanten. Doch, ich konnte jetzt ebenfalls eine Pause vertragen, Kulturdenkmäler gehen in die Füße, besonders, wenn sie weit auseinanderliegen (nicht die Füße!). Die Hunde hatten auch keine Lust mehr zum Laufen, vor allem Otto nicht. Seine Mißachtung antiker Bauwerke hatte er sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, indem er mitten auf die große Treppe gepinkelt hatte. Bevor wir nach einem freien Tisch suchten, studierte ich die Getränkekarte. An jedem Sonnenschirm hing ein Exemplar, entgegenkommenderweise gleich in vier verschiedenen Sprachen. Deutsch war auch dabei. Café mit Eis sollte vermutlich Eiskaffee heißen, und wenn die Franzosen darunter das gleiche verstanden wie wir, sollte es mir recht sein. Ob es stimmte, haben wir nicht feststellen können. Wir hatten nämlich auf zwei blauen Stühlen Platz genommen, die zu einem anderen Café gehörten als die roten, und hier gab es nur Bier

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