Werden sie denn nie erwachsen?
wurde zunehmend steiler, das Unterholz dichter, und dann zog sich nur noch ein ausgetretener Pfad aufwärts. »Wo geht’s denn hier hin?«
»Woher soll ich das wissen? Aber wir sind nicht die ersten, die hier herumkraxeln. Da drüben liegt Zivilisationsmüll.« Ich zeigte auf die beiden leeren Bierdosen neben dem Mimosenstrauch.
Plötzlich hörten wir etwas! Zweige knackten, Jojo bellte, und dann war da noch ein nicht zu identifizierendes heiseres Geschrei. »Die sind irgendwo da oben!«
Steffi wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn, ich betupfte meine aufgeschrammten Beine mit Spucke.
»Irgendwas oder irgendwen haben sie in der Mangel. Na wartet bloß, ihr beiden! Ich stopfe euch zum Abkühlen in den Eisschrank!«
Wir keuchten weiter bergauf, und dann standen wir vor einem wunderhübschen Landhaus mit gepflegter Rasenfläche, Blumenbeeten und mittendrin – nein, nicht die Hunde, sondern ein Pfau, der gravitätisch vor dem Drahtzaun auf und ab schritt, wobei er merkwürdig kichernde Töne von sich gab. Unsere zwei Ausreißer versuchten mit allen Kräften, den Zaun zu zerbeißen oder zu überklettern, Otto hatte sogar schon einen Tunnel in Angriff genommen, doch als sie uns sahen, drehten sie ab und rasten genau den Weg zurück, den wir gerade heraufgestiegen waren. Dieses Wendemanöver war so schnell gegangen, daß wir immer noch verdutzt dastanden, als von den Hunden schon wieder nichts mehr zu sehen war.
»Laß sie laufen, unten kriegen wir sie«, murmelte Steffi, noch immer den Bungalow betrachtend. »Wie kommt dieses Haus hierher? Und vor allem, wie kommen die Bewohner hier rauf? Etwa über den Trampelpfad?«
»Ich nehme an, von der anderen Seite, das hier ist sicherlich bloß der Dienstboteneingang. Muß schön sein, so auf einem kleinen Berg zu wohnen mit unverbaubarem Blick und ohne Nachbar.«
»Ganz besonders bei Gewitter, oder wenn mal das Salz alle ist und die Kartoffeln auf dem Herd stehen.«
Der Herr mit der Glatze erwartete uns schon. Feuerrot leuchtete der Sonnenbrand auf seinem Schädel. »Eben sind hier zwei Hunde durch.«
»Warum haben Sie sie denn nicht festgehalten?« keuchte Steffi »Weiß ich denn, ob die bissig sind? Außerdem waren sie viel zu schnell.«
»Und wo sind sie jetzt hin?«
»In den Tunnel.«
»Na bravo«, sagte Steffi und rannte los. Ich hatte es nicht so eilig. Zum einen war ich wirklich etwas außer Puste, zum anderen ganz einfach feige. Nur zu genau konnte ich mir vorstellen, was jetzt drüben auf dem Campingplatz los war, wenn zwei wildgewordene Handfeger über das Gelände tobten. Die meisten Gäste saßen bestimmt schon beim Frühstück, entweder in ihren Zelten oder, wie wir immer, im Freien, und Klapptische haben nun mal nicht die gleiche Standfestigkeit wie solide Gartenmöbel.
Auf dem Platz herrschte Chaos. Anscheinend versuchte die halbe Belegschaft, die Hunde einzufangen, und die wiederum betrachteten den ganzen Auftrieb als herrliches Spiel. Die übrigen Vierbeiner, angebunden oder eingesperrt, untermalten die Treibjagd mit empörtem Gebell, denn sie hätten ja liebend gerne mitgespielt. Da ich es für sinnlos hielt, mich auch noch in das Getümmel zu stürzen, schlich ich mich außen herum zu unserem Wohnmobil und bezog dort Posten. Vielleicht erinnerte sich ja doch mal einer der beiden Ausreißer, wo sein Freßnapf stand.
Vorläufig sah es nicht so aus. Otto fegte zwar einmal mit hängender Zunge an mir vorbei, doch bevor ich zugreifen konnte, war er schon wieder weg und unter dem nächsten Wohnwagen verschwunden. Da legte er so lange eine Ruhepause ein, bis Steffi sich auf den Bauch schmiß und hinterherrobbte. Otto flitzte unter der Anhängerkupplung wieder hervor, sah sich kurz um, entdeckte zwischen seinen Verfolgern eine Lücke und wetzte durch. Zwei Männerköpfe knallten aneinander.
»Verdammte Töle!« schrie einer und rieb sich seine geschundene Stirn.
»Mistvieh, dämliches!« echote der andere. »Jetzt mache ich aber nicht mehr mit.«
Trotzdem hatte ich den Eindruck, daß den meisten Campern diese Treibjagd Spaß bereitete. Ernstlich böse war niemand, manche lachten sogar, andere erzählten sich gegenseitig Erlebnisse mit eigenen Vierbeinern, nur Frau Böblingen regte sich auf, weil ihr Mann nun kalten Kaffee trinken mußte. Dem schien das jedoch nichts auszumachen, er kam sogar zu mir herüber.
»Mit den beiden haben Sie sicher keine Langeweile?«
»Mir gehört ja nur einer, aber es stimmt schon, manchmal hält mich der
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