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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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täglich wiederholende Ritual.
    »Was glaubst du, ob die sich abends auch noch in den Smoking schmeißen?«
    Im Gegensatz zu uns, die wir jetzt sogar richtige Mahlzeiten kochten, pflegte Großbritannien auswärts zu speisen, aber jedesmal verpaßten wir die Abfahrt. Die Frage, ob Abendgarderobe oder nicht, blieb also offen.
    Unser diesseitiger Nachbar, allerdings durch zwei noch nicht besetzte Stellplätze getrennt, war der mit dem Gartenzaun. Die ihn überragenden künstlichen Blumen, alle dreißig Zentimeter in den Rasen gesteckt, bemerkte ich erst später. Nicht mal der Gartenzwerg fehlte; er stand gleich neben der Wohnwagentür und bewachte die dort abgestellten Hausschuhe, ohne die die »Villa Sonnenschein« nicht betreten werden durfte.
    »Wo kommen die eigentlich her?« Zur vermeintlichen Suche nach einem Papierkorb bewaffnete sich Steffi mit zwei leeren Konservendosen. Die wurde sie zwar nicht los, aber wenigstens war ihre Neugier befriedigt. »Dachte ich’s mir doch, das können nur Schwaben sein. Die sind aus BB.«
    Wenn Frau Böblingen nicht gerade ihren hausfraulichen Tätigkeiten nachging, also erst den Wohnwagen ausfegte, bevor sie den Boden wischte und die Fenster mit einem besonders imprägnierten Tuch putzte, dann saß sie in ihrem Garten und strickte. Das konnte sie, ohne hinsehen zu müssen, und deshalb entging ihren ständig umherschweifenden Blicken nichts, was sich in der unmittelbaren Umgebung tat. Und was sie selber nicht beobachtete, wurde ihr zugetragen, denn sie war sehr kommunikationsfreudig und sprach ungeniert jeden an, der an ihrem Zaun vorbeikam.
    Am ersten Abend war ich ihrer Aufmerksamkeit noch entgangen, am zweiten erwischte sie mich, als ich mit den Hunden zum Meer wollte. »Sie sind neu hier, nicht wahr? Ich habe Sie noch nie gesehen.«
    Ich bestätigte, daß wir erst seit gestern hier seien.
    »Sie kommen von der Bergstraße, habe ich gesehen.«
    Schon wollte ich protestieren, als mir einfiel, daß unser gepumptes Wohnmobil das Kennzeichen von Heppenheim trug, was Steffi bis zum letzten Tag mißfallen hatte. Nach ihrer Meinung können die Heppenheimer alle nicht Auto fahren, und überhaupt bedeute HP nichts anderes als Heil- und Pflegeanstalt und sei deshalb absolut zutreffend. Nur nicht auf sie selber. HN wie Heilbronn sei auch nicht gerade ein Aushängeschild für überdurchschnittliche Fähigkeiten am Steuer eines Automobils, doch immer noch besser als HP. Ich habe ihr schon mehrmals einen Umzug nach Köln oder München empfohlen.
    Nachdem die Frage unserer vermeintlichen Herkunft geklärt war, schürfte Frau Böblingen tiefer. Wer denn das junge Madie sei? So, meine Tochter? »Das habe ich mir schon beinahe gedacht. Ist sie auch Lehrerin?«
    »Nein, wieso denn?«
    »Wegen der Pfingstferien. Mein Mann ist Konrektor, deshalb sind wir um diese Zeit immer hier. Was macht denn Ihre Tochter?«
    Nein, das ging nun wirklich zu weit! »Sie ist Perlentaucherin, hat aber jetzt Urlaub, weil ihre zwei dressierten Delphine inzwischen auch allein arbeiten.« Ich nickte freundlich und ging weiter. Künftig nahm ich lieber einen Umweg in Kauf.
    Herr Böblingen war dagegen selten in seinem Garten anzutreffen. Um so öfter sah man ihn auf der Terrasse des Restaurants, das am entgegengesetzten Ende lag und selbst für die Argusaugen seiner Gattin nicht mehr einzusehen war. Nach Hause kam er eigentlich nur zum Essen und Abwaschen. Aus welchen Gründen er zum Spülen vergattert worden war, weiß ich nicht, doch wir sahen ihn dreimal täglich mit einem Plastikwännchen voll Geschirr zu den großen Spülbecken ziehen. Vorher band ihm seine Frau jedesmal eine grüne Schürze über die Shorts, und dann setzte für den Ärmsten ein regelrechtes Spießrutenlaufen ein, denn das allgemeine Grinsen konnte ihm trotz der niedergeschlagenen Augen kaum entgehen.
    Erst recht nicht die Kommentare: »Was haste denn ausgefressen, daß du immer die niederen Arbeiten verrichten mußt?« – »Machste det zu Hause ooch?« – »Mit Schürze siehst du gleich viel männlicher aus!«
    Geschirrspülen ist eine Tätigkeit, die ich noch mehr hasse als Fensterputzen, deshalb hatte sich auch immer Steffi der Sache angenommen, wenn wir uns das letzte Messer geteilt und mangels sauberer Tassen den Kaffee aus Wassergläsern getrunken hatten. Die Vorstellung, ich würde jemals freiwillig und auch noch mit einer wahren Begeisterung Töpfe abwaschen, war derart utopisch, daß es mir zu Hause niemand geglaubt hat. Es stimmte

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