Werden sie denn nie erwachsen?
kleine Besen ganz schön in Trab.«
Er seufzte. »Wenn es nach mir ginge, hätten wir schon längst einen Hund, am liebsten eine Dogge, aber meine Frau will keinen. Hunde machen zuviel Dreck, meint sie.
Dabei haben wir ein Haus mit einem großen Garten, und gleich dahinter beginnt der Wald. Besser könnte es ein Tier doch gar nicht haben, nicht wahr?«
Das bestätigte ich ihm. »Warum holen Sie sich nicht ganz einfach einen? Möglichst aus dem Tierheim. Diese armen abgelegten Viecher brauchen doch besonders viel Zuwendung.«
Unschlüssig wiegte er seinen Kopf hin und her. »Meinen Sie wirklich?«
»Natürlich. Wenn der Hund erst mal da ist und Ihre Frau nicht gerade ein Herz aus Stein hat, wird sie sich mit ein paar Fußstapfen auf dem Küchenboden schon abfinden.«
»Ob ich es mal versuchen soll?«
Wäre ich ehrlich gewesen, hätte ich ihm davon abgeraten, denn Frau Böblingen sah mir ganz danach aus, als ob sie ihr Herz eher an eine blankgewienerte Edelstahlspüle hängen würde als an einen Hund, doch mir tat der Mann einfach leid. »Ich an Ihrer Stelle …«
»Eeeedwiiin!«
»Ich komme ja schon«, rief Edwin und enteilte. Ich fürchte, auf den Besuch von Edwin wartet das Böblinger Tierheim noch heute.
Plötzlich waren die Hunde wieder da. Nachdem sich niemand mehr um sie kümmerte, hatten sie die Lust an der Herumjagerei verloren und kamen wedelnd angetrabt.
Keine Spur von schlechtem Gewissen, ganz im Gegenteil.
Beifallheischend standen sie vor mir. Immerhin hatten sie es ja geschafft, sich von niemandem einfangen zu lassen.
Steffi war weniger tolerant. Als ihre Schimpfkanonade anfing, einen bedauerlichen Mangel an Kinderstube zu offenbaren, schob ich sie in den Wagen und schloß die Tür. »Wenn wir es heute noch bis zur Grenze schaffen wollen, sollten wir allmählich mal abfahren.«
Die Frage, ob Autobahn oder Küstenstraße, war schnell geklärt. »Wenn ich schon mal an der Côte dAzur bin, will ich auch was davon haben«, entschied sie, ein Entschluß, den sie schon bald bereute. Nicht nur wegen der unzähligen Kurven, die ein Überholen von Tanklastwagen und Müllautos nahezu unmöglich machen, sondern wegen der verlorenen Illusionen. Zwar glitzerte das Meer immer noch so herrlich in der Sonne, wie es das seit Tausenden von Jahren tut, doch die Strande waren vollgeklatscht mit Cafés, Restaurants und nicht zuletzt mit Kassenhäuschen, in denen man erst seinen Obolus entrichten muß, um überhaupt den Strand betreten zu dürfen. Gab es wirklich mal eine freie Stelle, dann war sie ungepflegt und dreckig.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite Häuser ohne Ende – kleine, größere, Appartements, Pensionen, fast alle an die Berge geklebt, neben- und übereinander, dazwischen halbkahle Bäume, die ihrem baldigen Ende entgegenwelkten.
»Das sieht ja grauenvoll aus«, fand Steffi, »und ich habe immer geglaubt, ein Ferienhaus an der Côte d’Azur sei das Traumziel aller Reichgewordenen. Nee, danke, dann nehme ich lieber eins am Titisee. Hat sich hier wirklich mal der Geldadel angesiedelt?«
»Der wird wohl inzwischen auf die Bermudas oder nach Florida ausgewichen sein.«
»Wie gut, daß wir diese Probleme nicht haben. Ist es noch weit bis Cannes?«
»Nein, doch das umgehen wir lieber.«
»Kommt nicht in Frage! Einmal im Leben will ich auch über die Croiserte gefahren sein!«
Die berühmte Prachtstraße hat sie erst gar nicht gesehen.
Umleitung. Sie führte durch Häuserschluchten, die genauso ausschauten wie in Bremen oder Hannover. Erst später bekamen wir mit, daß ausgerechnet in jenen Tagen die Filmfestspiele stattfanden und die Strandpromenade für den Durchgangsverkehr gesperrt war. Dort parkten die Straßenkreuzer der Leinwandprominenz.
Nächstes Ziel Nizza. Nun hatte selbst Steffi genug von der ach so lieblichen Côte d’Azur, bog von der Küstenstraße ab und wählte eine Umgehung. Sie endete beim Flughafen. »Wie sind wir denn hierher gekommen?«
fragte sie verblüfft.
»Weiß ich nicht. Frag lieber, wie wir wieder rauskommen.« Es gab zwar eine Menge Hinweistafeln mit ausführlicher Beschriftung, doch in verkehrstechnischer Hinsicht erwies sich mein Wörterbuch wieder einmal als völlig unzureichend. »Fret steht überhaupt nicht drin. Jetzt bin ich mit meinem Latein wirklich am Ende.«
»Dann solltest du vielleicht mal Französisch lernen!«
Nun gehört Steffi nicht zu jenen Menschen, die nach einer längeren Irrfahrt die Nerven verlieren und in Tränen ausbrechen.
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