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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Kilometer hin und wieder zurück. Bei Wind und Wetter. Und mir hat das auch nicht geschadet.«
    Katja nickte nur. »Weißt du, Paps, je älter du wirst, desto weiter wird dein Schulweg. Im vorigen Jahr sind es noch sieben Kilometer gewesen.«
    »Na ja, im Winter mußte ich immer einen Umweg fahren, weil der Feldweg zugeschneit war«, verteidigte sich Rolf, »und wenn man die zusätzlichen Kilometer mit dem Jahresdurchschnitt …«
    »Ich glaub’s dir ja, Papi, aber hier gibt es bloß Landstraße, und da landest du als Radfahrer irgendwann als Kühlerfigur auf ’nem Daimler. Bernd ist erst neulich zehn Meter durch ein Maisfeld gefräst, weil ihn sonst so ein Midlife-Crisis-Geschoß aufgespießt hätte.« Und als sie seine fragende Miene sah, ergänzte sie: »’n Porsche.«
    Jedenfalls endete auch diese Debatte wieder mit einem Kompromiß. Katja würde die Ente nehmen und Nicki meinen Wagen, damit ihre Schwester am Nachmittag Ball spielen konnte.
    »Und was wird aus meinem Friseurtermin?« fragte ich zaghaft.
    »Na, die paar hundert Meter kannste doch zu Fuß gehen.«
    Als ich später den Tisch abräumte – die Zwillinge hatten sich wie üblich mit unaufschiebbaren Verpflichtungen entschuldigt –, sagte ich resignierend zu meinem zeitungslesenden Ehemann: »War das noch eine schöne Zeit, als die beiden im richtigen Alter waren.«
    »Wann soll denn das gewesen sein?«
    »Vor ein paar Monaten. Zu alt, um nachts zu schreien, aber zu jung, um sich meine Autoschlüssel zu krallen.«
    Wir hatten den Zwillingen ein Benzinkontingent ausgesetzt, das großzügig bemessen war und ihnen neben dem Schulweg noch kleinere Extratouren gestattete.
    Trotzdem reichte es nie. Taschengeld und gelegentliche Nebenverdienste wurden größtenteils in Treibstoff umgesetzt, damit sie in die Disko oder ins Kino fahren konnten. Vorher mußten sie aber noch Ulf und Mark und Svenja aufsammeln, die ihnen dafür den Eintritt bezahlten.
    Den wiederum hätten sie mühelos selbst aufbringen können, hätten sie nicht das Benzin gebraucht, um Ulf und Mark und Svenja abzuholen.
    Den ersten Strafzettel konnte Nicole noch abfangen, bevor er Rolf in die Hände fiel. Da die Ente auf seinen Namen lief, waren alle amtlichen Bescheide – Reparaturrechnungen inbegriffen – an ihn adressiert. Der nächste landete denn auch auf seinem Schreibtisch.
    »Wer hat am Siebzehnten das Auto auf einem Behindertenparkplatz abgestellt?«
    »Das war ich«, gab Katja sofort zu, »aber nur für fünf Minuten, weil ich …«
    »Bist du behindert?« donnerte ihr Vater.
    »Ja, geistig«, kommentierte Nicki halblaut.
    »Bist du behindert?« wiederholte Rolf.
    »Ich
war
behindert«, behauptete Katja prompt, »da hatte ich noch die beiden Finger in Gips.«
    »Dann hättest du sowieso nicht fahren dürfen«, tobte Rolf. »Hätte man dich erwischt, wäre nämlich
ich
drangewesen.«
    »Stimmt gar nicht, ich bin achtzehn und strafmündig.«
    »Schön, daß du das einsiehst. Dann bezahle gefälligst auch den Strafzettel.«
    »Mach ich ja. Gleich am nächsten Ersten.« Und dann, ziemlich kleinlaut: »Oder würdest du vielleicht … Du kannst es mir ja wieder vom Taschengeld abziehen.
    Danke.« Weg war sie, steckte aber noch einmal den Kopf durch die Tür. »Du mußt die Sache mal andersherum sehen, Paps. Wer sein Vaterland liebt, freut sich über ein Knöllchen. Es beweist doch, daß die öffentliche Verwaltung funktioniert.«
    Weihnachten kam und ging, und wir hatten noch immer nichts gefunden, womit wir unsere Töchter für das demnächst fällige und natürlich glänzende Abitur belohnen konnten. Rolf war ohnehin dagegen. »Wieso die?
Du
hättest eine Anerkennung verdient für dreizehn Jahre Nachhilfeunterricht, für Frustabbau, Seelentrost, für Chauffeurdienste, für … ach, das weißt du doch viel besser als ich.«
    »Großartige Idee«, sagte ich sofort, »und womit gedenkst du mich zu belohnen?«
    So genau festlegen wollte er sich nun auch wieder nicht.
    »Mal sehen, vielleicht ein paar Tage Berlin? Natürlich erst, wenn der ganze Rummel hier vorbei ist.«
    So allmählich warf »der Rummel« seine Schatten voraus. Vorzugsweise in Gestalt eines lang aufgeschossenen, bebrillten Jünglings namens Heiko, der jeden Nachmittag auftauchte und sofort mit Nicki in den oberen Gemächern verschwand.
    »Was treiben die da eigentlich?« erkundigte ich mich schließlich bei Katja, die den Knaben nur mit einem kurzen »Hü« zu begrüßen pflegte, um sich dann wieder ihrer jeweiligen

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