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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Anerkennung schuldig. Im Gegensatz zu dir haben sie ihr Abi schon beim ersten Anlauf geschafft!«
    Mit dieser Überlegung ließ ich ihn erst einmal allein. Ein Freund spontaner Entschlüsse ist Rolf noch nie gewesen.
    Am nächsten Vormittag führte mich mein Weg – rein zufällig natürlich – am Reisebüro vorbei. Fragen kostet bekanntlich nichts.
    »Wo ist es um diese Jahreszeit warm genug zum Baden?« erkundigte ich mich bei Frau Erlemann, die mir zwar schon des öfteren Flugtickets nach Berlin besorgt, aber noch niemals eine Urlaubsreise vermittelt hatte. Ich wußte also nicht, inwieweit sie als kompetent anzusehen war. Immerhin handelte es sich nur um ein sehr kleines Reisebüro, das in erster Linie Pauschalfahrten zu den Götz-Festspielen anbot und Omnibustouren in die nähere oder auch mal weitere Umgebung. Drei Tage Südtirol mit Unterkunft und Halbpension.
    »In Auschtralien«, lautete denn auch die prompte Antwort, »da ischäs fei jetzt Sommer.«
    »Ganz so weit muß es nun nicht gerade sein«, gab ich zurück. »Ich hatte eigentlich mehr an Südeuropa gedacht.«
    »No fahret Se doch auf Mallorca. Die Frau Hämmerle isch grad z’rückkomma ond war ganz begeischtert. Fei richtig warm isch’s g’wesa ond an Häuf a nette Leit. In der Hauptsach Deitsche, sogar welle aus Heilbronn.«
    Da Frau Erlemann offenbar voraussetzte, daß ich Frau Hämmerle kannte – wenn man seit zwanzig Jahren im selben Ort wohnt, hat man auch seine sechtausendundetwas Einwohner zu kennen –, erkundigte ich mich vorsichtig: »Welche Frau Hämmerle meinen Sie denn? Die alte oder die junge?«
    Das war zwar ein Schuß ins Blaue gewesen, doch er hatte getroffen. Ein so typisch schwäbischer Name mußte ganz einfach mehrmals vertreten sein.
    »Ha, die Alt natürlich. Mit dere schöne Pension von der Poscht ko ses sich doch leischte, zwoi Monat auf Mallorca zum fahre. Die Jung hot doch die zwoi Kinder, und’s dritte isch unterwegs. Bei dene langt’s net für en Urlaub.«
    Ich hatte also richtig gelegen. Es gab mindestens zwei mir unbekannte Frau Hämmerle.
    Frau Erlemann hatte aus den Tiefen ihres Schreibtisches einen schon reichlich mitgenommen aussehenden Katalog geholt und blätterte eifrig. »I woiß nemme, wie des Hotel g’heiße hot, aba wenn i des Foto seh, tat ich’s wiederkenna.«
    Nun gehörte Mallorca keineswegs zu meinen Traumzielen, und so fragte ich vorsichtshalber, wie alt denn die Frau Hämmerle jetzt sei.
    »I glaub, im Herbscht isch se zweiunachtzig g’worda.
    Oder sind’s doch scho dreiunachtzig?« Nachdenklich schob Frau Erlemann ihre Brille auf die Nasenspitze und sah mich an. »Noi, des ko net sei, na war’s ja so alt wie mei Schwiagamutter, und die isch älter. Aba über achtzig isch se g’wiß.« Die Brille wurde wieder auf ihren angestammten Platz gerückt, weil Frau Erlemann weiterblätterte. »Mei Neffe isch fei im Posaunenchor, ond da hat er damals mitgeblase beim Geburtstagsschdändle für die Frau Hämmerle. Do hot’s sogar an Sekt gegäbe hinterher. – Do, jetzt hab’ ich’s gffunda.«
    Sie schob den aufgeschlagenen Katalog über den Tisch und deutete auf die Abbildung eines Hauses mit Blumenrabatten davor und einem Kellner im Hintergrund, der freundlich in die Kamera lächelte. »Des sieht doch so richtig g’miatlich aus, gell? Ond alle Zimmer hin der Blick zum Meer.«
    Sie verstand gar nicht, weshalb ich plötzlich laut zu lachen anfing. »Ich stelle mir gerade meine beiden Töchter vor, wie sie sich am Strand von zwei betagten Herren über die verschiedenen Behandlungsmethoden von Arthritis oder Alterszucker aufklären lassen.«
    Erst stutzte sie einen Augenblick, dann nickte sie verstehend. »Ja so, die beide Madie kommet au mit? Hen die jetzt koi Schul’?«
    »Sie haben gerade ihr Abitur gemacht«, sagte ich stolz.
    Frau Erlemann staunte. »Sind sie au scho so weit?«
    Dann nickte sie nachdrücklich mit dem Kopf. »Des sieht mer ja bei Ihne, gell? Sie werde au net jünger.«
    »Zum Überwintern auf Mallorca fühle ich mich trotzdem noch nicht alt genug!« Meine Empörung mußte sie mir wohl angemerkt haben, denn sie winkte sofort ab.
    »So hab i des riet g’moint. I wollt bloß sage, daß i die Zwilling scho kennt hab’, wie se no mit ihr’m Dreirädle romg’fahre sind. Mit dene zwoi müsset Se im Sommer auf Mallorca fahre, wenn do ebbes los isch. Jetzt täten se sich ja zom Tod langweila.«
    »Eben. Und baden kann man auch noch nicht. Also streichen wir die Balearen. Wie warm ist

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