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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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der idealen Frau ist. Gute Nacht.«

17
    »Wenn wir heute bis Grenoble kommen, können wir morgen früh gleich auf die Autobahn, und mit etwas Glück und ohne Stau sind wir nachmittags zu Hause.
    Hoffentlich sind die Zwillinge da.«
    »Warum?« Ich ließ den letzten Honig auf das halbtrockene Baguette tropfen – Marmelade war auch schon alle – und goß mir die zweite Tasse Tee ein, obwohl ich morgens gar keinen mag. Nicht mal meckern durfte ich, denn die Vorratshaltung fiel in den Bereich Küche, und beim letzten Einkauf hatte ich den Kaffee schlicht vergessen.
    »Die müssen beim Großreinemachen helfen«, antwortete Steffi kauend. »Sag mal, haben wir noch irgendwas, womit man dieses trockne Zeug gleitfähiger machen kann? Leberwurst in der Dose zum Beispiel?«
    »Nein, bloß noch Ölsardinen.«
    »Morgens um sieben? Nein, danke. Du hättest eben doch zum Bäcker gehen sollen.«
    »Wollte ich, aber du hast selbst gesagt, daß dazu keine Zeit …«
    »Ist schon gut«, sagte sie abwinkend, »auf nüchternen Magen soll man ja nicht soviel essen.«
    Darauf wollte ich mich jedoch nicht verlassen. Eine nur ungenügend abgefütterte Stefanie könnte sich verkehrsgefährdend auswirken. »Beim nächsten Boulanger halten wir.«
    »Ein Bäcker wäre mir lieber. Ich habe richtigen Heißhunger auf ein knuspriges Laugenbrötchen.«
    »Und ich auf eine Scheibe Vollkornbrot mit Emmentaler.«
    Nach diesem Ausbruch niederer Instinkte zerkrümelten wir das restliche Baguette für die Vögel, sattelten unsere neunzig Pferde und machten uns wieder auf den Weg. Die grünen Witwen waren entweder noch nicht aufgestanden oder anderweitig beschäftigt, wir sahen keine einzige, und die vielen Hunde mußten sich gestern wohl heiser gebellt haben. Nur der Yorkshire krächzte einen Abschiedsgruß.
    Kleine Dörfer, größere Dörfer, in jedem mindestens eine Töpferei und zwei Antiquitätengeschäfte. Jeder Stuhl, den Opa auf seinem Dachboden ausgegraben hat, schien plötzlich um Jahrzehnte gealtert und somit eine Antiquität geworden zu sein.
    Steffi entdeckte noch eine andere Merkwürdigkeit. »Ist dir schon mal aufgefallen, Määm, daß es in jedem zweiten Nest ein Geschäft gibt, das Schwimmbäder verkauft?«
    Darauf hatte ich noch nicht geachtet, doch es erschien mir irgendwie logisch. »Das Meer ist weit weg, Seen gibt es auch nicht, und wenn, sind sie eisgekühlt, also setzt sich jeder seinen eigenen Pool in den Garten.«
    »Vier Quadratmeter Badewanne würde ich nicht gerade als Pool bezeichnen.«
    »Bei dreißig Grad im Schatten immer noch besser als eine behelfsmäßige Brause aus ’m Gartenschlauch.«
    Mittags erreichten wir Gap. Wider Erwarten hatte Steffi nichts gegen eine Pause einzuwenden, sie war sogar bereit, das centre ville anzusteuern, was Innenstadt und brodelnden Verkehr bedeutete.
    »Gap ist auch ein Überbleibsel von den Römern, kam im 9. Jahrhundert zum Königreich Burgund und war später ein Zentrum der französischen Refor …«
    »Da drüben ist eine Pizzeria!«
    »… mation«, beendete ich den Satz, mußte jedoch einsehen, daß sich meine Tochter mehr für die Neuzeit interessierte. »Am besten hole ich gleich vier Stück, die schmecken auch kalt.«
    »Ich will keine
Pizza,
ich will etwas Vernünftiges essen.«
    Wir fanden ein Restaurant, das recht vielversprechend aussah, obwohl mich die Speisekarte hätte mißtrauisch machen müssen. »Rippele mit sauren Kraut« klang überhaupt nicht französisch, und was ich unter »sauren Braten« zu verstehen hatte, wollte ich erst gar nicht wissen.
    »Wir scheinen in einer Touristen-Hochburg gelandet zu sein.« Steffi zeigte auf etwas in der Karte. »Ich esse das.«
    »Laß das lieber bleiben! Bouillabaisse ißt man unten an der Küste und nicht mitten in den Bergen. Ganz abgesehen davon kann ich mir nicht vorstellen, daß dir Fischsuppe schmeckt.«
    »Iiihhh«, kam es entsetzt zurück, »ich dachte, das ist irgendwas mit Knödeln.«
    »Die heißen hier Boulettes.«
    »Dämliche Sprache!«
    Wie kommt es eigentlich, daß die am Nebentisch servierten Gerichte immer besser aussehen als das, was man selbst bestellt hat? Der Herr nebenan schmatzte zufrieden über seinem Eintopf, wir kauten mit langen Zähnen unsere als Steaks deklarierten Schnitzel. »Die Bohnen sind aus der Dose«, meckerte Steffi.
    »Und die Kartoffeln vom vorigen Jahr.«
    Wenigstens wurden wir satt. Anschließend gestattete mir Steffi sogar einen Bummel durch die umliegenden Straßen. »Bis Grenoble

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