Werden sie denn nie erwachsen?
hatten. Auffallend viele trugen maßgeschneiderte Safarianzüge mit farblich passenden Tropenhelmen.
»Nu sieh dir
die
an«, flüsterte Katja, auf eine aber schon sehr bejahrte Greisin deutend, die von zwei Stewards die Gangway herabgeführt und zu dem am nächsten stehenden Safariwagen geleitet wurde, »kann keinen Schritt mehr alleine gehen, muß aber alles mitmachen.«
»Ja, es ist schon schlimm, wenn die Knochen älter sind als das Gesicht«, bestätigte Nicki, während sie die dürre Gestalt musterte, die sich mühsam die Gangway heruntertastete. Sie steckte in grellrosa Shorts sowie einem grünen Top, trug an den Füßen Glitzersandalen und auf dem Kopf einen blumengeschmückten Strohhut, allerdings nur in Form einer Krempe, aus deren Mitte spärliche weißblond gefärbte Haare ragten. »Hinten Lyzeum und vorne Museum«, konstatierte Nicki mitleidlos. »Wie kann man sich nur so zum Gespött der Leute machen?«
»Oh, Jonathan, look at this elephant! Isn’t it marvellous?« Eine ebenfalls auf Teenager getrimmte Sechzigerin schoß auf unseren netten Offizier zu. Unter den Arm hatte sie einen riesigen Elefanten geklemmt, den sie jetzt stolz präsentierte. »I only paid five hundred dollars, that’s really cheap, isn’t it?«
»Hab’ ich das richtig verstanden?« wisperte Katja. »Hat die wirklich fünfhundert Dollar für das Vieh gelöhnt?«
Mir erschien das auch ein bißchen happig, denn in unserer hoteleigenen Boutique war eine ähnlich große Schnitzerei mit zweitausendfünfhundert Shilling ausgezeichnet, was einem Gegenwert von etwa dreihundertzwanzig Mark oder maximal zweihundert Dollar entsprach. Sogar der Offizier wiegte zweifelnd seinen Kopf.
»Oh dear, it’s ebony«, zwitscherte die Dame, bevor sie im Schiff verschwand, um ihren soeben erworbenen Schatz in Sicherheil zu bringen.
»Jetzt hat sie sich das Viech auch noch als Ebenholz andrehen lassen«, feixte Katja. »Der Bursche, dem das gelungen ist, hat das Geschäft seines Lebens gemacht.«
Mit einer Umsatzsteigerung rechneten offenbar sämtliche Souvenirhändler Mombasas. Jenseits des kleinen Kanals hatten sie improvisierte Stände aufgebaut, mit einem reichhaltigen Angebot von Kitsch und Krempel bestückt, Preisabsprachen getroffen, und nun warteten sie auf Kundschaft. Lange würden sie bestimmt nicht warten müssen. Speziell Amerikaner haben eine mir unbegreifliche Vorliebe für als Souvenirs deklarierte Geschmacklosigkeiten.
In Jonathans Walkie-talkie piepste es, dann quäkte eine Stimme Unverständliches. Jonathan musterte uns drei von oben bis unten, lachte und gab eine genaue Personenbeschreibung von uns durch. »Sascha is coming«, sagte er, den Rest verstand ich nicht.
Nie wieder habe ich ein so ungläubiges, verdattertes und – pardon! – dämliches Gesicht gesehen wie das meines Sohnes, als er die Gangway herunterlief. »Wie kommt
ihr
denn hierher?«
»Mit ’m Taxi«, sagte Katja lakonisch.
»Dumme Schnepfe! Ich meine doch, wie kommt ihr nach Mombasa?«
»Mit ’m Bus.«
Die beiden standen sich schon wieder wie Kampfhähne gegenüber. »Wir machen Urlaub«, erklärte ich, »und …«
»Deinetwegen sind wir jedenfalls nicht nach Kenia geflogen«, unterbrach mich Katja, »reiner Zufall, daß euer Schiffchen gerade hier ist. Kann man da mal rauf?«
»Das wird schwierig.« Fragend sah Sascha zu Jonathan hinüber, der unser Wiedersehen mit großem Interesse verfolgte. »Is there a possibility for my family to look around the ship?«
Dafür war Jonathan nicht zuständig, Sascha solle sich an den Sicherheitsoffizier wenden.
»So was Ähnliches habe ich schon erwartet, und ich fürchte, der sagt nein. Erstens kann er mich nicht leiden, und zweitens müssen sich Besucher mindestens zwei Tage vorher anmelden, damit man sie überprüfen kann.«
»So ein Blödsinn«, schimpfte Nicki enttäuscht, »wie soll denn das überhaupt gehen?«
»Keine Ahnung, ist aber Vorschrift.« Einen Moment überlegte er, dann war ihm etwas eingefallen.
»Vorschriften sind bekanntlich dazu da, umgangen zu werden. Ich hole Vicky.« Im Weggehen ermahnte er uns noch: »Rührt euch nicht von der Stelle, ich bin gleich wieder da.«
»Wer ist Vicky?« fragte Katja verblüfft.
»Das wird sich ja bald herausstellen.«
»Habt ihr gesehen, wie braun Sascha ist? Richtig neidisch könnte man werden«, seufzte Nicole, die noch immer nicht die ersehnte Prestigebräune erreicht hatte.
»Ich finde, er sieht überhaupt unverschämt gut aus. Wäre er nicht
Weitere Kostenlose Bücher