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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Sitzgruppen, dekoratives Grünzeug in allen Ecken, ein Lift und noch einer, Türen, die zu den einzelnen Kabinen führten, goldgerahmte Spiegel, dann wieder Freiräume mit großen Fenstern, wieder eine Treppe hinauf, eine Bar, ein Spielsalon, das Bordkino, ein in einen riesigen, rundherum verglasten Wintergarten integrierter Swimmingpool, noch eine Bar, noch ein Clubraum – Luxus ohne Ende.
    Sascha benahm sich wie ein Fremdenführer, der ein dutzendmal täglich Touristen durch die Sixtinische Kapelle schleift. »Die QE II ist zweihundertachtundneunzig Meter lang und elf Stockwerke hoch. Der Schornstein allein wiegt …«
    »Wen interessiert denn das?« fiel ihm Nicki ins Wort.
    »Ich würde viel lieber wissen, wie so eine Kabine von innen aussieht.«
    »Weiter oben finden wir sicher eine, in der gerade saubergemacht wird. Die gehobenere Preisklasse schläft nämlich länger.«
    Die Orientierung hatte ich längst verloren, wußte nicht, in welchem Stockwerk – Verzeihung, auf welchem Deck wir uns befanden, staunte nur über den ungeheuren Luxus, der sich uns darbot. Als wir einen Raum durchquerten, der wie eine Hotelrezeption ausgestattet war, fragte ich nach dem Zweck dieser Einrichtung.
    »Das ist unsere Meckerecke«, sagte Sascha gleichmütig.
    »Hier können die Passagiere Geld tauschen, Briefmarken holen und ihre Sorgen loswerden, angefangen von ›meine Nachttischlampe ist kaputt‹ bis zu ›wo kann ich meinen Mann begraben?‹«
    »Wie bitte?« Ich hatte wohl nicht recht verstanden.
    »Na ja, in so einem schwimmenden Altersheim segnet schon mal jemand das Zeitliche.«
    »Und was passiert mit dem?«
    »Na, was wohl? Er kommt zu Langnese.«
    ???
    »In einen der Kühlräume«, erläuterte Sascha gelangweilt, »natürlich nur bis zum nächsten Hafen.«
    »Ist ja reizend«, murmelte Nicole. »Genaugenommen kann man also damit rechnen, daß einem beim Öffnen des Fahrstuhls ein Toter entgegenfällt?«
    »Ist sogar schon passiert«, sagte Sascha grinsend.
    Wie zum Beweis ging direkt neben uns eine Lifttür auf, und heraus kam – nein, keine Leiche, aber ein alter Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit einer solchen hatte. Mit zittrigen Beinen trat er aus der Kabine und sah sich suchend um.
    »Das ist Mr. Goldstone, der weiß wieder nicht, wo er ist«, sagte Sascha halblaut, bevor er sich dem Greis zuwandte. »Can I help you, Sir?« Die gemurmelte Antwort verstand ich nicht, doch Sascha griff ihm kräftig unter die Arme und geleitete ihn den Gang hinunter. »Jetzt fährt der schon seit zwei Monaten mit uns herum, aber seine Kabine findet er bis heute nicht«, keuchte er, nachdem er seinen Schützling abgeliefert hatte. »Neulich hat ihn einer von den Filipinos vor der Wäscherei aufgesammelt, und die liegt ganz unten.«
    Die Besichtigung ging weiter: Bibliothek, kleiner Ballsaal – »den großen zeige ich euch später!« –, Cafeteria, Kindergarten, erster Speisesaal, zweiter Speisesaal, wieder eine Bar, Billardzimmer – offenbar gab es nichts, was es hier nicht gab. Sascha bestätigte das denn auch. »Du kannst praktisch alles machen beziehungsweise alles lernen, was du willst. Das beginnt beim Golfspielen über Bridge und Computertechnik bis hin zu Ikebana und Kochen. Ich bezweifle allerdings, daß dieser Kursus jemals stattgefunden hat. Die Passagiere auf diesem Schiff kochen auch zu Hause nicht selber, die lassen kochen.« Er sah auf seine Uhr, ein noch sehr neu aussehendes Exemplar einer Nobelmarke. Katja hatte sie auch sofort bemerkt. »Wem hast du die denn geklaut? Oder ist Reichtum ansteckend?«
    »Weder noch. Die habe ich in Hongkong gekauft, da kostet sie ein Drittel von dem, was man bei uns bezahlen muß.«
    »Ein Snob bist du ja immer schon gewesen.«
    Klugerweise überhörte er die Bemerkung^ außerdem hatte er es eilig. »Ich liefere euch jetzt bei Vicky ab, weil ich gleich zum Lifeboattraining muß.«
    »Zu was?«
    »Rettungsbootübung. Wird in so ziemlich jedem Hafen durchgezogen, allerdings nur für die Crew.«
    »Gehört deine Vicky denn nicht dazu?«
    »Nee, die Showgirls haben einen Sonderstatus, die sind privilegiert. Nun kommt schon, ich müßte eigentlich längst oben sein!«
    Wieder marschierten wir durch irgendwelche Gänge bis zu einer großen Doppeltür. »Der Ballsaal!« Einladend hielt Sascha einen Flügel auf und ließ uns eintreten.
    »Wwhouw!« machte Katja. »Ist ja Wahnsinn!«
    In der Mitte befand sich die Bühne, die offenbar auch als Tanzfläche diente, dahinter sah man die

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