Werke
nicht, weil der Fall nicht vorgekommen ist; ich glaube aber, dieser Mann wäre eine Ausnahme seines Geschlechtes geworden und hätte es zu seltenen Ehren gebracht, wenn er nicht, auch noch andern Gedanken nachjagend, all sein Tun für Stückwerk gehalten und es zu dem Plunder geworfen hätte. Wer kann das wissen. So merkwürdig ist aber das Geschick dieses Geschlechtes, daß selbst der gewöhnliche Mensch, der, wie ich Ihnen sagte, dazu gehörte, diesem Geschicke nicht entgehen konnte. Obwohl er nicht durch hohe Begabung zu vorzeitiger Tätigkeit getrieben und von ihr wieder abwendig gemacht wurde, so reichte sein Pfund doch gerade hin, zu tun, wie alle seine Väter, Vettern und Muhmen, nämlich ein Ungetüm von Zeit und Kraft einem Dinge zuzuwenden, um es dann gehen zu lassen, und ein anderes zu ergreifen. Ich kenne dieses Geschlecht außerordentlich genau, ich bin selbst einer davon, und zwar jener gewöhnliche Mensch, von dem ich Ihnen gesagt habe. Ich habe selber getan wie meine Angehörigen. Ich habe von denen erzählen gehört, welche vor uns gelebt haben, und ich habe beobachtet, was die gefördert haben, die mit mirgleichzeitig sind, und habe besonders die jüngeren beobachtet. Und gerade so, wie diese jüngeren, benehmen Sie sich, mein Herr. Sie haben sich der Landschaftsmalerei ergeben nicht des Geldes wegen, nicht des Ruhmes wegen, nicht aus Eitelkeit; denn Sie verbergen Ihre Bilder, zeigen sie nicht, wollen sie nicht verkaufen, sondern Sie streben nach eigener Billigung, wollen den Dingen ihr Wesen abringen, wollen die Tiefe erschöpfen, darum wählen Sie sich einen Gegenstand, der so ernst, schwierig und unbedeutend ist, daß ihm die anderen aus dem Wege gehen würden, dieses Moor. Sie verfolgen Ihren Zweck mit einer Kraft und Hartnäckigkeit, die zum Bewundern sind, Sie lassen alles, was sonst die Jugend bewegt, bei Seite liegen, ja Sie versagen sich die Befriedigung der gewöhnlichen Bedürfnisse, um nur Ihrem Ziele zuzusteuern, und Sie sind in Ihren Arbeiten zu Ergebnissen gekommen, die ganz ungewöhnlich sind. Ich verstehe Bilder, und wenn Sie mich einmal in meinem Hause besuchen wollten, würden Sie nicht unbedeutende Erzeugnisse der Malerkunst älterer Zeiten bei mir finden. Ihre Entwürfe, die ich genau angesehen habe, gehören zu dem Allerbesten, was die neue Kunst hervorgebracht hat, an Wahrheit übertreffen sie alles, was jetzt da ist; und eben deswegen werden Sie eines Tages sagen: Das ist doch noch nichts als leeres Getue, ich werfe es zum Teufel. Noch eins ist, das zubeachten kommt. Alle Nachkommen unseres Ahnherrn, auf den wir noch zurück zählen können, haben fast wie mit Eigensinn ohne erhebliche Ausnahmen braune Haare und braune Augen bei freundlicher Farbe des Angesichtes. Sie besitzen diese Merkmale auch, als sollte Ihr Körper mir auch noch die Anzeige geben, welche mir Ihr Geist gegeben hat. So sind die Dinge, und so habe ich aus ihnen über Sie geschlossen.«
»Ich habe Sie Ihre Ansichten entwickeln lassen,« entgegnete ich auf die Rede meines Nachbars, »und bin jetzt weniger betroffen über Ihren Ausspruch, als ich es war, da ich ihn eingangs Ihrer Mitteilung hörte, weil ich damals glaubte, er ruhe auf irgend einem untrüglichen Fuße, und raube mir wider meinen Willen meinen Lebensinhalt. Jetzt aber kann ich Ihnen mit Beruhigung sagen: Ich werde nie meinem Streben untreu werden, und ich werde nie der Landschaftsmalerei entsagen, mögen die Ergebnisse derselben sein, welche sie immer wollen. Ich kann dieselben nicht voraussehen; aber wenn man mir mein Tun nimmt, hat mein Leben gar keinen Wert und gar keinen Reiz, auch nicht den allergeringsten, und was man Vergnügen, Freude, Wonne, Seelenfülle, Geistesbefriedigung, Daseinsabschluß und dergleichen nennt, ist für mich dann nicht mehr als das Stäubchen, das in der Sonne spielt, oder der Sand, den der Bettler zertritt.«
»Das ist gerade auch eines der Merkmale mit,« entgegnete mein Nachbar, »und bestärkt mich in meiner Ansicht. Jeder unseres Geschlechtes war von der Unaufhörlichkeit seines Strebens schlechterdings durchdrungen, bis es aufhörte.
Die Männer jagten nach ihrem Zwecke, die Frauen duldeten und kämpften darnach, bis es nichts war. Da war der uralte Echoz – Vornamen gab es damals noch kaum-, der machte die Römerzüge des rotbartigen Friedrich mit, er dürstete nach ritterlichem Ruhme, nach Taten, die keiner nachtun könnte, nach schönen Waffen, Pferden, Kleidern, er wollte wie Büren, der Stammvater der
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