Werke
Mann verlobt. Alle konnten wir uns dahin vereinigen, der Mutter ein schönes, fröhliches Leben zu verschaffen. Als wir einmal in der unteren Stube, ehe das Essen aufgetragen war, um den buchnen Tisch in der Art saßen, wie einst als Kinder, und als die Mutter auf einer Bank neben dem großen, grünen Ofen saß, sagte sie: ›Alle Freuden der Welt nehmen ein Ende, nur die Freuden einer Mutter an ihren Kindern nicht.‹ Wir alle hatten Tränen in den Augen, und da wir nach dem Auftragen der Speisen die Mutter zu dem Tische gezogen hatten, konnte einige Zeit das Essen nicht in rechten Gang kommen. Ich ging mit Mathilde nun nach Amsterdam, und sie wurde das Bild jeder häuslichen Tugend. Sie strebte weniger nach Glanz. Was ihr an Kenntnissen fehlte, erwarb sie sich in meinem Umgange, wie weit ich es für meine Gattin als nötig erachtete, und mit ihr verlebte ich unter dem Drange und den Sorgen der Geschäfte wieder manche Zeiten meiner früheren Dichtungen, wenn wir uns in ein Buch oder in Erwerbungen aus dem Gebiete der Kunst teilten. Da uns der Himmel einen Sohn und eine Tochter geschenkt hatte, widmete sie sich den Kindern wie eine Mutter und Magd.
Als eine Reihe von Jahren vergangen war, als meine Mutter das irdische Leben verlassen hatte, und als meine Habe so angewachsen war, wie ich es nie zu meiner Lebensweise erwartet hatte oder bedurfte, trat ich das Geschäft ab, zog mein Eigentum aus demselben, ging mit ihm nach Deutschland zurück, und kaufte mir das Gut Firnberg, wo ich nun der Ruhe lebe, wenn man die Bewirtschaftung von Garten, Wiese, Feld und Wald, von Maierhof, Geflügel, Schafstall und allerlei Dingen Ruhe nennen kann. Gegen die Geld- und Handelsgeschäfte ist es Ruhe, und es ist die ursprünglichste Beschäftigung des Menschen. Ich habe mir auch zum Ziele gesetzt, mit meinem Erworbenen einzelnen Menschen oder der Menschheit überhaupt Gutes zu erweisen, so weit ich es vermag. Es gewährt mir dies ein besonderes Vergnügen. Wir können auch jetzt mehr Zeit den Büchern und Gemälden widmen, als wir es sonst zu tun im Stande waren. Ich werde hier absterben. Es ist stets ein merkwürdiges Zeichen der Roderer gewesen, daß sie immer in der Welt zerstreut waren, keiner Gegend angehörten, bald hier, bald da auftauchten, und wieder verschwanden, es gehört dies zu ihrem begabten oder unstäten Wesen, und mehrt dieses Wesen hinwiederum. Ich möchte einen festen Stamm der Roderer in dieser Gegend gründen, und ihn an diese Gegend heften, und wenn meine Nachkommen so denken wie ich, so trocknen sie das Moor völlig aus, verwalten ihre liegende Habe, genießen das Erworbene, vermindern es nie, vermehren es dagegen, wirken gut für die Menschen hier, verwachsen mit ihnen, werden stätig und ruhig, bleiben stets bürgerlich, und sagen: ›Peter Roderer, der Amsterdamer, ist der erste gewesen, der sich hier ansässig gemacht hat.‹ Nun, wie es der Himmel lenken will! So ist es mit mir, und Sie sehen, wie seltsam oft die Bestrebungen sind, und wie seltsam die Erreichungen. Ich wollte auf Ihre Lebensweise keinen Einfluß nehmen, ich erkenne in Ihrem Wesen und in Ihren Bestrebungen, daß dies eitelwäre, ich habe gesagt, was ich gesagt habe, weil Sie mich so sehr an die Roderer erinnern. Nehmen Sie meine Worte freundlich auf, wie sie freundlich gegeben sind.«
»Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Mitteilungen und für Ihr Vertrauen,« sagte ich, »es gewähren mir die Lebensbilder, in welche Sie mich haben blicken lassen, Belehrung und Anregung, und ich sehe es deutlicher, daß es gut ist, jedes Streben zu achten, in so ferne es nicht nach Schlechtem geht, und in dem eigenen zu verharren: so lange einen der eigene Geist nicht zu etwas anderen führt.«
»So spreche ich auch,« sagte mein Nachbar, »und was Sie hier behaupten, wird einem im Alter noch viel klarer, als es in der Jugend gewesen ist. Die Triebe zu Dingen sind in die Herzen gepflanzt, und in die der bedeutenderen Menschen mehr als in die der anderen, oder vielmehr: die stärkere Triebe haben und kräftiger nach ihnen handeln, werden eben bedeutendere Menschen.«
»Und kämpfen sich aber auch leichter zur Klarheit durch als die anderen«, sagte ich.
»Freilich,« antwortete er, »und genießen das Leben doppelt, während die Unbestimmten und Zaudernden kaum recht anfangen zu leben, am wenigsten aber irgend ein Wesen aus sich entwickeln, denn die Tat ist das Leben.«
Er hatte während seiner Erzählungen sein Bier ausgetrunken; er war weit länger
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