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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Braunen fuhr nicht an dem rechten Gestade des Moores mittagwärts. Es war bereits drei Uhr geworden. Der Tag war mir unausstehlich. Ich machte mich auf und ging gegen Lüpfing hinaus. Es war ein langes Gehölze morgenwärts von Lüpfing, von dessen Rande man das Tal, die Wiesen, Felder und Gärten, in denen Lüpfing lag, übersehen konnte. Auch das Schloß Firnberg sah man von da aus. Ich richtete meinen Weg so ein, daß ich durch dieses Gehölz an seinen Rand und von da nach Lüpfing käme. Als ich an den Rand des Gehölzes heraus gelangte, sah ich ein seltsames Bild vor mir. Auf dem Wiesenanger, der, sanft, abwärts gehend, an das Gehölze stieß, und teilweise auch auf den abgeernteten Feldern waren Buden aufgeschlagen, waren Tische mit schmausenden Menschen, waren Kegelbahnen, Scheibenschießen, Schaukeln, Musikbühnen, Tanzplätze, und ich weiß nicht, was sonst noch, von Stangen mit wallenden Fahnen überragt, und durchwimmelt von bunten Menschen aus Lüpfing, Kiring, Firnberg, Zanst und den weiteren und näheren Umgebungen. Ich blieb stehen und schaute über das Ding hin. Dann nahm ich mein Zeichnungsbuch heraus und beschloß einen Abriß dieser Sache zu machen. Zwischen dem Gehölze und dem Anger war eine Steinmauer aus losen Steinen, an der auf der Seite des Angers ein Weg dahin ging. Ich suchte auf meiner, nämlich der Waldseite der Mauer, eine gute Stelle zu gewinnen, an der ich, nicht gesehen, mein Buch auf die Mauer stützen und zeichnen konnte. Ich hatte die Stelle bald gefunden. Ein trockner Rasen, von Haselnußgesträuchen überschattet, ging gegen die Mauer, die hier niederer war, so daß ich, mit dem Körper unter dem Haselnußgesträucheliegend, das Zeichnungsbuch auf eine Emporragung stützen und mit meinem Haupte durch eine Scharte der Mauer hinaussehen konnte. Ich begann nun zu zeichnen; aber noch hatte ich nicht den zehnten Teil des Bildes vor mir flüchtig hingeworfen, als ich auf dem Wege jenseits der Mauer eine Gesellschaft längs der Mauer gegen mich heran kommen sah. Roderer ging mit einer alten Frau an dem Arme auf dem Wege daher; die Frau hatte milde, schöne, sanfte Züge mit sehr großen braunen Augen. Es mußte Mathilde, Susannas Mutter, sein. Dann kam Susanna und zwei Mädchen, dann der Graf und jener Mann mit den schwarzen Haaren, der an meiner Malerstelle bei Susanna gewesen war, und dann noch einige junge Männer. Da sie genau an der Stelle vor mir angekommen waren, sagte Roderer: »Hier kann man das Treiben gut übersehen, und ein Maler könnte kaum einen bessern Platz wählen, wenn er es malen wollte. So etwas sieht man am lebendigsten in Holland.«
    »Und hier ist für unsere Königin auch ein steinerner Thron, wie die alten heidnischen Völker steinerne Königssitze im Freien gehabt hatten«, sagte der blonde Graf, indem er Susanna an eine glatte Steinstelle, die auf der Mauer war, führte, auf die sie sich niedersetzte.
    »Und die Mutter der Königin muß wohl als Vasallin an ihrer linken Seite und tiefer sitzen«, sagte Roderer, indem er Mathilde zu einem tieferen Steine an der Seite Susannas führte, auf den sie sich nieder ließ.
    Sie sagte: »Das Alte sucht auch niederere Stellen, weil es sich auf hohe nicht mehr schwingen mag.«
    »Und die Vasallen sitzen noch tiefer als die Vasallinnen«, sagte Roderer, indem er sich tiefer als seine Gemahlin, wahrscheinlich auf einen Stein setzte.
    »Und die Ritter müssen zu den Füßen der Königin sein«, sagte der Graf, indem er sich auf das Gras nieder warf. Die andern Männer taten desgleichen. Die Mädchen setzten sich auch auf tiefere Stellen, aber an der Mauer.
    Mathilde war gerade vor meinem Haupte; ich konnte aber von ihr nur Nacken und Hinterhaupt sehen. Von Roderer und den Männern sah ich gar nichts, von den Mädchen nur die Hinterteile ihrer Hütchen. Susanna saß etwas rechts von meinem Kopfe, aber halb gegen mich und ihre Mutter gewendet. Weil sie auf der Steinmauer saß, sah ich ihren ganzen Rücken.
    Ich war in einer sehr unangenehmen Lage. Soll ich in mein Gebüsch zurückkriechen? Dann mache ich vielleicht ein Geräusch und richte alle Angesichter gegen mich. Die Musik, obwohl man sie nur gedämpft bis hieher hörte, schwieg jetzt auch überall. Soll ich aufstehen und die Gesellschaft grüßen? Das ganz und gar nicht. Die Tanzmusik und dann die schmetternde Musik an dem Schießstande muß beginnen, und dann ziehe ich mich zurück. Bisher hatte mich niemand gesehen, denn die Blicke waren stets auf das Volksfest vor

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