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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Großes wenden, und es erreichen, dann lieb ich dich grenzenlos.«
    »Und ich liebe dich grenzenlos, weil du bist, wie du bist,« sagte ich, »und ich werde tun, was ich kann, oder untergehen.«
    »Ich weiß es, ich weiß es«, sagte sie.
    »Welch ein Glück, das wir so schnell gefunden«, sagte ich.
    »Ein Glück vom Himmel«, antwortete sie.
    Sie schwieg ein Weilchen, dann sagte sie: »Du hast gestern meine erste Bitte erfüllt, Friedrich, erfülle heute meine zweite.«
    »So sprich«, sagte ich.
    »Du wirst den erbärmlichen Grafen zur Verantwortung ziehen?« fragte sie.
    »Ja«, sagte ich.
    »Tue es nicht,« antwortete sie, »er hat nichts Schlechtes, nur Unverstand von dir gesagt, und es war kein Zeuge. Du kämest mir beschimpft vor, wenn du mit ihm strittest.«
    »Und wenn er Streit mit mir beginnt?« fragte ich.
    »Das wird er nicht«, antwortete sie. »Als wir allein waren, sagte ich zu ihm, wenn je ein Mann dadurch, daß er die Augen auf mich richtet, meinen Unwillen erregt, so soll er mein Kämpfer gegen diesen Mann sein: wenn ich aber eines Mannes Augen auf mich richten lasse, diesen Mann müsse er aufs höchste ehren.«
    »Nun?« fragte ich.
    »Er ging es ein,« antwortete sie, »wie er immer huldigt.« »Sie sagten ja, er sei dein Bräutigam?« fragte ich.
    »Er versichert mich,« antwortete sie, »daß ich die Schönste auf der Welt bin, daß ich eine Göttin bin, daß ich eine Königin bin, und daß ich ihn zum glücklichsten Menschen machen könnte, wenn ich mein Los mit ihm teilte. Ich habe ihm geantwortet, daß ich nicht die Gefühle hege, sein Weib zu werden, und daß ich es nie werden könne. Er hat eine schöne Farbe seines Angesichtes, schöne Augen und einen schönen Bart, hat schöne Pferde, mit denen er hin und her fährt, und die er selber erzieht, und hat mehrere Güter. Sonst ist er gutmütig. Er hat seine Anträge stets scherzend gehalten, und ich habe meine Ablehnung scherzend gemacht. Wenn er sieht, daß du mein Bräutigam bist – denn ich will meine Liebe nicht geheim halten, sage sie dem Vater, sage sie der Mutter, sage sie, wem du willst –, und wenn er sieht, daß du mein Bräutigam bist, so wird er sich fügen, und irgend einmal eine andere heim führen.«
    »Wenn er aber doch gegen mich auftritt?« fragte ich. »So handle nach deinem Ermessen«, sagte sie.
    »So sei es,« antwortete ich, »möge der erste Tag unseres Bundes Friede sein.«
    Ich reichte ihr die Hand, und sie empfing dieselbe.
    Dann nahm ich sie an dem Arme und führte sie den Weg zurück, den sie hergekommen war. Wir gingen nun langsam Arm in Arm den Weg in sanftem Gespräche, den wir so oft schweigend gegen einander und an einander vorüber gewandelt waren. Ich führte sie zu ihrem Wagen. Dort reichten wir uns die Hand zum Abschiede, ich ha]f ihr in den Wagen, ihr Kutscher fuhr sie die Straße an dem rechten Ufer des Moores mitternachtwärts, ich ging den langen Weg durch den Wald und dann den Pfad an dem linken Moorufer in mein Blockhaus.
    Mit wallendem Herzen ging ich in mein Zimmer. Dort schaute mich ruhig von seinem Gerüste mein großes Bild an.
    Nachmittags malte ich nicht mehr.
    Als ich abends mit Roderer an dem Apfelbaume saß, sagte ich zu ihm: »Ich bitte Sie für den morgigen Tag um eine Unterredung, die mir sehr wichtig ist: mögen Sie mir dieselbe gestatten, wenn es Ihnen Ihre Zeit erlaubt.«
    »Meine Zeit erlaubt es immer,« sagte er, »und ich bitte Sie, wählen Sie die Stunde selber.«
    »Wenn ich die Stunde selber wählen darf,« sagte ich, »so wähle ich, daß nicht viel Zeit vor der Eröffnung verfließe, die neunte Stunde morgens.«
    »Es wird ein Wagen nach acht Uhr bei dem Willigitter unter diesem Hügel auf Sie warten, um Sie in mein Haus Firnberg zu bringen«, sagte er.
    »Ich nehme es dankbar an«, entgegnete ich.
    Am nächsten Morgen kleidete ich mich, wie man sich in Wien kleidet, wenn man einen Vormittagsbesuch macht. Die Wirtin richtete große Augen auf mich, als sie mich in diesen Kleidern ohne Malergeräte den Hügel hinab gehen sah.
    Der Wagen wartete an dem Willigitter, er hatte Roderers Pferde, die täglich abends dort warteten, ich stieg ein, und nach einer Fahrt von kaum einer halben Stunde war ich in dem Schlosse Firnberg. Man führte mich in Roderers Empfangstube. Es war dies ein sehr anständiges, eingerichtetes Gemach, das durch einfache Schönheit mild umfing. Roderer war zum Empfange eines Besuches gekleidet. Er saß auf einem Rohrstuhle an einem Schreibtische. Als ich

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